Auto-Erinnerungen

Alfa Romeo ARNA – da war doch was?

Fiat kauft die Neuauflage des legendären Spider der Konzerntochter Alfa Romeo bei Mazda in Japan ein. Viele Alfisti packt dabei das große Grausen. Denn mit dem Schritt kommen zwangsläufig Erinnerungen hoch. Schließlich ist die Idee einer italienisch-japanischen Allianz nicht neu. Schon 1983 stellten die Italiener Alfa Romeo ARNA vor. Der Alfa Romeo ARNA war ein umetikettierter Nissan Cherry und gilt heute als Tiefpunkt der Alfa-Geschichte.

Alfa Romeo ARNA
Die Karosserie des Alfa Romeo ARNA stammte von Nissan. Das war für die Fans von Alfa Romeo nicht akzeptabel. (Foto: Alfa Romeo / FIAT)

Zur langen Geschichte von Alfa Romeo gehören Finanzprobleme. Bereits 1926 retteten staatliche Banken Alfa Romeo vor der Zahlungsunfähigkeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es regelmäßig weitere finanzielle Engpässe. Die Staatsholding IRI glich die Verluste über Jahrzehnte aus. Mit dem Angebot sportlicher und trotzdem alltagstauglicher Limousinen fand der Autobauer zeitweilig seine Nische. Doch ab 1972 erweiterte Alfa Romeo seine Produktpalette mit dem kompakten Alfasud nach unten. Noch heute schlagen viele Autofreunde beim Namen Alfasud die Hände über dem Kopf zusammen.

Dabei war der Sud im Kern gutes Auto. Doch Alfa Romeo gehörte damals eben dem italienischen Staat. Der Eigentümer sah in dem Autobauer auch ein Instrument der Strukturpolitik. Daher entstand für den Alfasud extra ein Produktionswerk in Süditalien. Dort verfügte die Mehrzahl der Mitarbeiter über keinerlei Erfahrungen im Autobau. Doch das interessierte die Inhaber der Staatsholding IRI nicht. Die mangelnden Erfahrungen schlugen negativ auf die Qualität der gebauten Autos durch.

Statt Dankbarkeit regierte im Süden die Streiklust

Zudem zeigte sich die Belegschaft ausgesprochen streikbereit. Spötter sprechen heute davon, dass das Alfasud-Werk in Pomigliano d’Arco in der Nähe von Neapel in dreizehn Jahren zwar 700 Streiks aber kein Auto ohne Fehler produziert habe. Der Alfasud taucht deshalb immer wieder auf den Listen über die schlechtesten Autos aller Zeiten auf. Trotzdem hielt Alfa Romeo fast 11 Jahre am Alfasud fest. Erst Anfang der 1980er-Jahre war die Zeit reif für einen Nachfolger.

Doch da Alfa Romeo mindestens seit 1973 wieder Verluste schrieb, fehlte das Geld für eine Neuentwicklung. In dieser Notsituation vereinbarte der staatliche Autobauer im Oktober 1980 ein Joint-Venture mit Nissan. Unter dem Namen „Alfa Romeo Nissan Autoveicoli“ – abgekürzt ARNA – wollten die beiden Unternehmen fortan im italienischen Pratola Serra gemeinsam Autos bauen. Alfa Romeo war eben vor allem ein Instrument der Strukturpolitik, Sie wissen schon! Das Unternehmen war praktisch Pleite, musste aber auf Wunsch seines Inhabers eine weitere Fabrik in Süditalien bauen.

Von der Zusammenarbeit mit Nissan versprach sich Alfa Romeo auch einen Zugang zum japanischen Markt. Nissan sollte beispielsweise die Alfa Romeo Giulietta (Typ 116) zu Hause in Japan verkaufen. Im Gegenzug suchte Nissan einen Produktionsstandort in Europa, um das Problem der Einfuhrzölle zu umgehen. Das Klang nach einer „Win-win-Situation“. Und so entstanden auf Basis des japanischen Nissan Pulsar zwei Fahrzeugvarianten. Neben einer europäischen Version des Nissan Cherry entstand für Alfa Romeo der Alfa Romeo ARNA.

Karosseriebau in Japan – Fertigstellung in Italien

1983 nahm die neue Fabrik in Pratola Serra die Arbeit auf. Mit der neuen Fabrik entstand eine der längsten Fertigungsstraßen der Welt. Denn die Rohkarosserien fertigte Nissan im heimischen Japan. Anschließend lieferten kam die Rohkarosserien per Schiff nach Italien. In Pratola Serra bestückte Alfa Romeo die angelieferten Karosserien mit der Antriebseinheit des Alfasud. Eine ähnlich absurde Arbeitsteilung gab es ein paar Jahre später beim Cadillac Allanté. Wobei bei diesem Cabriolet der Oberklasse die Karosserien sogar um die Welt flogen.

Heckansicht des Alfa Romeo ARNA
Heckansicht des Alfa Romeo ARNA (Foto: Alfa Romeo / FIAT)

Ganz so luxuriös ging es beim kompakten Alfa Romeo ARNA nicht zu. Im Gegenteil, denn für Freunde der Marke Alfa Romeo gilt der „Alfa Romeo ARNA“ heute als absoluter Tiefpunkt der Marke. Der Wagen passte mit seinem nüchternen japanischen Design überhaupt nicht zu den Erwartungen der Fans. Sie akzeptierten den ARNA nie als echten Alfa Romeo. Das Problem verschärfte sich auch dadurch, dass der Alfa Romeo ARNA beispielsweise in Österreich als „Nissan Cherry Europa“ verkauft wurde – mit dem Motor aus dem Alfasud!

Daher war es keine Überraschung, dass der Verkauf des Alfa Romeo Arna extrem schleppend lief. In drei Produktionsjahren entstanden nur 80.000 Exemplare des Fahrzeugs. Das italienische Auto mit japanischen Wurzeln blieb damit deutlich hinter den Erwartungen zurück. Nur 53.047 Exemplare trugen das Wappen von Alfa Romeo. Vom Alfasud konnte Alfa Romeo – trotz aller Probleme – selbst am Ende der Produktionszeit noch jährlich so viele Exemplare verkaufen.

Alfa fuhr zweigleisig und bot die Modelle Alfa Romeo ARNA und 33 gleichzeitig in der Kompaktklasse an!

Die Gestaltung der Produktpalette von Alfa Romeo verschärfte das Problem. Denn trotz aller Geldnot stellte der Autobauer dem ARNA bereits beim Debüt den Alfa Romeo 33 zur Seite. Damit konnten die Kunden bei den Alfa-Händlern zwischen zwei kompakten Fahrzeugen auswählen. Dazu kam, die Auslastung bei Alfa Romeo lag in den 1980er-Jahren nur bei rund 50%. Die Folge waren horrende Verluste. Die Staatsholding IRI war deshalb heilfroh, als sie 1986 mit FIAT endlich einen Käufer für Alfa Romeo fand. FIAT stellte den Alfa Romeo ARNA nach der Übernahme praktisch sofort ein.


Alfa Romeo bot den ARNA in drei Motorvarianten mit 1.200, 1.400 und 1.500 ccm an. Die Leistung der Boxermotoren lag zwischen 63 und 95 PS, wobei die stärkste Version ganz traditionell den Beinamen Ti trugen.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Die Karosserie des Alfa Romeo ARNA stammte von Nissan. Das war für die Fans von Alfa Romeo nicht akzeptabel.

Foto: Alfa Romeo / FIAT

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!