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1983 British Grand Prix in Silverstone

Erinnerung an meinen ersten Besuch eines Formel 1-Rennens

Es gibt diese Momente, wo Du spontan alterst. Gerade, als ich bei Twitter über einen Tweet von Matt Bishop stolperte, war so ein Moment. Denn der britische F1-Kolumnist wies unter dem Hashtag #OnThisDay mit einem Tweet auf den Sieg von Alain Prost beim 1983 British Grand Prix in Silverstone hin. Das ist jetzt satte 40 Jahre her und hat auch für mich eine besondere Bedeutung. Denn an diesem heißen Samstag erlebte ich die Formel 1 erstmals live an der Strecke. Denn während eines Urlaubs in Großbritannien besuchten mein Vater und ich den 1983 British Grand Prix in Silverstone.

Parc ferme - SIlverstone 1983 British Grand Prix
Heute ist es wohl unvorstellbar, dass ein Schüler nach dem Grand Prix von Großbritannien mit seiner Kamera nach dem Großen Preis von Großbritannien plötzlich im Parc Ferme steht. Beim 1983 British Grand Prix ging noch.

Kaum zu glauben, dass der Besuch beim Rennen in Silverstone schon vier Jahrzehnte her ist. Doch wie ich es auch wende, 1983 liegt 40 Jahre zurück. In dieser Zeit ist unfassbar viel passiert. Damals lebten wir einer anderen Welt. Der HSV, inzwischen ein Zweitligist, gewann den Europapokal der Landesmeister. Heute nennen wir diesen Wettbewerb Champions League. Statt der damals faszinierenden Duelle, deren Verlierer ausschied, gibt es im Fußball heute zunächst eine Spielrunde mit Hin- und Rückspiel. Denn so kommt jeder Teilnehmer der Champions League auf mindestens sechs Spiele und auf entsprechende Einnahmen.

Im Motorsport ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten!

Denn 1979 erzählte ATS-Boss Günter Schmid in einer TV-Reportage freimütig, dass ihn sein Team in der Formel 1 rund 2,2 Millionen D-Mark pro Jahr koste. Selbst inflationsbereinigt dreht sich dafür heute kein Rad mehr. Bis zur Einführung des Budget-Caps legten die Kosten der Formel 1-Teams Jahr für Jahr ordentlich zu. 2019 gaben die großen Drei, Mercedes-Benz, Ferrari und Red Bull mindestens 400 Millionen Euro pro Jahr für ihre Formel 1-Teams aus. Doch die inzwischen amerikanischen Inhaber der kommerziellen Rechte der Königsklasse erkannten, dass es nicht funktioniert, wenn die großen Drei mehr ausgeben als die restlichen sieben Teams. So kam es 2021 zu einer Begrenzung der Budgets.

1983 British Brand Prix
Es war heiß und der Renntag in Silverston spannend. Vor der Formel 1 trat die Formel 3. So erlebte ich das Megatalent Ayrton Senna und wußte, dass da ein Ausnahmekönner unterwegs war.

1983 war das unvorstellbar. Damals nahmen bis zu 16 Teams an den Rennen der Formel 1-Weltmeisterschaft teil. Von ihnen blieben nur Ferrari, McLaren und Williams ohne Unterbrechung der Königsklasse treu. Das ehemalige Team Toleman Motorsport geht heute unter dem Namen Alpine an den Start. Zwischenzeitlich war das in Fachkreisen Team Enstone genannte Team auch als Benetton, Renault, Lotus und Renault am Start. Denn sein 1983 aktives eigenes Team sperrte Renault schon zwei Jahre später zu. Beim Comeback 2001 erwarb der französische Autobauer dann das Team Benetton. Nach der Finanzkrise übernahm zeitweise eine Kapitalanlagefirma die Startplätze. Erst 2016 kaufte Renault das Team zurück.

Aus Tyrrell wurde Mercedes … 1983 undenkbar!

Vor 40 Jahren trat auch Tyrrell noch in der Königsklasse an, gewann mit Michele Alborteo im Cockpit sogar letztmals einen Grand Prix. 15 Jahre ging das Siechtum weiter. Dann übernahm BAR die Startplätze von Tyrrell. Doch der Zigarettenhersteller verlor bald die Lust auf die Königsklasse. Wobei sicher auch eine Rolle spielte, dass in immer mehr Ländern die Werbung für Zigaretten inzwischen Beschränkungen unterliegt. BAR verkaufte das Team an Honda. Doch in der Finanzkrise überlies der japanische Autobauer das Team seinem damaligen Angestellten Ross Brawn. Als BrawnGP holte das Team überraschend den Titel und wurde dann eine Tochter von Mercedes-Benz.

Parc ferme - SIlverstone 1983 British Grand Prix
Lustig, damals hätte ich nicht darüber nachgedacht. Aber auf diesem Foto führte ich die drei Teams zusammen, die bis heute ununterbrochen in der Formel 1 aktiv sind: Williams (vorne), McLaren (links) und Ferrari (rechts).

Arrows, Brabham und dessen Trägerunternehmen Motor Racing Developments, die Equipe Renault, Euroracing Alfa Romeo, Ligier, Osella, RAM Racing, das Team ATS, das Team Lotus, Theodore Racing und Spirit gaben irgendwann auf. Dabei spielte sicher sich der Turbo eine Rolle. Denn 1983 waren die Turbomotoren in der Formel 1 der Mainstream. Sechs Jahre nach dem Renault als Erster mit einem Turbo in der Formel 1 antrat, galten die aufgeladenen Triebwerke langsam als standfest. Das zeigte sich auch in Silverstone. Der Strecke war noch noch deutlich anzusehen, dass das Gelände während des Zweiten Weltkriegs ein Flugplatz der Royal Air Force war. der 1983 British Grand Prix fand praktisch auf den Verbindungsstraßen statt, die die RAF einst rund die Start- und Landebahnen legte.

The 1983 British Grand Prix war ein schnelles Rennen

In der Qualifikation dominierten die Ferrari. René Arnoux umrundete den Kurs in Silverstone mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 244,571 Kilometern pro Stunde. Bemerkenswert, wie weit das Feld sich damals spreizte. Denn nach heutigen Maßstäben, zu denen ja immer noch die 107%-Regel gehört, hätten sich nur 15 der 29 genannten Autos für das Rennen qualifiziert. Doch das interessierte 1983 noch niemanden. Im Rennen traten die 26 Schnellsten des Trainings an. Dadurch erlebte vor 40 Jahren an der Strecke das Debüt eines Honda-Turbo-Motors mit. Der Schwede Stefan Johansson und das Spirit-Team brachten diesen so erfolgreichen Motor der Japaner bei 1983 British Grand Prix erstmals bei einem WM-Lauf an den Start.

Mit diesem Arrows bestritt Marc Surer den Britischen Grand Prix 1983
Mit diesem Arrows bestritt Marc Surer den Britischen Grand Prix 1983. Das Auto sah ich tatsächlich einige Jahre in Hockenheim wieder.

Den heißen 1983 British Grand Prix gewann schließlich Alain Prost. Es war bis heute der letzte Grand Prix der Königsklasse, der an einem Samstag stattfand. Die Sprint-Rennen, die es seit einigen Jahren gibt, ignoriere ich an dieser Stelle mal. Erst im Herbst dieses Jahres wird die Formel 1 in Las Vegas wieder an einem Samstag rennen. 1983 erlebte die britische Insel einen der heißesten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Damals war das Wetter – heute sind die damaligen Temperaturen Standard. Der 1983 British Grand Prix war ein spannendes Rennen. Die Ferrari erwiesen sich wieder einmal als Trainingsweltmeister. Sie konnten sich im Rennen nicht lange an der Spitze behaupten. Nach mehreren Führungswechseln gewann schließlich Alain Prost im Renault den 1983 British Grand Prix.

Und nach dem 1983 British Grand Prix schaffte es mein Vater und ich auch noch in die Rallye Racing!

Auf dem zweiten Platz kam Nelson Piquet ins Ziel. Der Brasilianer fuhr dabei den Brabham BT 52, den BMW inzwischen restaurierte und regelmäßig bei Oldtimer-Veranstaltungen zeigt. Als Dritter Patrick Tambay im Ferrari ins Ziel. Neben den Piloten auf dem Podium kamen nur noch Nigel Mansell, der in einem Lotus erstmals mit einem Turbo-Motor von Renault ausrückte, und René Arnoux in der Runde des Siegers ins Ziel. Schon Niki Lauda auf Platz sechs war überrundet. Doch mein größtes Highlight erlebte ich nach dem Rennen. Denn irgendwie schaffte ich es in den Parc fermé – heute wohl undenkbar.

Vater und ich in der Rallye Racing
Vater und ich in der Rallye Racing – wir stehen auf dem Bild von Manfred Winkelhock im Hintergrund. Das Bild muss im Morgens im Warm up entstanden sein.

So entstanden dort nur drei Bilder. Dann war mein Film leer und ich hatte keinen Ersatz dabei. Im Zeitalter der Digitalkameras eigentlich nicht mehr vorstellbar. Zu Hause wartete dann bald die nächste Überraschung auf mich. Denn als ich mir damals die nächste Ausgabe der Zeitschrift Rallye Racing kaufte, kam ich auch noch zu einem weiteren Beleg, das ich in Silverstone war. Denn auf dem Foto des ATS von Manfred Winkelhock stehen mein Vater und ich im Hintergrund. Das Bild muss morgens im Warm Up entstanden sein. Denn wie das oben gezeigte Foto vom F3-Rennen zeigt, später waren deutlich mehr Besucher auf den Tribünen. Da hätte man uns nicht mehr erkennen können.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Heute ist es wohl unvorstellbar, dass ein Schüler nach dem Grand Prix von Großbritannien mit seiner Kamera nach dem Großen Preis von Großbritannien plötzlich im Parc Ferme steht. Beim 1983 British Grand Prix ging das in Silverstone noch.

Foto: Tom Schwede

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Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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