Mit der Formel 5000 gab es von 1968 bis 1981 eine Motorsportkategorie mit Rennwagen, die fast die Leistung der Formel 1 erreichten. Der Vorteil war, dass die Rennwagen deutlich kostengünstiger als die Formel 1 waren. Kein Wunder, dass das Reglement der Formel 5000 schnell (fast) auf der ganzen Welt Anwendung fand.
Vorspiel: SCCA Grand Prix Championship
Der Erfolg der Can-Am-Serie machte den Verantwortlichen des Sports Car Club of America (SCCA) Lust auf mehr. Denn die Can-Am bestätigte die Verantwortlichen des SCCA darin, auch in den USA erfolgreich Rundstreckenrennen vermarkten zu können. Anders als der Konkurrenzverband United States Auto Club (USAC), der unter der Kontrolle von Indy-Besitzer Tony Hulman hauptsächlich auf Ovalrennen organisierte. 1967 – ein Jahr nach der CanAm – schrieb der Sportwagenverband mit der SCCA Grand Prix Championship erstmals eine eigene Rundstreckenserie für einsitzige Rennwagen mit frei stehenden Rädern aus.
Für die neue Serie definierte der SCCA drei Fahrzeugklassen, die sich eng an den Standards der Commission Sportive Internationale (CSI) orientierten.
- In der Top-Kategorie Formel A durften – wie zeitgleich in der Formel 1 – bis zu drei Liter große Saugmotoren antreten.
- Die Formel B orientierte sich mit 1,6 Liter Hubraum an der europäischen Formel 2, das öffnete den europäischen Rennwagen-Herstellern einen attraktiven Markt.
- Mit maximal 1,1 Litern Hubraum entsprach der ehemaligen Formel Junior.
Doch das Konzept, mit drei unterschiedlichen Formelklassen in einer Meisterschaft zu fahren, überzeugte nicht vollständig. Besonders die Motoren der Formel A waren sündhaft teuer. Die Starterfelder blieben klein. Das gefiel den Verantwortlichen nicht. Deshalb schrieb der SCCA ab dem 1. Januar 1968 den Einsatz von amerikanischen V8-Motoren mit bis zu fünf Liter Hubraum vor. Um die Kosten zu senken, musste der Motorblock von einem Serienfahrzeug abstammen. Damit legte der Verband den Grundstein für eine interessante Entwicklung.
Das Konzept der Formel 5000 ging sofort auf
Die Teilnehmerzahlen in der Formel A steigen. Gefahren wurde meist mit europäischen Rennwagen. Bei Lola Cars gab es sofort einen Formel-A-Rennwagen von der Stange. Die Briten könnten bereits in der ersten Saison 17 Exemplare ihres Lola T140 absetzen. Für die Teams und Fahrer offensichtlich keine schlechte Wahl, denn immerhin fünf Lola platzieren sich am Ende des Jahres unter den ersten zehn der Meisterschaft. Daneben finden sich in den Ergebnislisten des Debütjahrs Chassis von Eagle, McKee und Vulcan. Wie bei der CanAm-Serie lockte der SCCA auch bei seinem Formel-Rennen mit einem gut gefüllten Preisgeldtopf. Meisterschaftsgewinner Dr. Lou Sell bekam einen Scheck über US-$ 13.700.
Sein Teamkollege George Wintersteen bekam als Zweiter immerhin noch US-$ 12.050. Die Studiengebühren an der an der Elite-Universität Yale lagen damals bei US-$ 1.950 pro Jahr. Heutige Studenten müssen rund US-$ 40.000 aufbringen. Der Vergleich zeigt, wie gut der Preisgeldtopf der SCCA gefüllt war. Die beiden Erstplatzierten der Meisterschaft steuerten einen Eagle Mk V im Team von Dan Gurney. Das Design des Rennwagens basierte auf dem Indycar des Teams und stammte von Tony Southgate. Für die oft sehr patriotischen Fans in den USA war das sicherlich ein Bonus, dass der erste Gesamtsieger ein amerikanisches US-Auto fuhr.
Übernahme des CanAm-Rennformats
Wegen der steigenden Teilnehmerzahlen trennte die SCCA ab 1969 die Felder. Während die Formel A alleine auf die Strecke ging, durften die Formel B und C zusammen im Rahmenprogramm der Veranstaltungen fahren. Zudem übernahmen die Verantwortlichen die Abläufe der CanAm-Serie mit Training, zwei Vorläufen und einem Hauptrennen. Das Training diente dazu, den Teilnehmern einen Platz in den Vorläufen zuzuweisen. Im ersten Vorlauf gingen mit dem Trainingsschnellsten die ungeraden „Startplätze“ (3, 5, 7 usw.) auf die Strecke. Der zweite Vorlauf war den geraden Startplätze (2, 4, 6 usw.) vorbehalten.
Die Vorläufe waren meist rund 20 Minuten lang. Der Sieger des erstens Vorlaufs sicherte sich die Pole-Position des Hauptrennens. Das Hauptrennen führte in der Regel über 60 bis 90 Minuten und bildete die Grundlage für die Punktvergabe. Nach 13 Saisonläufen stand Ende 1969 mit Tony Adamowicz erneut ein Eagle-Fahrer als Meister fest. Sein Preisgeld hatte sich mit US-$ 27.325 im Vergleich zum Vorjahressieger bereits verdoppelt. Wobei der Brite David Hobbs als Zweiter der Gesamtwertung mit US-$ 27.750 sogar noch etwas mehr Preisgeld gewann. Hobbs hatte mit seinem Surtees TS5 mehr Rennen als Adamowicz gewonnen, sich sonst aber schlechter platziert als der Amerikaner.
Money makes the world go round
1970 lies der SCCA in seiner Meisterschaft neben den 5,0 Liter großen seriennahen US-V8 auch wieder spezielle Rennmotoren zu. Sie durften, wie in der Formel 1, über maximal 3,0 Liter Hubraum verfügen. Mit dem Ford Cosworth DFV gab es inzwischen einen vergleichsweise günstigen Rennmotor. Doch der Cossi blieb zumindest in den USA ein Exot. Skip Barber fuhr 1971 in den USA einen March mit Cosworth-Antrieb. Die Mehrzahl der Teilnehmer setzte weiter auf die US-Dampfhammer. Standard-Triebwerk war der V8 von Chevrolet. Daneben gab es auch Triebwerke von Plymouth und AMC.
Gleichzeitig stockte ein neuer Hauptsponsor das Preisgeld nochmals deutlich auf. Dank des Zigarettenherstellers Liggett & Myers stand ein Bonus von US-$ 40.000 für die ersten zehn der Meisterschaft zur Verfügung – zusätzlich zu den rund US-$ 350.000, die der SCCA zusammen mit den Rennveranstaltern auslobte. Die Meisterschaft 1970 ging an den McLaren-Piloten John Cannon, der auf dem Weg zum Titel insgesamt ein stolzes Preisgeld von US-$ 47.030 verdiente.
Ein Jahr später sicherte sich mit David Hobbs (US-$ 47.350) erneut ein McLaren-Pilot den Titel der Meisterschaft, die nun erstmals offiziell SCCA L&M Continental 5000 Championship hieß. 1972 ging der Titel an den Neuseeländer Graham McRae, der mit einem Verdienst von US-$ 73.750 auch einen neuen Preisgeld-Rekord aufstellte. Der gelernte Ingenieur McRae saß bei seinem Erfolg – wie zuvor ein anderer Neuseeländer in der CanAm – in einem Auto, das seinen Namen trug.
Das hohe Preisgeld lockt Spitzen-Piloten in die Formel 5000
Doch anders als Bruce McLaren ist der Name Graham McRae heute trotz des Titelgewinns weitestgehend in Vergessenheit geraten. Und das, ob wohl McRae zu den erfolgreichsten Piloten der Formel 5000 gehört. Denn der Neuseeländer gewann zusätzlich zum Titel in den USA dreimal die Tasman-Serie (1971 bis 1973) und war dazu noch 1970 und 1978 in den nationalen Meisterschaften von Neuseeland und Australien Gesamtsieger. Beide Serien fuhren nach den Regeln der Formel 5000.
Das hohe Preisgeld lockte Spitzenfahrer aus aller Welt in die Formel 5000. 1973 gewann Jody Scheckter den US-Titel für Trojan und Lola. Trotz vier Siegen mit den Trojan T101 stieg der spätere Formel-1-Weltmeister mitten in der Saison in einen T330 von Lola um. Scheckter wollte „Waffengleichheit“ mit seinem Herausforderer Brian Redman. Das Manöver lohnte sich, denn der Brite verpasste trotz seiner fünf Saisonerfolgen schließlich den Titel, weil Scheckter konstanter fuhr.
Redman hielt sich dafür im Portemonnaie schadlos. Denn mit einem Preisgeld in Höhe von US-$ 115.550 gewann Brain Redman mehr Preisgeld als Meister Jody Scheckter, der „nur“ US-$ 115.200 sicherte. Interessant ist der dritte Platz von Mark Donohue. Denn der Amerikaner war einer der wenigen Piloten, die keinen V8 von Chevrolet einsetzten. Im Lola von Marc Donohue sorgte ein Triebwerk von AMC für Vortrieb. Das war einer der größten Erfolge von AMC im Motorsport.
1974 mischt sich der USAC ein
Der Erfolg der Formel 5000 lockte auch den United States Auto Club (USAC) an den Tisch. Schließlich lag die Sporthoheit für den Motorsport mit Formel-Fahrzeugen in den USA offiziell beim USAC. Die Meisterschaft des SCCA war damit zunächst eine geduldete Piratenserie. 1974 wurde aus der „SCCA L&M Continental 5000 Championship“ offiziell die „SCCA/USAC Formula 5000 Championship“. Zudem setzte der USAC eine Erweiterung des Motorenreglements durch. Neben den bekannten Motoren durften jetzt auch die 2,65 Liter großen Turbo-Motoren und die 4,178 Liter großen Saug-Motoren der Indycars in der Formel 5000 starten.
Den Ausgleich stellte das Reglement ganz modern über die Benzinmengen her. Während die nach den Formel 5000 Regeln des SCCA vorbereiteten Fahrzeuge bis zu 30 Gallonen Benzintanken durften, mussten die USAC-Fahrzeuge Methanol tanken. Den geringeren Brennwert des Alkohols glich aus, dass sie 40 Gallonen tanken durften. Am Ende des Jahres 1974 setzte sich mit Brian Redman ein Pilot durch, der in seinem Lola T332 das Hubraumlimit mit einem V8 von Chevrolet ausnutzte. Mit „nur“ US-$ 80.900 blieb Redman 1974 allerdings deutlich hinter seinem eigenen Preisgeld-Rekord des Vorjahrs zurück. Dabei spielte auch der Verlust des Hauptsponsors L&M eine Rolle.
Auch im folgenden Jahr schrieben die SCCA und der USAC die Meisterschaft wieder gemeinsam aus. Nach dem Scheitern der CanAm war die „Formula 5000 Championship“ jetzt die wichtigste Motorsportserie des SCCA. Und beide Verbände wollten ihren Einfluss sichern. Brain Redman gelang 1975 als erstem Formel 5000 Piloten in den USA die Verteidigung seines Titels. Und auch beim Finale 1976 gewann Redman den Titel, der damit seine Erfolgsgeschichte in der Formel 5000 verlängerte.
USAC stieg Ende 1976 aus – der SCCA reagiert trickreich!
Ende 1976 kündigte der USAC die Verträge mit dem SCCA. Zudem bestand der USAC auf sein Monopol im Formel-Rennsport. Der SCCA reagiert trickreich und stattete ab 1977 die bisherigen Formel-5000-Fahrzeuge einfach mit verkleideten Rädern rennen. Zudem führte der SCCA nun offiziell die gescheiterte CanAm-Serie fort. Ein pragmatischer Ansatz mit dem sich der SCCA formal wieder auf die Organisation von „Sportwagen-Rennen“ beschränkte und den Formel-Sport dem USAC überlies. Die Trennung von SCCA und USAC das Kapitel der Formel 5000 in Amerika. Der USAC beschränkte sich in den kommenden Jahren auf seine bewährten Indycars.
Für US-Freunde des Rundstreckensports rückwirkend sicherlich ein Verlust. Denn die Formel 5000 bot auch in ihrer letzten Saison noch jede Menge Spannung. Dodge schickte sich an, das Quasi-Monopol von Chevrolet zu brechen. Beim Rennen in Road America fuhr erstmals seit 1971 nicht ein Chevy als Sieger ins Ziel. Und auch der Chassishersteller Lola bekam neue Konkurrenz. Nach mehr als drei Jahren, in denen alle Laufsieger in einem Lola saßen, konnten 1976 Alain Jones und Jackie Oliver für March und Shadow zwei Läufe gewinnen.
Formel 5000 Meister in den USA
Jahr | Gesamtsieger | Fahrzeug / Motor |
1968 | Lou Sell | Eagle Mk 5 Chevrolet |
1969 | Tony Adamowicz | Eagle Mk 5 Chevrolet |
1970 | John Cannon | McLaren M10B Chevrolet |
1971 | David Hobbs | McLaren M10B Chevrolet |
1972 | Graham McRae | Leda GM1 Chevrolet & McRae GM1 Chevrolet |
1973 | Jody Scheckter | Trojan T101 Chevrolet & Lola T330 Chevrolet |
1974 | Brian Redman | Lola T332 Chevrolet |
1975 | Brian Redman | Lola T332 Chevrolet & Lola T400 Chevrolet |
1976 | Brian Redman | Lola T332C Chevrolet |
Exportschlager Formel 5000
Schon 1968 – im ersten Jahr der neuen Motoren-Formel – exportierte der SCCA sein Reglement nach Südafrika. Im Rahmen des South African Gold Star fuhren von 1968 bis 1973 Formel-A-Fahrzeugen nach den SCCA-Regeln. Von 1969 bis 1975 gab es auch eine Formel 5000 Europameisterschaft. Sie wurde hauptsächlich auf den britischen Inseln gefahren. Dazu gab es Rennen in den Benelux-Staaten, in Dänemark sowie vereinzelt auch in Hockenheim oder am Salzburgring. Letzter Hauptsponsor der Europameisterschaft war der Mineralölhersteller Shell. Weshalb die europäische Serie offiziell Shellsport F5000 Championship hieß.
In der Serie tummelten sich einige Rennfahrer und Teams, die später in andere Klassen aufsteigen sollten. Zum Feld der Shellsport F5000 Championship gehörte beispielsweise das britische Team RAM Racing von Mike Ralph und John Macdonald. In ihrem als „Thursday’s RAM“ gemeldeten March 75A mit 3,4-Liter-Ford-Sechszylinder saß mit Alan Jones 1975 ein späterer Formel-1-Weltmeister. Der Australier gewann für das Team, in dessen Formel-1-Rennwagen später Jochen Mass und Manfred Winkelhock sitzen sollten, zwei Rennen. 1976 verschwand in Europa die Bezeichnung F5000 aus dem Seriennamen, um auch Formel-1- und Formel-2-Rennwagen ins Feld zu locken.
Die Meisterschaft hieß fortan Group 8 Shellsport Meisterschaft, um nach zwei Jahren zur Aurora-AFX-Formel-1-Serie werden. 1970 bis 1975 fuhr die Tasman Series in Australien und Neuseeland mit Formel 5000 Fahrzeugen. Dazu gab es von 1970 bis 1976 zusätzlich eine nationale Meisterschaft in Neuseeland. Und ab 1971 auch noch eine in Australien. Die sollte sich schließlich als die langlebigste Meisterschaft erweisen. Denn auch nach dem Ende der Formel 5000 in den USA schickte der australische Motorsportverband Confederation of Australian Motor Sport (CAMS) die Formel 5000 erst Ende 1981 in den Ruhestand.
Formel 5000 Europameister
Jahr | Gesamtsieger | Fahrzeug / Motor |
1969 | Peter Gethin | McLaren M10A |
1970 | Peter Gethin | McLaren M10B |
1971 | Frank Gardner | Lola T192 / Lola T300 |
1972 | Gijs van Lennep | Surtees TS11 / McLaren M18 |
1973 | Teddy Pilette | Chevron B24 |
1974 | Bob Evans | Lola T332 |
1975 | Teddy Pilette | Lola T400 |
Zusammengefasst: Die Formel 5000 wird in Europa heute sicherlich unterschätzt. Dabei stand das Rennformat in den USA mit zwei Vorläufen und einem Hauptrennen für viel Rennaction. Mit Chevron, Eagle, Lola, March, McLaren, Shadow, Surtees und Trojan bauten zahlreiche bekannte Rennwagonbauer der späten 1960er und frühen 1970er Jahre Rennwagen für die Formel 5000. Dazu kamen Einzelkämpfer und Exoten wie Graham McRae, Elfin oder Matich.
Doch aus politischen Gründen fiel im Heimatland USA nach nur neun Spielzeiten der Vorhang für die Formel 5000. Nur in Australien hielt die Fahrzeugklasse noch bis ins Jahr 1981 durch.