Fahrberichte: Volkswagen

Test: VW Polo GTI (2017)

Seit dem Spätsommer steht die sechste Generation des VW Polo bei den Händlern. Jetzt legt Volkswagen mit dem neuen VW Polo GTI (2017) nach. Ich habe ausprobiert, wie sich der 200 PS starke „kleine“ VW Polo GTI der Generation sechs fährt?

Sportliche Polo haben bei Volkswagen eine lange Tradition. Denn auch vom kleinen Polo gab es bereits vor 38 Jahren eine sportliche GT-Version. Im August 1985 folgte der VW Polo GT G40 mit Kompressor. Ab Mitte der 1990er-Jahre trug dann auch der Kleinwagen VW Polo das Label GTI. Trotzdem stand der VW Polo GTI lange im Schatten des Golf. Doch schon vor zwölf Monaten zeigte der VW Polo GTI der fünften Generation in unserem Test, wie nah der Polo am Original ist.

Inzwischen hat Volkswagen beim Polo einen Modellwechsel vollzogen. Der VW Polo des Jahrgangs 2017 teilt sich mit dem größeren Golf die Basis des Modularen Querbaukasten (MQB). Schon der Test des VW Polo 1.0 TSI zeigte, dass der Kleinwagen von der neuen Grundlage stark profitiert. Die Platzverhältnisse sprengen das Maß der Klasse. Daneben ermöglicht die neue Basis den Rückgriff auf Assistenz- und Sicherheitssysteme, die bisher in dieser Klasse keine Selbstverständlichkeit sind.

Auch beim Antrieb profitiert der Polo GTI vom MQB!

Denn zu den Besonderheiten des Vorgängers gehörte, dass der Motor im Polo GTI nur mit dem manuellen Schaltgetriebe sein maximales Drehmoment abrufen durfte. Wer den Komfort des Doppelkupplungsgetriebes genießen wollte, der „zahlte“ dafür mit dem Verzicht auf 70 Newtonmeter. Denn das Doppelkupplungsgetriebe der fünften Polo-Generation vertrug „nur“ 250 Newtonmeter. Dank des Rückgriffs auf MQB ist das jetzt Vergangenheit.

Im neuen VW Polo GTI (2017) dürfen auch Käufer des Doppelkupplungsgetriebes das volle Drehmoment genießen. Zudem zog mit dem Modellwechsel ein Zweiliteraggregat unter der Motorhaube des Kleinwagens ein. Beim Vorgänger schöpfte der Direkteinspritzer seine Kraft noch aus 1,8 Liter Hubraum. Wie bisher hilft ein Abgasturbolader dem Ottomotor beim Atmen. Das Ergebnis sind 200 PS Leistung und ein maximales Drehmoment von 320 Newtonmetern.

Bei Bedarf beschleunigt der Antrieb den GTI auf ein Tempo von 237 Kilometern pro Stunde. Beim Sprint von 0 auf Tempo 100 vergehen 6,7 Sekunden. Das konnte der Vorgänger auch. Trotzdem fühlt sich der neue Polo besser als der Vorgänger an. Denn – natürlich – geht es beim Thema GTI nicht um den Spurt auf der Geraden. Das wahre Vergnügen eines GTI ist die Kurvenhatz. Und genau dabei macht der Neue Fortschritt erlebbar.

Das Fahrwerk des VW Polo GTI (2017) ist herausragend!

Denn die Techniker bei Volkswagen beweisen mit dem Polo GTI wieder einmal, dass sie die Kunst des Fahrwerkbaus nahezu in Perfektion beherrschen. Das Fahrwerk des GTI ist im Vergleich zum „normalen“ Polo um 15 Millimeter tiefergelegt. Es ist als Option übrigens auch im „normalen“ Polo bestellbar. Im Testwagen war das Fahrwerk allerdings mit verstellbaren Dämpfern bestückt. Das ermöglicht, im Alltag mit einem komfortabel gefederten Polo unterwegs zu sein.

Doch sobald die Dämpfer in den Sportmodus wechseln, zeigt der Polo sein wahres Gesicht. Die Härte passt perfekt zu der Rennstrecke, wo ich den Polo testen darf. Das Erlebte zaubert auch jetzt, weil Schreiben, noch ein Lächeln auf meine Lippen. Denn ich war selten mit einem Fronttriebler unterwegs, der so lange so neutral durch Kurven pfeilt. Es erfordert einen gehörigen Übermut, damit der schnelle Polo zum äußeren Kurvenrand zieht.

Tom mit dem im VW Polo GTI (2017) auf der Rennstrecke
Tom mit dem VW Polo GTI (2017) auf der Rennstrecke – Foto Uli Sonntag

Als ich vor einer engen Kurve der Rennstrecke den Bremspunkt deutlich verfehle, provoziere ich das ungewollt. Denn mit dem Bremspunkt verpasse ich auch den Einlenkpunkt. In der Folge lenke ich etwas zu viel ein. So viel Lenkwinkel passt nicht zu Kurve und Geschwindigkeit. Zwar folgt der Polo GTI dem Kommando grundsätzlich, doch die Physik setzt dem Wechsel der Richtung Grenzen. Als Folge meiner Fehler strebt der Polo sanft zum Außenrand der Kurve. Jetzt kann offensichtlich auch die elektronische Differenzialsperre, sie heißt in der VW-Welt XDS, nicht mehr helfen.

Hinter XDS verbirgt sich eine aktive Fahrdynamikregelung, die die Sensoren des elektronischen Sicherheits- und Stabilitätsprogramms (ESP)-System nutzt. Statt wie das ESP auf Antriebsschlupf reagiert XDS bei dynamischen Kurvenfahrten auf die Entlastung des kurveninneren Vorderrades. Über gezielte Bremseingriffe hindert das XDS das Rad am Durchdrehen, um die Traktion zu verbessern und die Neigung zum Untersteuern zu reduzieren. Wobei der Polo, um die Stabilität zu erhöhen, im Fall der Fälle auch das Hinterrad mit Bremseingriffen stabilisiert.

Nach meinem Fehler beim Bremsen und dem zu starken Einlenken entferne ich mich immer mehr vom Scheitelpunkt der Kurve. Deshalb öffne ich die Lenkung, um den Polo wieder einzufangen. Trotzdem zieht es den Polo diesmal weit nach außen auf die Randsteine, die die Rennstrecke begrenzen. Auf den Curbs spielt der neue Polo seine nächste Stärke aus. Denn der Kleinwagen verfügt über eine außergewöhnlich steife Karosserie. 18.000 Nm/° Verwindungssteifigkeit sind ein herausragender Wert. Deshalb bringt den neuen Polo nur wenig aus der Ruhe.

Selbst die harten Schläge, wie sie beim Räubern über die Curbs auftreten, steckt der Polo lässig weg. Dazu sorgt das Zusammenspiel aus steifer Karosserie, einem geringen Leergewicht von 1.355 Kilogramm und einem drehfreudigen Motor für ein ausgesprochen agiles Auto. Besonders der Sportmodus, wenn der Vierzylinder die Gänge bis zur Drehzahlgrenze ausdreht, bietet viel Fahrspaß.

Der Polo GTI kann auch anders!

Im Sportmodus untermalt das Bewegen des Polo eine kernige Soundkulisse. Zwischengasstöße und simulierte Fehlzündungen unterstreichen den dynamischen Gesamteindruck. Trotzdem ist der Kleinwagen im Normalfall – ohne Sportmodus – ein ruhiger Vertreter seiner Art. Auch wenn das Bild vom Wolf im Schafspelz Generationen von Autojournalisten überstrapazierten, der VW Polo GTI 2017 schreit nach dieser Formulierung.

Auch wenn es mir nicht gelingt, den Verbrauch des Polo in die Nähe der Normangabe zu drücken. Volkswagen gibt an, dass der Polo GTI im NEFZ 5,9 Liter verbraucht. Bei den Pressetestfahrten weist Volkswagen einen 45 Kilometer langen Rundkurs aus. Mit längeren Passagen auf (tempolimitierter) Autobahn und einer flüssigen Landstraße sowie nur einer kurzen Ortsdurchfahrt der optimale Parcours zum Spritsparen.

Unterwegs im VW Polo GTI (2017)
Unterwegs im VW Polo GTI (2017) – Fotobombe durch das Profirad-Team Bora-hansgrohe für das auch Weltmeister Peter Sagan fährt.

Zunächst fahre ich diese Strecke ab, ohne auf meinen Spritverbrauch zu achten. Am Ende der Runde zeigt der Bordcomputer einen Verbrauch von 6,8 Litern an. Ich setze den Bordcomputer zurück und gehe erneut auf die Strecke. Diesmal lasse ich den Polo viel gleiten, um Sprit zu sparen. Zudem vermeide ich es, zu stoppen. Trotzdem zeigt der Bordcomputer am Ende der Tour einen Verbrauch von 6,2 Litern für 100 Kilometer an.

Meist gelingt es mir bei solchen Versuchsfahrten, den Normverbrauch zu unterbieten. Diesmal ist das nicht der Fall. Leider fehlt am Ende die Zeit, um an der Tankstelle die Anzeige des Bordcomputers zu überprüfen. Denn gut möglich, dass der Bordcomputer irrt. Doch in Zeiten, wo Autos längst rollende Computer sind, ist das eigentlich nur noch selten der Fall. Deshalb sorgt der Verbrauch am Ende für einen kleinen Minuspunkt.


Weitere Stimmen und Meinungen zum neuen VW Polo GTI


23.950 Euro kostet der neue VW Polo GTI beim Volkswagen-Händler. Dafür gibt es die beim GTI obligatorischen Karos im Innenraum. Zudem verfügt der Polo GTI serienmäßig „nur“ über 17-Zoll-Alu-Räder, eine Einparkhilfe und eine manuelle Klimaanlage sowie ein einfaches Radio. Zudem gibt es im Polo GTI einen echten Handbremshebel. Das ist in Zeiten elektronischer Parkbremsen inzwischen ein seltenes Feature. Wer will, der kann für seinen GTI – wie immer bei Volkswagen – reichlich Extras ordern. Notwendig ist das nicht. Denn gerade bei einem Kompaktsportler gilt, weniger ist mehr!

Fazit zum VW Polo GTI (2017)

Zugegeben, beim Thema GTI bin ich befangen. Schon als Schüler bewunderte ich den ersten GTI aus Wolfsburg. Später, als ich endlich selbst fahren durfte, war ein VW Golf GTI mein ganzer Stolz. Bis heute habe ich viele GTI bewegt – privat und als Autotester. Vor einem Jahr stellte ich schon dem Vorgänger des neuen Polo als GTI ein gutes Zeugnis aus. In der Zwischenzeit war ich auch mit dem großartig gemachten und 245 PS starken VW Golf GTI Performance unterwegs.

Alles zusammen macht es einfach, den neuen VW Polo GTI richtig einzuordnen. Der neue VW Polo GTI (2017) muss keinen seiner „Hot hatch“ Konkurrenten fürchten. Das Fahrwerk des neuen Polo GTI ist herausragend. Zudem spricht für den Wolfsburger der Zweilitermotor. Denn der Motor fährt sich trotz Turboaufladung eher wie ein großer Sauger. Das unterstreicht auch das maximale Drehmoment von 320 Newtonmetern.

Der Vergleich zum für Frühjahr 2018 angekündigten Ford Fiesta ST belegt das. Denn Ford setzt bei seinem heißen Kleinwagen auf einen 1,5-Liter-Motor mit 290 Newtonmeter Drehmoment. Auch der Opel Corsa OPC erreicht nur ein maximales Drehmoment von 280 Newtonmetern. Insofern unterstreicht der Polo in dieser Disziplin die alte Regel „Hubraum ist durch nichts zu ersetzen“. Offensichtlich gilt das auch bei Kompaktsportlern.


Technische Daten zum Testwagen:

  • Typ: VW Polo GTI 2,0 l TSI DSG (2017)
  • Grundpreis: 23.950 Euro (12/2017)
  • Motor: Reihen-Vierzylinder-Ottomotor mit Benzindirekteinspritzung und Abgasturboaufladung
  • Emissionsklasse: EU6
  • Getriebe: 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
  • Hubraum: 1.984 ccm
  • max. Leistung: 200 PS von 4.400 bis 6.000 1/min
  • max. Drehmoment: 320 Nm von 1.500 bis 4.350 1/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 237 km/h
  • Beschleunigung 0–100 km/h: 6,7 Sekunden
  • Versicherungstypklassen: (Haftpflicht, Voll-, Teilkasko)
  • Kraftstoffverbrauch auf 100 km (kombiniert): 5,9 l Super
  • CO2-Emission (kombiniert): 134 g/km

AutoNatives.de ist auch bei Facebook. Wir freuen uns über ein Like.







Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!