Rennsport-Geschichten

Besuch bei Zakspeed – 50 Jahre Motorsport aus der Eifel

Seit 1968 gehört Zakspeed im deutschen Motorsport zum Inventar. Trotz zeitweise dunkler Zeiten bringt das Team seine Autos bis heute auf die Strecke. Zeitweise sorgte das Team mit aufregenden Eigenkonstruktionen für Aufsehen. Einige davon traf ich jetzt bei einem Besuch in Niederzissen.

Tag der offenen Tür bei Zakspeed
Tag der offenen Tür bei Zakspeed

Niederzissen war einst das Herz des deutschen Motorsports. Das Örtchen im Schatten der A61 ist die Heimat von Zakspeed. Rund 30 Kilometer vom Nürburgring entfernt entstanden der legendäre Ford Capri Turbo sowie die Formel-1-Rennwagen des Teams. Ab 1985 fuhr das Team in der Königsklasse des Motorsports. Wie Ferrari – und bis 1985 auch Renault – konstruierte Zakspeed Motor und Chassis. Nur 1989 vertraute das Team auf einen Fremdmotor.

Als ich vor ein paar Tagen bei Facebook laß, dass Zakspeed zu einem Tag der offenen Tür einlädt, war mir klar, da muss ich hin. Praktischerweise war ich am gleichen Tag als Streckensprecher für den Kampf der Zwerge beim RGB Saisonfinale am Nürburgring im Einsatz. Die Pause zwischen den beiden Läufen der kleinen Tourenwagen nutzte ich zu einem Abstecher nach Niederzissen.

Der Weg war mir gut bekannt. Denn früher bin ich auf dem Weg zum Ring regelmäßig an der Werkstatt des Teams vorbeigefahren. Es gehörte für mich lange zum festen Ritual meiner Besuche am Nürburgring, die A61 in Niederzissen zu verlassen. Doch in den „heiligen Hallen“ war ich noch nie. Deshalb war ich vor dem Termin gespannt, welche Schätze das Team dort noch hortet.

Thomas Ammerschläger und Peter Zakowski
Thomas Ammerschläger und Peter Zakowski betrachten den Ford Capri der Gruppe 5 beim AvD Oldtimer Grand Prix 2012

Ich wusste, seit ein paar Jahren kümmert sich Zakspeed um die eigene Geschichte. Peter Zakowski trat mit einem Gruppe-5 Capri bei AvD Oldtimer Grand Prix 2012 am Nürburgring an. Das Foto, das den Sohn des Teamgründers Erich Zakowski im Fahrerlager an der Seite von Thomas Ammerschläger zeigt, verkaufte ich an einige Motorsport-Zeitschriften. Es gab nur dieses Bild, die Fotografen-Kollegen hatten den Konstrukteur des Über-Capri nicht erkannt.

Der Ford Capri Turbo ist in Niederzissen omnipräsent!

An den Wänden in Niederzissen hängen Bilder vom ersten Einsatz 1978 in Hockenheim, als Hans Heyer den Rennwagen prompt auf die Pole Position stellt. Was nebenbei zeigt, wie sich die Rennsport-Welt in knapp 40 Jahren veränderte. Denn damals trat der DTM-Vorläufer Deutsche Rennsportmeisterschaft (DRM) tatsächlich im Rahmenprogramm des Grand-Prix von Deutschland an.

Der erste Einsatz des Ford Capri fällt in die Zeit, als mein Interesse für den Motorsport entstand. Denn die wilden Gruppe-5-Rennwagen dieser Jahre gehören bis heute zum Schärfsten aller Motorsport-Zeiten. Die Porsche-Teams hatten mit dem Porsche 935 vorgelegt. Bei BMW war der 3er das Renngerät. Und Ford schickte den von Zakspeed entwickelten Ford Capri Turbo ins Rennen.

Der ultraflache Tourenwagen verfügt über einen Gitterrohr-Rahmen und hat wenig mit einem Serienfahrzeug gemeinsam. Der von Zakspeed entwickelte Vierzylinder-Turbo leistete bis zu 600 PS. Grundlage des Triebwerks war ein Motorblock von Ford. Doch die Abstimmung des Turbos erarbeitete Zakspeed. Auf der Suche nach Haltbarkeit zahlte das Team viel Lehrgeld. Doch das dabei gewonnene Knowhow war unbezahlbar.

1981 gewann Klaus Ludwig mit dem Capri den DRM-Titel. Eindrucksvoller Beleg der Überlegenheit war, dass der Bonner bei allen 13 Saisonläufen vom ersten Startplatz ins Rennen ging. Auf vielen Rennstrecken erzielten die Capri Zeiten auf Formel-1-Niveau. Deshalb gilt der Ford Capri Turbo heute als Krone einer ganzen Rennsportepoche in der Tourenwagen keine Grenzen kannten. Erstaunlicherweise funktionierte das Konzept des Capri als Mustang GTP nicht.

Trotzdem ist es kein Wunder, dass in den Regalen in Niederzissen zahlreiche Pokale aus diesen Jahren stehen. Der Capri ist omnipräsent. Auf einer Vitrine hat jemand mehrere Modellautos platziert. Zudem sind gleich mehrere Fans mit ihrem Capri angereist. Einer davon trägt sogar die damalige „Kriegsbemahlung“. Alles zusammen zeigt, wie stark Zakspeed und dieses Auto die Fans bis heute begeistern.

Der Capri fehlt – aber der „Ersatz“ ist auch nicht von schlechten Eltern!

Der eine oder andere Fan registrierte enttäuscht, dass bei diesem Tag der offenen Tür ein echter Ford Capri Turbo fehlte. Doch die Rennwagen sind heute längst gesuchte Sammlerstücke. Immerhin ein Ford Escort steht zurzeit noch in der Werkstatt des Teams. Auch keine schlechte Wahl. Denn mit dem Escort begann die große Zeit des Teams. Von 1973 bis 1976 holte der Escort vier DRM-Titel nach Niederzissen.

Zakspeed 841
Zakspeed 841 im silbernen Originallack – mit dieser Lackierung testeten Manfred Winkelhock und Jonathan Palmer 1984 den Rennwagen

Dazu stehen im Foyer des Teams mehrere Formel-1-Rennwagen. Der Zakspeed 841 steht in der ersten Reihe. Dieser Rennwagen war 1984 nach mehr als 20 Jahre der erste vollständig in Deutschland konstruierte Rennwagen für die Königsklasse. Denn die Rennwagen von ATS entstanden in Großbritannien. Keine Ahnung, ob das Team seinen Boliden deshalb wie einst Porsche und Mercedes silbern lackierte.

Manfred Winkelhock und Jonathan Palmer brachten dem Zakspeed 841 bei Tests in Hockenheim, Misano und Paul Richard das Laufen bei. Der Brite Palmer saß dann auch 1985 beim offiziellen Debüt des Teams am Lenkrad. Später steuerte auch Christian Danner bei zwei Rennen den Flitzer aus der Eifel. In den folgenden Jahren entwickelte das Team seine Rennwagen und seinen Motor kontinuierlich weiter.

Zakspeed 881
Der Zakspeed 881 war der letzte Formel 1 aus Niederzissen mit dem Zakspeed-Turbo Motor.

Denn auch in der Formel 1 vertraute das Team auf Turbotechnik. Herzstück war ein selbst entwickelter Leichtmetallmotorblock. Der 1,5-Liter große Motor blieb bis 1988 die Grundlage des Formel-1-Engagements. Kein Wunder, dass direkt neben dem Erstlingswerk der Zakspeed 881 von 1988 steht. Er war der letzte Bolide, das Team mit einem eigenen Turbomotor ausrüstete. 1989 verbot die FIA den Turbo.

DTM als Alternative zur Formel 1!

Wohl auch deshalb steht der unglückliche Zakspeed 891 etwas weiter hinten. Ihn setzte das Team in seinem Abschiedsjahr in der Königsklasse des Motorsports ein. Eine Luftpumpe von Yamaha verhinderte zu oft die Qualifikation. Weshalb sich das Team ab 1990 auf die DTM konzentrierte. Denn dort war das Team schon einige Jahre parallel zur Formel 1 aktiv. Für BMW setzte Zakspeed dabei mit Erfolg den legendären BMW M3 ein.

Schon 1987 holte Eric van de Poele für das Team im M3 den DTM-Titel. Weshalb Zakspeed neben Schnitzer das einzige Team ist, das in DRM und DTM Gesamtsieger war. Ab 1991 war der Mercedes-Benz 190E 2.5-16 das Einsatzgerät der Mannschaft aus der Eifel. 1992 und 1994 fuhren Kurt Thiim und Jörg van Ommen für Zakspeed-Mercedes auf den zweiten Platz der DTM-Gesamtwertung.

Zur ITC-Saison 1996 wechselte das Team zu Opel. Auch ein Opel Calibra steht deshalb noch bei Zakspeed. Genauso wie der 1999 in Niederzissen gebaute Prototyp eines Volvo C70 Coupe für den Neustart der DTM im folgenden Jahr. Dazwischen erinnert ein Ford Probe GTP an die Ausflüge des Teams nach Amerika. Dieser vom Team entwickelte Rennwagen trat ab 1985 in der IMSA-Serie an. Der IMSA-GTP war nach dem Capri-Derivat Mustang GTP der zweite US-Sportwagen aus Niederzissen.

Das Projekt sorgte für einige Achtungserfolge. Klaus Ludwig gewann 1986 ein Rennen in Laguna Seca. Bei zwei weiteren Rennen fuhren Piloten mit dem Ford Probe „made in Germany“ auf das Podest. Doch insgesamt fehlte dem auf 2,1 Liter Hubraum aufgebohrten Zakspeed-Motor die Standfestigkeit. Immer wieder rissen Motorschäden die Probe in aussichtsreicher Position aus dem Rennen.

Doch heute spielt das keine Rolle. Denn auch dieser Sportwagen ist ein Beleg dafür, wie Zakspeed vor 30 Jahren von Niederzissen aus nach den Sternen griff. Ich habe das bei meinen Moderationen schon öfter am Mikro erzählt. Es ist eigentlich Schade, wie steril der Motorsport inzwischen oft ist. Denn gerade Teams wie Zakspeed, die keine Chance hatten, diese aber nutzten, waren für mich immer das Salz in der Motorsport-Suppe.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!