Rennsport-Geschichten

Vor 75 Jahren starb Bernd Rosemeyer

Jeder Blogger kennt das. Es gibt immer Themen, die will man schon ganz lange im Blog berücksichtigen, doch irgendwie klappt das nie. Mal gibt es keinen richtigen Anlass, dann wiederum fehlt einfach die Zeit. Trotzdem, wer, wie wir hier über Autos und ihre Geschichte schreibt, kommt auf Dauer an bestimmten Personen einfach nicht vorbei. Bernd Rosemeyer, dessen tödlicher Unfall vor 75 Jahren das Land erschütterte, ist so ein Fall.

Vielleicht habe ich mich aber vor dem Thema „Bernd Rosemeyer“ bisher einfach nur gedrückt. Denn bereits als Kind hörte ich regelmäßig Geschichten über den Niedersachsen. Für meinen inzwischen fast 98 Jahre alten Großvater ist Rosemeyer bis heute der Inbegriff des Rennfahrers. In unseren Benzingesprächen mussten sich vor 30 Jahren auch die Piloten meiner Jugend regelmäßig mit Rosemeyer vergleichen lassen. Dabei spielte für meinen Großvater sicherlich auch eine Rolle, dass er selbst – wie Rosemeyer – in den frühen 1930er-Jahren mit dem Motorrad Rennen bestritten hat und beide, wie so viele Rennfahrer ihrer Zeit, später in den Automobilsport wechselten.

Bernd Rosemeyer im Cockpit seines Wagens Tripolis 1936
Bernd Rosemeyer im Cockpit seines Wagens Tripolis 1936 (Foto: Audi)

Bernd Rosemeyer, im Oktober 1909 in LIngen an der Ems geboren, fiel bereits als Lehrling regelmäßig mit Kabinettstücken auf dem Motorrad auf. Ab 1930 bestritt er zunächst auf der Grasbahn, schnell aber auch auf der Rundstrecke Rennen. Wobei man sich das nicht so vorstellen darf, wie wir das heute kennen. Denn Motorrad-Rennen waren 1930 eine richtig gefährliche Veranstaltung, ausgetragen auf Straßenkursen, die gern auch mal ein wenig Kopfsteinpflaster enthielten und bei denen die Bäume am Wegesrand ganz selbstverständlich zur Streckenbegrenzung gehörten.

Eiltempo an die Spitze

Den jungen Niedersachsen schockte das nicht. Rosemeyer fiel bei den Rennen durch eine beherzte Fahrweise auf und hatte sofort Erfolg. Das blieb auch den professionellen Teams dieser Zeit nicht verborgen. Schon 1932 verpflichtete NSU Rosemeyer als Werksfahrer, der jedoch schon nach nur einem Jahr zu DKW weiterzog. Ein Wechsel, der dem Nachwuchsfahrer schließlich den nächsten Karriereschritt ermöglichte. Denn DKW gehörte zur Auto Union. Mit der Fernfahrt „2000 Kilometer durch Deutschland“, zu dieser Zeit ein bedeutendes Langstrecken-Straßenrennen, feierte Rosemeyer 1934 sein Debüt als Auto-Rennfahrer und wusst auch dabei zu gefallen. Die Firmenleitung lud Rosemeyer daher zum Test mit dem Grand-Prix-Rennwagen des Hauses ein.

Der Nachwuchsrennfahrer überzeugte. Knapp zwei Jahre nach seinem ersten Auto-Rennen hatte Rosemeyer damit die Königsklasse des damaligen Motorsports erreicht. Mit nur 25 Jahren, im Mai 1935, feierte der Niedersachse beim AVUS-Rennen in Berlin sein Debüt als Grand-Prix-Pilot. Bereits im ersten Jahr als Auto-Profi gewann Rosemeyer den Großen Preis der Tschechoslowakei in Brünn, fuhr dazu noch mehrmals auf das Podest. Ein Jahr später wurde Rosemeyer mit dem Auto Union Typ C 16-Zylinder sogar Europameister, sicherte sich dazu auch die Titel eines Deutschen Straßenmeisters und des Deutschen Bergmeisters. Sein Auftritt bei Eifel Rennen gilt bis heute als legendär.

Bernd Rosemeyer und seine Frau Elly Beinhorn
Bernd Rosemeyer und seine Frau Elly Beinhorn (Foto: Audi)

Obwohl der Pilot diese Titel 1937 nicht verteidigen konnte, weil Mercedes-Benz mit dem W125 das bessere Auto gebaut hatte und Rudolf Caracciola zur fahrerischen Höchstform auflief, setzte Rosemeyer auch 1937 neue Maßstäbe. Beim „Eifel Rennen“ auf dem Nürburgring knackte Rosemeyer mit einer Rundenzeit von 9:54 als erster Pilot überhaupt die 10-Minuten-Marke. Beim Avus-Rennen wurde Rosemeyer mit einer Höchstgeschwindigkeit von 380 km/h gemessen.Die Siege beim Vanderbilt Cup Rennen in New York und beim ersten englischen Grand Prix in Donington im Oktober, es sollte sein letzter Sieg sein, machten Rosemeyer weltweit bekannt.

Bernd Rosemeyer, bereits im Debütjahr ein Star

Dafür sorgte auch, dass der Grand-Prix-Star parallel zu seinen Sporterfolgen das Herz der bekannten Pilotin Elly Beinhorn eroberte. Die Hochzeit der beiden Stars im Sommer 1936 wurde – wie auch die Beziehung von Max Schmeling und Anny Ondra – von der der Presse genaustens begleitet. Rosemeyer, der große Blonde aus dem Norden und die kühne Fliegerin bildeten ein Traumpaar, das optimal in das Bild der Machthaber passte. Doch während Beinhorn nach dem Krieg als unpolitisch galt, da sie in der NS-Zeit nicht der NSDAP beitrat, ist das Bild des Rennfahrers Rosemeyer schwieriger zu beurteilen.

Nicht zum Vorwurf machen kann man Bernd Rosemeyer die Vereinnahmung seiner Person, insbesondere nach seinem tödlichen Unfall im Januar 1938. Eberhard Reuß führt in seinem Dokumentarfilm „Hitlers Rennschlachten“ jedoch aus, dass der Rennfahrer bereits 1932 der SS beigetreten sein soll. Vermutlich wollte Rosemeyer damit seine Karriere fördern. Denn Belege für eine aktive Tätigkeit in der Schutzstaffel der NSDAP lassen sich nach einem Gutachten von Dr. Ludwig Remling, dem Stadtarchivar von Rosemeyers Heimatstadt Lingen, nicht finden.

Jagt nach dem Geschwindigkeitsweltrekord

Nicht nur bei den Grand-Prix-Rennen kämpften Mercedes-Benz und Auto Union um die Spitze. Zusätzlich machten sie Jagt auf den – weil von der Partei- und Staatsführung aufgeladen – symbolträchtigen Geschwindigkeitsweltrekord. Im Oktober 1937 fuhr Bernd Rosemeyer auf der Autobahn Frankfurt-Darmstadt als erster Mensch auf einer öffentlichen Straße mehr als 400 km/h schnell. Seine 406,32 km/h waren Weltrekord.

Bernd Rosemeyer mit Weste und Krawatte bei einem Test auf der Berliner Avus im April 1937
Bernd Rosemeyer mit Weste und Krawatte bei einem Test auf der Berliner Avus im April 1937 (Foto: Audi)

Am 28. Januar 1938 schraubte Rudolf Caracciola den Weltrekord gleich um 26 Km/h höher. Mit dem stromlinienförmigen Mercedes-Benz W 125 Rekordwagen erreichte Caracciola über einen fliegenden Kilometer Tempo 432,7 km/h. Bernd Rosemeyer. Auto Union ist ebenfalls vor Ort, versucht, sofort zu kontern. Theoretisch kann sein Rekordwagen, den die Entwickler ebenfalls mit einer Stromlinien-Karosserie bestückt haben, eine Höchstgeschwindigkeit von 456 km/h erreichen.

Auf dem Hinweg – bei Rekordfahrten wird bis heute der Durchschnitt aus zwei Fahrten in entgegengesetzter Richtung gewertet – erreicht Rosemeyer immerhin 429,9 km/h. Doch starke Windböen lassen Zweifel an einer Fortsetzung der Rekordfahrten aufkommen. Rosemeyer geht trotz des Winds – und trotz einer Warnung der Auto Union Rennleitung – nochmals auf die Strecke; er wolle sich – wie der Pilot vor dem Start erklärt haben soll – noch einmal an das Limit herantasten.

Der Versuch misslingt

Bei bei einer Geschwindigkeit von knapp 440 km/h wird der Rekordwagen an einer Waldschneise von einer Windböe erfasst und kommt ins Schleudern. Der Bolide überschlägt sich mehrfach. Sein Pilot Bernd Rosemeyer ist nur noch Passagier, wird aus dem Fahrzeug geschleudert und ist sofort Tod. Der Tod wird von den NS-Medien zu einem Heldentod für die nationale Sache aufgebauscht. Eine Instrumentalisierung, die die Beurteilung der sportlichen Leistung heute schwierig erscheinen lässt. Doch ganz nüchtern betrachtet hat der Motorsport an diesem 28. Januar 1938 wohl einen der besten Rennfahrer dieser Generation verloren.


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Bernd Rosemeyer im Cockpit seines Wagens Tripolis 1936 (Foto: Audi)

Foto: Audi

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!