Aus dem Archiv

Ligier JS5 – erster Formel 1 der Équipe Ligier

Aus dem Archiv: Großer Preis der Niederlande 1976

Fabian und ich sammeln Motorsport-Fotos. An unseren Herrenabenden wählen wir immer ein Bild aus, um diesem hier im Blog besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn wir es schaffen, stellen wir euch in Zukunft jede Woche ein Foto vor. Den Anfang macht der Ligier JS5 von 1976.

Ligier JS5 beim Großen Preis der Niederlande 1976 in Zandvoort.
Der Ligier JS5 war der erste Formel 1-Bolide von Ligier. 1976 bestritt das Team mit ihm die Automobil-Weltmeisterschaft. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Denn 1976 war ein besonderes Jahr. Am Nürburgring verunglückte Niki Lauda schwer. Der amtierende Weltmeister führte vor dem Rennen am Ring souverän die Automobil-Weltmeisterschaft an. Der Österreicher kehrte deutlich schneller als erwartet ins Cockpit zurück. Trotzdem verlor Lauda den Titel. James Hunt gewann diesen beim Finale in Japan unter dramatischen Umständen. Etwa zu dieser Zeit begann ich mich für Motorsport zu interessieren. Bald kaufte ich mir jede Woche „powerslide – Motorsport aktuell“. Wofür mir meine Oma (fast) jede Woche eine 2-DM-Münze zusteckte und meine Leidenschaft so unterstützte. Und so nahm ich über die Zeitung an der großen Welt des Motorsports Anteil.

Die Équipe Ligier stieg 1976 in die Formel 1 ein!

So erfuhr ich, dass der ehemalige Rennfahrer Guy Ligier mit seiner Équipe Ligier 1976 in die Formel 1 einstieg. Das Team kam aus dem Sportwagen-Sport. Im Dezember 1974 ergab sich die Möglichkeit, Material und Mannschaft des Matra-Werksteams zu übernehmen. Auch die Ingenieure Gérard Ducarouge und Paul Carillo, die zuvor unter anderem den erfolgreichen Sportwagen Matra MS670 entwarfen, blieben an Bord. Sie entwickelten mit dem Ligier JS5 den ersten Formel-1-Rennwagen von Ligier. Mit dem JS5 stieg die Équipe Ligier Anfang 1976 in die Automobil-Weltmeisterschaft ein. Dabei konzentrierte sich das Team auf einen Boliden, den Teamchef Guy Ligier seinem Landsmann Jacques Laffite anvertraute.

Laffite kam von Frank Williams Racing Cars. Beim Großen Preis von Deutschland 1975 auf der Nordschleife des Nürburgrings fuhr der Franzose überraschend auf einen zweiten Platz. Parallel zu seinem Formel-1-Engagement trat Laffite auch in der Formel-2-Europameisterschaft an. Dort sicherte sich der Franzose fünf Siegen 1975 die Europmeisterschaft. Das ist heute gar nicht mehr vorstellbar. Zumal die Formel 2 damals bei eigenen Veranstaltungen fuhr. Sie war keine Serie im Rahmenprogramm der Königsklasse. So trat Laffite 1975 bei 26 Rennwochenenden an. Denn zu den 14 Läufen der Formel-2-EM kamen zwölf Grand-Prix-Wochenenden.

Der Ligier JS5 war ein konventionelles Auto mit ungewöhnlichem Aussehen!

Mit dem Titel des F2-Europameisters in der Vita unterschrieb Jacques Laffite für 1976 bei Ligier. Dort entstand unter der Regie von Gérard Ducarouge ein konventionelles Monocoque mit einem Radstand von 2,61 Metern. Beim Ferrari 312T war der Radstand zehn Zentimeter kürzer. Der McLaren M23 stand auf drei Zentimetern weniger. Michel Beaujon unterstützte Ducarouge bei der Konstruktion des Chassis. Die Aerodynamik verantwortete Robert Choulet, der einst den unglücklichen Matra MS640 für Matra in Form brachte. Das erklärt wahrscheinlich das ungewöhnliche Aussehen des Rennwagens. Der damalige französische Tabak-Monopolist SEITA (Société d’exploitation industrielle des tabacs et des allumettes) warb mit der Marke Gitanes auf dem Rennwagen.

BRARSAUSWESPBELMONSWEFRAGBRGERAUTNEDITACANUSAJPN
AusfallAusfall4
Chassis JS5-1
12
Chassis JS5-1
3
Chassis JS5-1
12
Chassis JS5-1
4
Chassis JS5-1
14
Chassis JS5-1
DSQAusfall
Chassis JS5-2
2
Chassis JS5-2
Ausfall
Chassis JS5-2
3
Chassis JS5-2
AusfallAusfall
Chassis JS5-1
7
Chassis JS5-1
Der Ligier JS5 wurde nur in der Saison 1976 eingesetzt. Zeitweise hatte des Team nur ein Chassis und trat ohne Ersatzwagen bei den Grand Prix an. Das führte in Belgien zu der Situation, dass das Team seinen Rennwagen in einer Nachtschicht richten musste. Erst ab dem GP von Frankreich Anfang Juli stand dem Team ein zweites Chassis zur Verfügung. Es feierte zwei Wochen später in Brands Hatch seine Rennpremiere. Dort wurde das Rennen abgebrochen. Beim Restart nutzt Jacques Laffite das ältere Chassis und wurde deshalb wegen des Wechsels disqualifiziert.

Beim Debüt in Brasilien stellte Laffite den Ligier JS5 auf einen ordentlichen elften Startplatz. Im Rennen fiel der Franzose aus. Ein Schaden an der Kraftübertragung verhinderte die Weiterfahrt. Auch in Südafrika beim zweiten Auftritt des Teams fiel der Rennwagen aus. Diesmal streikte der V12 von Matra, den Ligier verwendete. Doch schon beim dritten Einsatz, dem Grand Prix in den Straßen von Long Beach, sorgte Laffite mit Platz vier im Rennen für eine Überraschung. Das sicherte dem Team die ersten WM-Punkte. Es war übrigens das das letzte Rennen, bei dem die hohen Ansaugboxen erlaubt waren. Zum Europa-Debüt in Spanien verbot die CSI diese aus Sicherheitsgründen.

Der Ligier JS5 gewann 20 WM-Punkte!

Trotzdem bestätigte der Ligier JS5 im weiteren Saisonverlauf den guten Eindruck der Debüt-Rennen. Jacques Laffite sammelte mit dem ersten Formel 1 der Équipe Ligier insgesamt 20 WM-Punkte. In Belgien, Österreich und Italien stand der Franzose sogar dreimal auf dem Podest. Das Team beendete seine erste Saison in der Automobil-Weltmeisterschaft damit auf einem guten sechsten Platz. Neben den Podestplatzierungen war sicherlich der Höhepunkt, dass Laffite den Ligier JS5 in Monza beim Großen Preis von Italien auf die Pole-Position stellte. Beim Großen Preis der Niederlande, wo unser Archiv-Foto entstand, lief es nicht ganz so gut. Dort ging Laffite als Zehnter ins Rennen und fiel im Rennen aus.

Technische Daten des Ligier JS5:

ChassisMonocoque aus Aluminium
Radstand2.608 Millimeter
Spurweite1.536 Millimeter vorne und 1.600 Millimeter hinten
Gewicht525 Kilogramm
MotorMatra MS73 V12 – 2.993 Kubikzentimeter Hubraum, 60° Zylinderwinkel
Getriebe5-Gang-Schaltgetriebe des Typs Hewland 2-200 TL
ReifenGoodyear
Anzahl der gebauten Exemplare2 – aus den Chassis des JS5 wurde später der Nachfolger JS7. Ein drittes Chassis wurde 1976 nicht fertiggestellt und nie eingesetzt. Es stand später als Ausstellungsstück seinen Weg in die Ausstellung des Museums an der Rennstrecke von Magny-Cours.
Ligier JS5 im Überblick

Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Der Ligier JS5 war der erste Formel 1-Bolide von Ligier. 1976 bestritt das Team mit ihm die Automobil-Weltmeisterschaft.

Foto: Archiv AutoNatives.de

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Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück. Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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