Motorsport vor 40 Jahren: Dezember 1983
von Fabian P. Wiedl und Tom Schwede am 03. Dec 2023Wenn die Batterie des eigenen Autos streikt, dann rufen viele den ADAC. Vor 70 Jahren gründete Deutschlands größter Automobil-Club seine ADAC Straßenwacht. Jetzt restaurierte der ADAC die NSU 501 OS-T Konsul II, die damals das erste ADAC Straßenwacht-Gespann war.
c Denn im Rückblick steht 1983 sowohl auf der Rundstrecke als auch auf den Rallye-Pisten für eine Zeitenwende.
Denn 1983 setzten Motorsportler gleich zwei Meilensteine, die im Rückblick wie eine Zeitenwende wirken. Dazu zählen natürlich die beiden Fahrer-Weltmeister-Titel, die die FISA und die FIA 1983 ausschrieben. Denn mit Nelson Piquet gewann ein Turbo-Pilot den Titel der Formel 1-Weltmeisterschaft. Sechs Jahre nach dem Turbo-Debüt in der Königsklasse des Motorsports saß nun erstmals ein Turbo-Treter auf dem Thron der Autofahrer. Denn Piquet war mit einem Brabham BMW unterwegs. Dessen 1,5 Liter großen Motor unterstützte ein Abgasturbolader beim Atmen.
Der Anlauf zum Titel für den Turbo war lang!
Die Geschichte aufgeladener Motoren im Motorsport begann bereits gut 50 Jahre zuvor. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg kämpften Saugmotoren gegen Motoren mit Kompressor-Aufladung. In der Voiturette-Klasse waren 1931 Kompressormotoren schon der Standard. Zum Start der Automobil-Weltmeisterschaft der Formel 1 übernahm die CSI 1950 diese Regeln zum großen Teil. Als Ergänzung stellte die CSI in ihrer Formel 1 den Kompressor-Motoren 4,5 Liter große Sauger zur Seite. Die beiden ersten Titel gewann Alfa Romeo. Erfolgsgeheimnis der drückend überlegenen Alfa Romeo Tipo 158 und Tipo 159 war ein 1,5 Liter großer Achtzylinder, dem ein mechanischer Roots-Kompresser beatmete.
Alfa Romeo zog sich trotzdem Ende 1951 plötzlich und unerwartet aus der Automobil-Weltmeisterschaft zurück. Die CSI schrieb ihre WM notgedrungen ab 1952 für Fahrzeuge der Formel 2 aus. Auch die Formel 2-Regeln gestatteten eine Aufladung. Doch mit 500 Kubikzentimetern Hubraum wollte sich auch mit Kompressor niemand der Konkurrenz zwei Liter großer Saugmotoren stellen. Und an den Einsatz des schon 1905 von Alfred Büchi ersonnenen Abgas-Turboladers dachte noch niemand. Denn Turbos setzten bisher nur große Motoren unter Druck. Es gab sie bei Stationärmotoren, in Lokomotiven und auf Schiffen – an das Auto dachte beim Turbo noch niemand.
Kann der Turbo mit 1,5 Litern Hubraum doppelt so große Motoren schlagen?
Erst in den 1960er-Jahren eroberte der Turbo langsam auch das Auto. General Motors brachte 1962 zunächst den Oldsmobile Turbo Jetfire mit einer Turbo-Version des Buick 215 auf den Markt. Nur einen Monat später folgte im Chevrolet Corvair Monza Spyder ein aufgeladener Sechszylinder. Beide Modelle gelten heute als Initialzündung des Turbos. 1966 trat erstmals ein Turbo bei den 500 Meilen von Indianapolis an, um dort 1968 bereits zu triumphieren. Ein Jahr später setzte BMW erstmals Turbos in der Tourenwagen-EM ein. Ab 1972 brachte Porsche dem Turbo in Le Mans das Laufen bei. Vier Jahre später gewann der Porsche 936 als erster Turbo das große französische Rennen.
Auch Renault griff die Idee des Turbos auf und dachte das Ganze weiter. Denn praktischerweise sahen auch die 1966 eingeführten Regeln der Formel 1 nicht nur drei Liter große Saugmotoren vor. Denn sie gestatteten ebenso den Einsatz von 1,5 Liter großen aufgeladenen Motoren. Doch vermutlich hielt es niemand für möglich, mit einem 1,5 Liter großen Motor die drei Liter Sauger herauszufordern. Zumal der Turbofaktor „zwei“ auch deshalb überrascht, da in anderen Klassen ein Turbofaktor von 1,4 üblich war. Satt elf Saisons galt ein Turboeinsatz in der Formel 1 wohl nur als theoretische Option. Erst 1977 wagte Renault mit einem Turbo den Schritt in die Königsklasse des Motorsports.
Yellow Teapot oder Gewinner von Morgen?
Beim Debüt ging der Renault RS01 von Startplatz 21 ins Rennen und fiel nach 16 Runden vorzeitig aus. Die fehlende Zuverlässigkeit blieb die nächsten zwei Jahre ein Thema. Weshalb die Konkurrenz die Renault bald als „yellow Teapot“ bezeichnete. Hoffnung gab nur, wie sich die Renault kontinuierlich im Starterfeld nach vorne arbeiteten. Denn damit war klar, dass ihre Leistung längst der doppelt so großer Sauger entsprach. Anfang 1979 stellte Jean-Pierre Jabouille den Renault erstmals auf den besten Startplatz. Im Sommer des gleichen Jahres fuhren Pilot und Marke zum ersten Grand Prix-Sieg bei einem Formel 1-Rennen. Jetzt begann sich der Knoten zu lösen.
Denn auch wenn Renault 1979 noch kein weiteres Rennen gewinnen konnte, langsam nahm die Konkurrenz die Idee der Franzosen ernst. Denn in Le Mans bewiesen Porsche (1976, 1977 und 1979) und Renault (1978) mehrfach, dass der Turbo auch über die Distanz hält. Zumal auch in den USA bei den Indy Cars der Turbo längst Standard war. Als René Arnoux 1980 für Renault zwei weitere Grand Prix gewann, dachte die Konkurrenz längst über Turbos nach. Denn ab 1981 trat auch Ferrari in der Formel 1 mit einem Turbomotor an. Zudem debütierte 1981 bei Toleman mit dem Turbomotor von Brian Hart ein weiterer Turbo in der Königsklasse.
BMW vollendete die Mission!
1982 gab es bei BMW und Alfa Romeo in der Formel 1 weitere Turbomotoren. Wobei BMW auf einen Vierzylinder vertraute, der auf einem Serientriebwerk basierte. Bei Alfa Romeo entstand ein V8 mit 1,5 Litern Hubraum. 1983 traten noch die Turboaggregate von TAG-Porsche (bei McLaren) und Honda in den Ring. Damit war der Turbo endgültig auf dem Weg zum Mainstream. Der erste Titelgewinn eines Turbos war inzwischen längst nur eine Frage der Zeit. BMW verhalf seinem Motor mit speziellem Kraftstoff zu Leistung. Zudem nutzten die Bayern früh eine elektronische Motor-Steuerung, um Leistung mit Haltbarkeit zu verbinden.
So vollendete BMW schließlich, was Renault sechs Jahre zuvor begann. Doch praktisch direkt nach dem Titelgewinn verloren die Bayern den Anschluss an die Spitze. Denn der bayrische Vierzylinder ließ sich nicht als tragendes Element in die Rennwagen integrieren. Der notwendige Hilfsrahmen trieb das Gewicht und wirkte sich negativ auf den Schwerpunkt aus. Zudem unterstützten die V-Motoren der Konkurrenz zwei kleine Turbos beim Atmen. Das verbesserte die Fahrbarkeit. Der Vierzylinder von BMW glänzte bald nur noch bei der Spitzenleistung. Wegen des dafür notwendigen großen Turbos trieb BMW seinem Motor das Turboloch nie aus. Die Titel bis 1988 gingen an V6-Motoren von Porsche (3x) und Honda (2x).
1983 erlebte auch der Rallye-Sport eine Zeitenwende!
Auch die Rallye-Weltmeisterschaft steht 1983 im Rückblick für eine Zeitenwende. Denn im Vorjahr fuhr der Rallye-Weltmeister letztmals ein Auto mit Heckantrieb. Walter Röhrl steuerte 1982 einen Opel Ascona 400 zum WM-Titel. Wobei auch half, dass sich Michele Mouton bei der Rallye Elfenbeinküste mit einem Unfall selbst aus dem Titelkampf nahm. Die Französin steuerte den Audi Quattro, der die Kraft seines Turbomotors über alle vier Räder auf die Straße brachte. Damit veränderte Audi den Rallye-Sport. Und anders als Renault auf der Rundstrecke konnte Audi die Ernte selbst einfahren.
Denn schon 1983 gewann ein Audi-Pilot die Rallye-Weltmeisterschaft. Der Audi Quattro sicherte sich 1983 fünf der zwölf Läufe der Rallye-Weltmeisterschaft. Den Titel holte Hannu Mikkola, der viermal erfolgreich war. Audi half, dass sich die Lancia-Piloten Walter Röhrl (3x) und Markku Alén (2x) im Lancia 037 die Siege teilten. Damit nahmen sie sich gegenseitig die Punkte weg. Immerhin hielt sich Lancia mit dem Titel der Marken-Weltmeisterschaft schadlos. Hier schlugen die Italiener ihren Herausforderer Audi um zwei Punkte. Doch auch dieser Rallye-Markentitel war bis heute der Letzte, den ein Auto mit Heckantrieb gewann.
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