Auto- und Motorsport-Lexikon

Walter Hayes – Motorsport kompakt erklärt

Walter Hayes (12. April 1924 – 26. Dezember 2000) wurde Anfang 1962 Chef der Presseabteilung von Ford in Großbritannien. Zu diesem Zeitpunkt stand Ford auf der britischen Insel für genauso langweilige wie zuverlässige Fahrzeuge. Hayes wirkte in den kommenden Jahren an vielen Projekten mit, die das Image der Marke verändern sollten. Ein wichtiger Aspekt dabei war der Motorsport.

Bereits in seiner Zeit als Journalist hatte Hayes auf das Marketingpotenzial des Sports gesetzt. Als Chefredakteur der Sonntagszeitung Sunday Dispatch verpflichtete Hayes Lotus-Gründer Colin Chapman als Kolumnisten. Zu den ersten Projekten des neuen Ford-PR-Chefs Hayes der Ausflug des Ford 105E Anglia auf die Rennstrecke von Montlhery. Um die Zuverlässigkeit des Fahrzeugs zu dokumentieren, drehte der 105E in der Nähe von Paris eine Woche seinen Runden. Am Ende standen sechs Geschwindigkeitsrekorde und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 134,2 Kilometern pro Stunde.

Auch die legendäre Präsentation des Ford Cortina in einem italienischen Eiskanal und die Zusammenarbeit mit Lotus, die zur Lotus Cortina führte, prägte Walter Hayes. Zudem sorgte Hayes dafür, dass Ford 1.000 modifizierte Leichtgewichts-Cortina mit einem von Keith Duckworth konzipierten Twin-Cam 4-Ventil-Kopf baute. Die Geburtsstunde des „Ford Consul Cortina developed by Lotus“, der schon beim ersten Renneinsatz die großen Jaguar Mk. II und 7-Liter Ford Galaxie schlug. Wobei sich Walter Hayes auch in dieser Situation sofort des Werbewerts bewusst war. Denn der PR-Chef erinnerte die Piloten daran, nicht zu schnell zu fahren, damit die TV-Kameras die Jaguar bei der Zieldurchfahrt im Hintergrund einfangen konnten.

Mit diesen Aktionen sicherte sich Hayes auch die Aufmerksamkeit von Ford-Chef Henry Ford II. Der wollte, um das Image der Marke zu verbessern, den Sportwagenhersteller Ferrari kaufen. Doch Enzo Ferrari wollte nach der Übernahme das gesamte Sportprogramm der Amerikaner leiten. Zudem war für den Commendatore klar, dass dabei sein Name im Vordergrund vorne stehen müsste. Doch die Bezeichnung Ferrari-Ford war für Henry Ford II nicht tragbar.

Enzo Ferrari erklärte im Mai 1963 über diesen Streit, dass seine Firma nicht mehr zum Verkauf stünde. Henry Ford II setzte ein Entwicklungsprogramm in Gang, um Ferrari in seinem damaligen Wohnzimmer Le Mans zu schlagen. Hayes führte zunächst Gespräch mit John Cooper und stellte anschließend den Kontakt zu Eric Broadley und Lola her. Zusammen stellten Ford und Lola den Ford GT40 auf die Räder, der 1966 die Siegesserie von Ferrari in Le Mans beendete. Walter Hayes sorgte dafür, dass die Welt von diesen Siegen erfuhr.

Walter Hayes: Indy, Le Mans und Formel 1

Ähnlich war es bereits drei Jahre zuvor, als Colin Chapman und Lotus im Auftrag von Ford die 500 Meilen von Indianapolis in Angriff nahmen. Schon beim ersten Versuch 1963 fuhr Ausnahmepilot Jim Clark auf Platz zwei. Ein Jahr später fiel der Schotte aus, doch 1965 geriet Triumphfahrt. Jim Clark gewann das Rennen überlegen. Ein Jahr später gewann Graham Hill das Rennen mit einem Lola-Ford. Auch bei diesen Projekten zog Walter Hayes im Hintergrund die Fäden.

Bereits 1964/65 nahm Hayes den Nachwuchsfahrer Jackie Stewart für Ford unter Vertrag. Aus dem Jahresvertrag wurde eine langjährige Partnerschaft. Doch selbst das ist nichts gegen das Projekt Cosworth DFV. Das 1966 eingeführte Motoren-Reglement der Formel 1 sah den Einsatz von drei Liter großen Saugmotoren vor. Lotuschef Colin Chapman wusste, dass damit die Zeit der Coventry Climax Motoren ablief. Zumal der Motorenhersteller kein Interesse am Motorsport mehr zeigte.

Colin Chapman beauftragte Keith Duckworth von Cosworth mit der Konstruktion eines neuen Motors. Und suchte Firmen, die das Projekt finanzieren würden. David Brown von Aston Martin lehnte dankend ab. Und es war Walter Hayes, der ein Abendessen mit Chapman und Harley Copp arrangierte. Der Amerikaner leitete in den 1950er-Jahren das NASCAR-Projekt von Ford. Henry Ford II hatte Copp als Aufpasser für das GT40-Projekt nach Großbritannien entsandt. Beim Abendessen von Chapman, Copp und Hayes entstand schnell die Idee, wie Ford die Rechte an dem Cosworth-Motor übernehmen könne.

Zunächst sollte ein Vierzylinder-Reihenmotor für die Formel 2 entstehen. In der zweiten Liga des Formelsports hob die CSI das Hubraumlimit zur Saison 1967 von einem Liter auf 1,6 Liter an. Damit entstand für einen 1,6 Liter großen Ford Cosworth FVA (Four-Valve-Type A) ein – für Motorsportverhältnisse – großer Markt. Intern galt dieser Motor als „proof of concept“. Denn offiziell schraubte Cosworth beim FVA „nur“ ein von speziell konstruierten Vierventilzylinderkopf auf den Motorblock des Ford Cortina.

Anschließend sollte Cosworth aus zwei FVA den DFV bauen. Hayes kündigte den F1-Motor Ende 1965 auf einer Pressekonferenz in Detroit der Öffentlichkeit an. Seinem Chef Henry Ford II hatte Hayes gesagt, dass der Motor mit etwas Glück die Weltmeisterschaft gewinnen könne. Das war untertrieben. Der Ford Cosworth DFV wurde der erfolgreichste Rennmotor aller Zeiten. Im Juni 1967 war das Aggregat einsatzbereit. Jim Clark gewann beim ersten Einsatz den Großen Preis der Niederlande.

Bis 1983 folgten 154 weitere Grand Prix Siege. Von 1968 bis 1982 fuhren zwölf Fahrer-Weltmeister der Formel 1 den Ford Cosworth DFV. Dazu sicherten sich zehn Teams mit dem Motor in der Formel den Konstrukteurs-Titel. Weitere sechs Piloten gewannen mit dem Cosworth den Titel in der internationalen Formel 3000 und zweimal war der Motor in Le Mans siegreich.

Walter Hayes wurde ein enger Vertrauer von Henry Ford II – schrieb schließlich 1990 sogar eine viel beachtete Biografie des Automanagers. In der Ford-Hierarchie stieg Hayes nach einer zwischenzeitlichen Rückkehr nach Europa zum Vize-Präsidenten der Ford Motor Company auf. 1980 übernahm Hayes in Detroit die weltweite Leitung der Ford-PR.

1987 beteiligte sich Ford – auf Initiative von Hayes – an Aston Martin. Hayes wurde einer der Geschäftsführer des Sportwagenbauers. Ende 1989 trat Hayes bei Ford offiziell in den Ruhestand, blieb aber auf Bitten der Amerikaner bis 1994 Geschäftsführer von Aston Martin. In dieser Zeit stellte Hayes wichtige Weichen, die Aston Martin das Überleben sicherten.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!