Fahrberichte: Volkswagen

Fahrbericht: VW up! GTI – Up, up and away, my beautiful GTI?

Mit dem VW up! GTI bietet Volkswagen jetzt eine sportliche Version des Kleinwagens an. Ich konnte bereits ausprobieren, wie sich der kleinste GTI der Wolfsburger fährt.

Ich mag sportliche kleine Autos. Deshalb bin ich vor gut 15 Jahren dem Zauber des historischen Minis erlegen. Als Mini Cooper begründete der kleine Brite einst ein ganz neues Fahrzeugsegment. Zuvor waren Kleinwagen einfach nur Transportmittel für Autofahrer, die dem Motorrad entwachsen waren, sich aber kein größeres Auto leisten konnten. Mit dem Cooper wurden Kleinwagen cool.

Inzwischen sind fast 60 Jahre vergangen und unsere Autos haben an Größe zugelegt. Der Mini war mit einer Länge von gut drei Metern wirklich noch mini. Mit Ausnahme des Smart sind heutige Kleinwagen in der Regel mindestens eine Gehwegplatte länger als der Urvater der sportlichen Kleinwagen. Mit 3,54 Metern gehört der up! zu den kürzesten heute verfügbaren Autos auf dem Markt.

In seiner Klasse trifft der kleine Wolfsburger auf Autos wie den Fiat 500 oder den Renault Twingo. Dazu gibt es hier die Mitglieder der Kooperationsfamilie Citroen C1, Peugeot 108 und Toyota Aygo. Zur Klasse gehören außerdem Fiat Panda, Hyundai i10, Kia Picanto oder die Opel-Modelle Adam und Karl. Wer sich ihre Ausstattungslisten durchforstet, findet einige „Sportmodelle“.

Im Renault Twingo gibt es einen GT mit 109 PS Leistung. Fiat traut seinem Kleinwagen im Abarth 695 Biposto sogar bis zu 190 PS Leistung zu. In Wolfsburg lag die Obergrenze bisher bei 90 PS. Und auch das erst seit gut zwei Jahren. Zuvor gab es den up! maximal mit 82 Elektro-PS. Wer nach altväterlicher-Sitte Benzin verbrennen wollte, der musste sich im VW up! lange mit 75 PS begnügen.

Im VW up! GTI gibt es jetzt 115 PS Leistung!

Volkswagen verfügt über eine lange Tradition kompakter sportlicher Fahrzeuge. Denn mit dem VW Golf GTI begründeten die Wolfsburger vor gut 40 Jahren das „Hot Hatch Segment“. Doch im Kleinwagen-Sektor zierten sich die Verantwortlichen erstaunlich lange, einen GTI aufzulegen. Dem Polo war deshalb lange nur das Label GT vorbehalten. Beim up! Vorgänger Lupo bliebt GTI eine kurze Episode.

Doch Volkswagen versteht viel vom Auto-Geschäft und den Bedürfnissen der Kunden. Fiat zeigt mit den Abarth-Modellen seit Jahren, dass es inzwischen wieder einen Markt für sportliche Kleinwagen gibt. Volkswagen legt daher jetzt die Zurückhaltung ab und lässt einen up! GTI von der Leine. Schon von außen ist der Kleine klar als GTI zu erkennen. Unter dem Kühlergrill entdecke ich den roten Strich, der schon 1976 den ersten GTI zierte.

Dazu gibt es an der Seite die ebenfalls typischen schwarzen GTI-Streifen. Im Innenraum gibt es die bekannten Karo-Muster. Die hören bei Volkswagen auf den Namen Clark und sind seit 40 Jahren untrennbar mit dem Label GTI verbunden. Als ich bei Facebook ankündige, dass ich den kleinen GTI testen darf, sorgen diese Polster für Kritik … „Oma-Muster“ lese ich und denke mir meinen Teil. Das muss so!

Herzstück Antrieb!

Doch das ist alles nur Kosmetik. Das Herzstück des VW up! GTI ist der 115 PS starke Motor. Auch im up! GTI sorgt wie in allen up! mit Verbrennungsmotor ein 999 ccm großer Dreizylinder für Vortrieb. Für einen größeren Motor ist unter der Motorhaube des up! vermutlich gar kein Platz. Zudem würden die Kosten steigen, weil unterschiedliche Motoren in der Regel auch unterschiedliche Motoraufnahmen benötigen.

Und Volkswagen versteht nicht nur viel von den Bedürfnissen der Kunden, sondern auch von der Effizienz bei der Fertigung. Deshalb entwickelten die Techniker für den up! GTI die schon vorhandene 90 PS starke Turboversion ihres Dreizylinders weiter. Dank etwas mehr Ladedruck und nach einigen kleineren Änderungen im Motorumfeld stehen im GTI 115 PS Leistung zu Verfügung.

Zudem stemmt der Dreizylinder nach dieser Kur satte 200 Newtonmeter Drehmoment auf die kurze Kurbelwelle. Damit beschleunigt der 1.070 Kilogramm leichte Flitzer in 8,8 Sekunden aus dem Stand auf ein Tempo von 100 Kilometern pro Stunde. Jetzt werden Kritiker anmerken, dass das heute sogar ein Audi A4 g-tron (8,4 Sekunden) besser kann. Und der Erdgas-Audi ist nicht gerade der Inbegriff von Sportlichkeit.

Trotzdem vermittelt der VW up! GTI mehr Dynamik als der große Cousin aus Ingolstadt. Denn der Kleinwagen bestätigt die alte Regel, dass die Wahrnehmung von Geschwindigkeit immer subjektiv und eineFrage des Erlebens ist. Der beschränkte Raum eines kleinen Autos lässt die 8,8 Sekunden im VW up! intensiver vergehen, als die 8,4 Sekunden im Audi der Mittelklasse.

Der Motor des up! GTI ist übrigens das erste Aggregat bei Volkswagen, dessen Zulassung auf Grundlage des WLTP erfolgt. Die Abkürzung WLTP steht für „Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure“ (auf deutsch etwa „weltweit einheitliches Leichtfahrzeuge-Testverfahren“). Dahinter verbirgt sich eine deutlich komplexere aber dafür realitätsnähere Bestimmung der Normverbräuche, als das bisher in NEFZ der Fall war.


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Um die Kraft des VW up! GTI zu bändigen, vertraut Volkswagen an der Vorderachse auf eine für die Fahrzeugklasse ungewöhnlich große Bremsanlage. Hinter den 17 Zoll großen Felgen des Testwagens erspähe ich ungewöhnlich große Bremsscheiben. Das beeindruckt, insbesondere auch, weil sich die Bremsanlage auf meiner Testfahrt als genauso zupackend wie gut dosierbar erweist.

Tom unterwegs im VW up! GTI (Foto: Martin Meiners)
Tom unterwegs im VW up! GTI (Foto: Martin Meiners)

Hinten bremst der VW up! GTI wie alle seine zahmen Brüder, die Schwiegermütter zum Supermarkt bringen, mit Trommelbremsen. Das ist nicht grundsätzlich zu kritisieren. Denn eine gute Trommelbremse muss sich hinter einer (schlechten) Scheibenbremse nicht verstecken. Und es dürften wieder Kostengründe sein, die die Techniker daran hinderten, im up! GTI auf vier Scheibenbremsen zu setzen.

Der VW up! GTI bringt das Untersteuern zurück!

Wer will, der kann mit dem up! GTI übrigens bis zu 196 Kilometer pro Stunde schnell sein. Doch das ist eigentlich nebensächlich. Denn die wahre Stärke des VW up! GTI ist die Kurvenhatz. Immer wenn sich die Straßen kräftig schlängeln, wenn also der Verdacht naheliegt, dass der Weg das Ziel ist, dann ist der keine GTI von Volkswagen in seinem Element.

Volkswagen beweist mit dem up! GTI, dass die Fahrwerksbauer der Wolfsburger Autos hervorragend abstimmen können. Mit seiner ausgeprägten Neigung zum Untersteuern ist der Kleine – zumindest in diesem Punkt – näher am Original von 1976 als das aktuelle GTI der Baureihen Golf oder Polo sind. Nicht falsch verstehen, der VW up! GTI ist, trotz seiner Vorliebe nach außen zu ziehen, gut dirigierbar.

Aber das erfordert mehr Aufmerksamkeit, als das bei seinen größeren Brüdern der Fall ist. Denn wie einst der erste GTI zieht auch der aktuelle up! GTI bei schneller Kurvenfahrt immer etwas zum äußeren Kurvenrand. Verantwortlich dafür, dass sich der up! GTI noch wie ein echter Fronttriebler fährt, sind – indirekt – wohl auch die an der Hinterachse verbauten Trommelbremsen.

Denn andere starke Fronttriebler kaschieren ihre konzeptionell ausgeprägte Neigung zum Untersteuern mit kleinen Bremsimpulsen, die Schlupf an den Rädern verhindern. Das stabilisiert die Fahrt. Trommelbremsen können bauartbedingt nicht ganz so hochfrequente Regelimpulse verarbeiten, wie das Scheibenbremsen können. Deshalb hält sich der up! beim Eingreifen spürbar zurück. Als GTI-Fahrer alter Schule empfinde ich das als Gewinn.


Technische Daten zum Testwagen:

  • Typ: VW up! GTI
  • Grundpreis: 16.975 Euro (1/2018)
  • Motor: Reihen-Dreizylinder-Ottomotor mit Direkteinspritzung und Abgasturbolader
  • Emissionsklasse: EU6d-TEMP
  • Getriebe: 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
  • Hubraum: 999 ccm
  • max. Leistung: 115 PS bei 5.000 bis 5.500 1/min
  • max. Drehmoment: 200 Nm bei 2.000 bis 3.500 1/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 196 km/h
  • Kraftstoffverbrauch auf 100 km (kombiniert): 4,8 l Benzin
  • CO2-Emission (kombiniert): 110 g/km

PS: Und ja, entgegen aller anders lautender Gerüchte, ich passe in den up!

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Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!