Es passierte am ... Geschichten zum Auto

1. Mai 1994 – Ayrton Senna verunglückt in Imola

Ayrton Senna war der beste Rennfahrer seiner Zeit. Sein tödlicher Unfall schockte am 1. Mai 1994 die Welt. Auch nach Jahrzehnten können viele Fans die Frage, wo sie waren, als sie vom Tod des Brasilianers hörten, beantworten. Das gab es sonst wohl nur bei der Mondlandung oder dem Fall der Berliner Mauer.

Ayrton Senna, Alain Prost und Thierry Boutsen 1988 nach dem GP von Kanada
Foto aus besseren Zeiten: Ayrton Senna, Alain Prost und Thierry Boutsen 1988 nach dem GP von Kanada – Foto: Angelo Orsi

Auch ich saß damals vor dem Fernseher, um den Großen Preis von San Marino in Imola zu sehen. Das Rennen stand unter dem Eindruck des tödlichen Unfalls von Roland Ratzenberger am Vortag. Beim Start des Rennens krachte dann Pedro Lamy mit seinem Lotus in den stehenden Benetton des Finnen JJ Lehto. Dieser Unfall erinnerte an den tödlichen Unfall von Riccardo Paletti beim Großen Preis von Canada 1982 in Montreal. Zum Glück entstieg Pedro Lamy seinem Unfallfahrzeugs unverletzt. Aber Fahrzeugteile flogen ins Publikum und verletzten neun Zuschauer.

Die FIA nahm auf Bedenken der Piloten keine Rücksicht!

Die Verantwortlichen neutralisierten das Rennen hinter dem Saftey-Car. Dessen Einsatz hatten die Piloten in der Fahrerbesprechung abgelehnt. Sie befürchteten, dass der als Saftey-Car eingesetzte Opel Vectra zu langsam sei. Bei dessen Tempo würden die Reifen der Rennwagen abkühlen. Damit würde sich der Umfang der Reifen reduzieren, die Boliden sich absenken und dadurch die Aerodynamik gefährlich beeinträchtigen. Denn vor der Saison verbot die FIA aktive Radaufhängungen. Um den Anpressdruck zu maximieren, arbeiteten ausgefeilten Unterboden-Konstruktionen. Entsprechend sensibel reagierten die Fahrzeuge auf Änderungen der Bodenfreiheit.

Beim Restart kam es zur Katastrophe. Ayrton Senna verlor in der Tamburello-Kurve die Kontrolle über seinen Williams-Renault. Das Fahrzeug schlug in einem spitzem Winkel in eine Betonmauer ein. Eigentlich sollte diese Mauer dort gar nicht mehr stehen. Denn ein paar Jahre zuvor ging hier bereits der Ferrari von Gerhard Berger bei einem Unfall in Flammen auf. Doch der Streit ums liebe Geld verhinderte den Umbau bislang. Sicherheit ist immer relativ! Jetzt zerschellte der Williams an einer Mauer, die eigentlich dort gar nicht mehr stehen sollte.

Das Undenkbare wurde wahr!

Der Rennwagen prallte zurück auf die Strecke, sein Pilot saß mit leicht zur Seite geneigtem Kopf leblos im Wrack. Derek Bell sagte einmal: „Sie lassen uns immer im Krankenhau sterben!“ Doch daran wollte in diesem Moment noch niemand glauben. Denn trotz des Unfalls von Roland Ratzenberger galt die Formel 1 inzwischen als „sicher“. Ratzenberger starb in einem Simtek, dessen Flügel auf der Strecke abbrach. Ayrton Senna saß im besten Auto dieser Zeit. Es konnte nicht sein, was nicht sein konnte, sprach gegen noch einen tödlichen Unfall doch schon die Wahrscheinlichkeit.

Denn am Horror-Wochenende von Imola lagen die letzten tödlichen Rennunfälle in der Formel 1 schon lange zurück. 1982 verunglückten innerhalb von vier Wochen Gilles Villeneuve und Riccardo Paletti. Vier Jahre später starb Elio de Angelis bei Testfahrten auf dem Circuit Paul Ricard in Le Castellet. Dann ging acht Jahre alles gut. Anders als in den 1960er und 1970er-Jahren war der Tod kein regelmäßige Begleiter der Königsklasse des Motorsports mehr. Doch das war ein Irrglaube. Um 18:05 Uhr bestätigte Dr. Maria Teresa Sandri, Chefärztin der Maggiore-Klinik in Bologna den Tod von Ayrton Senna.

Auf die Unfälle von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna reagierte die FIA praktisch sofort!

Die Nachricht, die Dr. Sandri live im italenischen Fernsehen verkündete, verbreitete sich sofort wie ein Lauffeuer um die Welt. Wenn mit Ayrton Senna der beste Pilot der Gegenwart in seinem Rennwagen sterben kann, dann ist niemand mehr sicher. Die FIA beschnitt unmittelbar nach dem Unfall von Ayrton Senna Unterböden und Frontflügel, um den Abtrieb der F1-Boliden um rund 15 Prozent zu reduzieren. Nach dem schweren Unfall von Karl Wendlinger in Monaco schrieb die FIA der Formel 1 im Sommer 1994 einen Kopfschutz an den Seitenflanken des Cockpits vor.

Um die Motorleistung zu reduzieren, beschnitten die Regelhüter die Ansaugluft der Motoren. Zudem musste die Teams fortan handelsübliches Benzin nutzen. Ende 1994 schickte die FIA die 3,5-Liter-Motoren in den Ruhestand. Ab 1995 fuhr die Formel 1 wieder mit maximal drei Liter großen Motoren. Die schnelle Reaktion der FIA auf die Unfälle von Ratzenberger, Senna und Wendlinger erinnerte an die Reaktion auf den tödlichen Unfall von Henri Toivonen und seinem Beifahrer Sergio Cresto bei der Tour de Corse, der 1986 zum Verbot der Rallye-Monster der Gruppe B führte.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Foto aus besseren Zeiten: Ayrton Senna, Alain Prost und Thierry Boutsen 1988 nach dem GP von Kanada - Foto: Angelo Orsi

Foto: Angelo Orsi / Creative Commons Attribution 2.0 Generic Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Senna_Prost_and_Boutsen_Montreal_1988.jpg

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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