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Carspotting: Opel Kadett D – Weltauto aus Rüsselsheim

Nach dem Produktionsende in Bochum „überlebte“ der D-Kadett in Indonesien noch elf Jahre!

Mit dem Kadett D stieg auch Opel 1979 in der Kompaktklasse von angetriebenen Hinterrädern auf den Frontantrieb um. Das war ein Meilenstein für die Marke Opel. Doch schon nach fünf Jahren war die kantige Form der Karosserie in Deutschland Schnee von gestern. Opel stellte den aerodynamisch geformten Kadett E vor. Doch in Indonesien entstanden noch bis 1995 neue kantige Kadett D.

Opel Kadett D am Straßenrand
Opel Kadett D, wie er von 1979 bis 1984 bei Opel vom Band lief.

Kürzlich traf ich einen Opel Kadett D am Straßenrand. Das weckte Erinnerungen, denn bis weit in die 1990er-Jahre gehörte die vierte Kadett-Generation in Deutschland zum Straßenbild. Wobei sich der Schwerpunkt ab 1989/90 in den Osten verschob. Denn der von 1979 bis 1984 gebaute D-Kadett gehörte zu der Auto-Generation, die wir Wessis nach der politischen Wende in Europa gern in den Osten „abschoben“. Das passierte, die Unkenntnis vieler Bürger aus dem Beitrittsgebiet der ehemaligen „DDR“ ausnutzend, oft zu überhöhten Preisen. Denn mit der Erweiterung des Markts war ein zuvor fast schrottreifer Kadett statt 1.000 DM oft plötzlich das Drei- oder Vierfache wert.

Aber lassen wir das, es geht hier nicht um die kleinen Sünden der Wiedervereinigung. Zumal unsere Neubürger so gleich eine Lektion in Sachen Marktwirtschaft bekamen. Losgelöst davon, über die Jahre verschwand der Opel Kadett D fast vollständig von unseren Straßen. Bis heute hielten nur wenige der insgesamt rund zwei Millionen gebauten Kadett D durch. Sie entstanden übrigens überwiegend im damaligen Opel Werk in Bochum. Zudem fertigte auch das Opel den D-Kadett auch in Antwerpen. Dieses Werk gab Opel später – im Jahr 2010 – auf. Das stellt eine traurige Parallele zum Kadett-Standort Bochum dar, den Opel vier Jahre später ebenfalls schloss.

An solche Werksschließungen dachte 1979 beim Debüt des Kadett D wahrscheinlich noch niemand. Denn hinter der Tochter des US-Auto-Riesen General Motors lag gerade ein erfolgreiches Jahrzehnt. Opel nutzte geschickt, dass der ewige Konkurrent aus Wolfsburg in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre in eine bedrohliche Krise fuhr. Die Rüsselsheimer schwangen sich in dieser Zeit zeitweise zum deutschen Marktführer auf. 1972 betrug der Marktanteil der Rüsselsheimer genauso eindrucksvolle wie stolze 20,4 Prozent. Womit Opel zu diesem Zeitpunkt tatsächlich einmal vor Volkswagen lag!

Doch die Wolfsburger überstanden die Krise und erneuerten konsequent ihr Programm. Mit Frontantrieb und wassergekühlten Motoren eroberte VW die Führung in den Zulassungsstatistiken bald wieder zurück. Das setzte Opel unter Druck. Dazu kam die zweite Ölkrise, die der Golfkrieg zwischen dem Iran und dem Irak am Ende des Jahrzehnts auslöste. Die Folge war, dass Opel im Geschäftsjahr 1980 erstmals seit dreißig Jahren Verluste schrieb. Wobei das mit den Verlusten bei GM-Töchtern immer so eine Sache ist. Denn GM lässt sich die Nutzung von Patenten von seinen Auslandstöchtern bezahlen. So fließt ein Teil der Gewinne in die USA. Dort versteuert der US-Riese diese Auslandseinnahmen in der Regel im steuerfreundlichen US-Bundesstaat Delaware.

Der Opel Kadett D war ein Meilenstein!

Grundlage des Opel Kadett D war die sogenannte „GM-T Plattform 1979“. Mit ihr vollzog auch Opel in der Kompaktklasse die Umstellung vom Heckantrieb zum Frontantrieb. Die neue Plattform gab Opel den Raum, um die Grenzen der Kompaktklasse zu verschieben. Denn mit einer Länge von vier Metern überragte der Kadett D den Golf um fast 30 Zentimeter. Damit bot der Opel ein gänzlich anders Raumgefühl als der Kontrahent. Alles zusammen setzte den ersten Golf, der beim Debüt des neuen Opel schon vier Jahre auf dem Markt war, erfolgreich unter Druck.

Doch erneut reagierte Volkswagen schnell. 1983 stellte VW den Golf II vor und zog in der Länge gleich, legte bei der Breite sogar noch ein Stück zu. Damit war der D-Kadett auf einen Schlag ein altes Auto. Denn die kantige Karosserie des Opels war unverkennbar ein Kind der 1970er-Jahre. In den 1980er-Jahren setzten sich zunehmend aerodynamische Formen durch. Opel löste die vierte Generation des Kadetts deshalb bereits 1984 durch einen neu eingekleideten Nachfolger ab.

Der Kadett E folgte dem Geist der Zeit und erhielt wegen seiner stromlinienförmigen Karosserie bald den Spitznamen „Windei“. Wobei unter dem Blech überwiegend die Technik des Vorgängers steckte. Denn die mit dem Kadett eingeführte „GM-T Plattform 1979“ blieb noch drei weitere Generationen die Basis der Kompaktklasse bei Opel. Nach dem Kadett E vertrauten auch die ersten beiden Astra-Generationen (F ab 1991 und G ab 1998) im Kern noch auf „GM-T“. Damit zeigte sich die Plattform erstaunlich langlebig.

Weltauto Opel Kadett D 

Außerhalb Deutschlands zählte der Kadett D nicht ganz so schnell wie in Deutschland zum alten Eisen. Bei Vauxhall im britischen Ellesmere Port, wo die Produktion der vierten Kadett-Generation zwei Jahre später als bei Opel startete, lief die Baureihe erst 1986 aus. Damit „überlebte“ der Vauxhall Astra seinen deutschen Zwillingsbruder Opel Kadett D um satte zwei Jahre. Auch in Jugoslawien beim GM Joint Venture IDA-Opel (Industrija Delova Automobila) sowie in Südafrika war der Kadett D länger als in Deutschland verfügbar.

Doch am längsten baute „PT. Garmak Motor“ den Kadett D in Indonesien. Ähnlich wie in Jugoslawien montierte das Unternehmen ab 1984 zunächst Teilesätze. Später übernahm das Unternehmen Maschinen aus dem Opel-Werk in Antwerpen, um den Kadett D noch bis 1995 weiter fertigen zu können. Der Kadett D war in Indonesien besonders als Taxi beliebt. Wobei sicher half, dass „PT. Garmak Motor“ Probosutedjo, dem jüngeren Halbruder des Generals und Staatspräsidenten Suharto, gehörte.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Opel Kadett D, wie er von 1979 bis 1984 bei Opel vom Band lief.

Foto: Tom Schwede

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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