Rennsport-Geschichten

IMSA GTP – Die International Motor Sports Association bringt einen Namen zurück, der von 1982 bis 1993 Sportwagen-Fans entzückte!

Die Klasse GTP (Grand Touring Prototypes) geht auf den ACO und die IMSA zurück und steht für eine Zeit, als der Sportwagensport in den USA blühte!

Im Vorfeld der an diesem Wochenende anstehenden 24 Stunden von Daytona kündigte die International Motor Sports Association (IMSA) das Comeback des Namens IMSA GTP an. Das erinnert an die große Zeit der Sportwagen-Rennen in den 1980er-Jahren.

Nissan NPT-90 im IMSA-Einsatz. Auch der japanische Sportwagen trat in der IMSA GTP an.
Nissan gewann viermal die IMSA GTP. 1990 und 1991 kam der Nissan NPT-90 zum Einsatz. (Foto: Webster – Archiv Fabian P. Wiedl)

Langstrecken-Fans sind sich sicher, der Sportwagensport steht vor großen Zeiten. Denn die Neufassung des Regelwerks lockt gerade zahlreiche Hersteller auf die Langstrecke. Mit Porsche (19), Audi (13 Siege), Ferrari (10 Siege), Peugeot (2 Siege) und BMW (1 Sieg) kehren dabei Marken zu den Sportwagen zurück, die bei den 24 Stunden von Le Mans bisher 45 Siege für sich verbuchen können. Da fehlen nur noch Ford, Mercedes-Benz und Jaguar. Die Rückkehrer können wählen, ob sie mit einem Le-Mans-Hypercars (LMH) oder einem Le-Mans-Daytona-Hybrid/Hypercar-Boliden (LMDh) antreten.

Die LMH sehen neben reiner Renntechnik auch von Serienmodellen abgeleitete Rennwagen vor. Die LMDh basieren dagegen auf käuflichen LMP2-Rennwagen. Wie bislang bei den Daytona-Prototypen DPi bestücken die Hersteller sie mit einem eigenen Motor und passen die Karosserie an den Look der Marke an. Trotz dieser völlig unterschiedlichen Konzepte sollen beide Klassen auf der Strecke gleich schnell sein. Denn der Wunsch ist, dass bei den 24 Stunden-Rennen in Le Mans oder in Daytona Rennwagen beider Fahrzeugklassen um den Gesamtsieg kämpfen. Wenn das gelingt, wird es unwichtig für welche Fahrzeugklasse sich ein Hersteller letztlich entschied.

„When the flag drops, the bullshit stops!“

Erfahrungsgemäß strömt das Publikum an die Strecken oder hockt sich vor die TV-Bildschirme, wenn die Rennen spannend sind. Zwei unterschiedliche Klassen sind da unter Umständen störend.

Die International Motor Sports Association (IMSA) kündigte deshalb an diesem Wochenende an, beide Fahrzugklassen ab Anfang 2023 unter dem Oberbegriff IMSA GTP rennen zu lassen. Damit kehrt ebenfalls ein traditionsreicher Namen zurück. Schließlich traten die Sport-Prototypen der IMSA bereits von 1982 bis 1993 unter dem Namen IMSA GTP an.

Damals fuhren in Nordamerika Rennwagen, die technisch an ihre „Kollegen“ aus der Gruppe C erinnerten. Doch es gab drei wesentliche Unterschiede. Der Automobilsport-Weltverband FISA limitierte in seinen Regeln den Verbrauch. Das war damals in Europa politisch sinnvoll, gab dies doch dem Motorsport einen grünen Anstrich.

IMSA GTP Sieger von 1982 bis 1993:
  • 1982: John Paul Jr. – Lola T600 Cosworth (drei Läufe) und Porsche 935 JLP-3 (15 Läufe)
  • 1983: Al Holbert – March 83G
  • 1984: Randy Lanier – March 83G
  • 1985: Al Holbert – Porsche 962
  • 1986: Al Holbert – Porsche 962
  • 1987: Chip Robinson – Porsche 962
  • 1988: Geoff Brabham – Nissan GTP ZX-Turbo
  • 1989: Geoff Brabham – Nissan GTP ZX-Turbo
  • 1990: Geoff Brabham – Nissan GTP ZX-Turbo / Nissan NPT-90
  • 1991: Geoff Brabham – Nissan NPT-91
  • 1992: Juan Manuel Fangio II– Toyota Eagle MKIII

Zudem bremste das Limit – über die Distanz des Rennens – die Rennwagen im Sinne der Sicherheit auf der Strecke etwas ein. Doch diese Regeln bevorzugte die eher kleineren europäischen Rennmotoren. Traditionell dominieren großvolumige V8-Motoren den amerikanischen Motorsport. Die IMSA wusste, dass der Benzinkonsum der V8 über dem ihrer europäischen Gegenspieler lag. Deshalb verzichteten die Amerikaner in ihrem GTP-Reglement auf die restriktiven Verbrauchsvorschriften der Gruppe C.

Porsche 956 von Joest Racing bei einem Rennen in Brands Hatch
Ausgerechnet der erfolgreichste Gruppe-C-Bolide der ersten Jahre des neuen Gruppe-C-Reglements lies sich nicht in Amerika einsetzen. Der 956 entsprach nicht den Sicherheitsvorschriften der IMSA GTP. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Um die Leistung zu limitieren, legte sie fest, dass GTP-Motoren von Serienmotoren abstammen müssen. Das schloss den Einsatz reiner Renntechnik nach dem Muster des Ford Cosworth, der auch in der Gruppe C zum Einsatz kam, in Nordamerika aus. Aus Sicherheitsgründen mussten sich in den amerikanischen Rennwagen zudem die Füße des Fahrers hinter der Vorderachse befinden. Das verwehrte mit dem Porsche 956 ausgerechnet dem besten Rennwagen der frühen Gruppe-C-Jahre den Schritt nach Amerika.

Die IMSA integrierte die Prototypen in IMSA GT Championship!

Mit der GTP-Klasse ergänzte die IMSA ihre bestehende „IMSA GT Championship“ um eine neue Top-Klasse. Wobei der Namen GTP nicht neu war. Denn fand bereits 1976 für von IMSA und Le Mans Veranstalter ACO gemeinsam definierten Prototypen Verwendung. Die IMSA entstand auf Initiative von John Bishop, der seit den 1950er-Jahren im SCCA als Funktionär wirkte. Bishop war ab 1962 an der Organisation des US Grand Prix beteiligt und wirkte an der Gründung von TransAm und CanAm mit. 1969 legte Bishop alle SCCA-Ämter nieder, um mit Unterstützung von NASCAR-Chef Bill France Sr. die IMSA zu gründen.

Jean Rondeau baute mit dem Geld des Tapetenherstellers INALTERA den ersten eigenen Rennwagen. Er entstand nach dem Reglement der GTP, das ACO und IMSA gemeinsam entwarfen. Damit gilt der französische Rennwagen gilt als einer der Urväter der IMSA GTP (Foto: Tom Schwede)
Jean Rondeau baute mit dem Geld des Tapetenherstellers INALTERA den ersten eigenen Rennwagen. Er entstand nach dem Reglement der GTP, das ACO und IMSA gemeinsam entwarfen. Damit gilt der französische Rennwagen gilt als einer der Urväter der IMSA GTP (Foto: Tom Schwede)

Erste Rennen veranstaltete die IMSA in der Formel Vau und der Formel Ford. Ab 1971 schrieb die IMSA mit der „IMSA GT Championship“ eine eigene Meisterschaft aus. „GT“ stand dabei für „Grand Touring“. Zugelassen wurden Fahrzeuge, die den Regeln der Gruppen 2 und 4 des offiziellen FISA-Reglements entsprachen. Bei der IMSA fuhren sie in vier Klassen:

  • GTO für Gruppe 4-Fahrzeuge mit mehr als 2,5 Litern Hubraum.
  • GTU für Gruppe 4-Fahrzeuge unter 2,5 Litern Hubraum.
  • TO für Tourenwagen der Gruppe 2 mit mehr als 2,5 Litern Hubraum.
  • TU für Tourenwagen der Gruppe 2 mit weniger als 2,5 Litern Hubraum.

Die Buchstaben „O“ und „U“ standen dabei für „over“ (über) und „under“ (unter) 2,5 Litern Hubraum. Ab 1972 war die Zigarettenmarke Camel Hauptsponsor der Serie. Ein Jahr später übernahm die IMSA die Organisation der 12-Stunden von Sebring, die damit Aufnahme in den Kalender der „IMSA GT Championship“ fanden. Damit entstand ein Rennkalender mit einem spannenden Wechsel zwischen Langstrecken-Rennen (24, 12, oder 6 Stunden) und Sprint-Rennen (100, 150 oder 200 Meilen bzw. 1 Stunde)

1974 kaufte Bishop die TransAm-Serie. Da lag es nahe, die Tourenwagen jetzt dort rennen zu lassen. Die IMSA verzichtete in der GT Championship auf die Ausschreibung der Tourenwagen-Klassen. Etwa zeitgleich begann John Bishop sich regelmäßig mit den Verantwortlichen des Le Mans-Veranstalters ACO auszutauschen. Dabei entstand das Reglement der „Grand Touring Prototyps“ (GTP).

1976 trat ein Lancia Stratos in Le Mans an
Bei der GTP-Premiere 1976 trat auch ein Lancia Stratros bei den 24 Stunden von Le Mans in dieser Klasse an. Christine Dacremont und Lella Lombardi teilten sich das Cockpit. Das Damenteam kam auf Platz 20 ins Ziel. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

1976 brachten Inaltera (Rondeau) und Welter erste GTP nach Le Mans. Auch ein Lancia Stratos, der damals noch in keiner anderen FISA-Gruppe homologiert war, fuhr in Le Mans als GTP. Gleichzeitig schickte die NASCAR zwei Rennwagen nach Frankreich. Im Gegenzug lud Bishop die Inaltera LM im folgenden Jahr zu den 24 Stunden von Daytona ein. Es blieb ein einmaliges Gastspiel. Trotzdem brannte die Lunte jetzt. In Le Mans gingen n den kommenden Jahren regelmäßig Rennwagen der GTP-Klasse an den Start.

Die Gruppe 5 hieß in den USA IMSA GTX!

Schon 1977 traten nicht mehr alle Klassen bei allen IMSA-Rennen an. Auf dem Hallett Motor Racing Circuit fuhren beispielsweise nur die Rennwagen der kleinen GTU. Bei anderen Veranstaltungen gab es getrennte Rennen für GTO und GTU, die sich in der Distanz unterschieden. Damit reagierte die IMSA auf die steigende Performance der großen Klasse. Zudem stellte dies sicher, dass die IMSA den Fans an der Strecke einen bunten und spannenden Renntag bot. Die Zuschauer honorierten dies und strömten in Scharen an die Stecke. Dabei half auch, als die IMSA ihre Meisterschaft ein Jahr später um eine weitere Fahrzeugklasse erweiterte. Das Reglement der neuen Klasse GTX orientierte sich an der Gruppe 5, die die FISA bereits seit 1976 ausschrieb.

Die IMSA war pragmatisch. Auch nach der Zulassung der Prototypen ließ sie die zuvor GTX genannten Gruppe-5-Boliden einfach weiter rennen. Sie traten zusammen mit den GTP in einer Wertungsgruppe an. Besonders die Porsche 935, wie der von John Fitzpatrick eingesetzte Porsche, gehörten noch jahrelang zur Szene. (Foto: Webster – Archiv Fabian P. Wiedl)

Die FISA entschied ihre Klassenstruktur zu vereinfachen. Die Neuregelung trat im Januar 1982 in Kraft. Bei der Definition ihrer neuen Prototypen-Klasse Gruppe C orientierte sich die FISA an der GTP-Klasse von IMSA und ACO. Die US-Amerikaner lehnten die ergänzenden Benzinregeln der FISA ab. Auch der ACO zögerte, doch FISA-Präsident Jean-Marie Balestre setzte seine Landsleute unter Druck. Denn Balestre war auch Chef des französischen Landesverbands. Dieser drohte, das Rennen des ACO nicht international auszuschreiben. Die Drohung wirkte, der ACO lenkte ein und akzeptierte die Benzinregeln.

Gruppe C und IMSA GTP – zwei Seiten einer Medaille!

Mit den IMSA GTP ersetzte die IMSA ab 1982 die GTX-Boliden. Wobei anders als in Europa diese einfach weitergenutzt werden konnten. Besonders die Porsche 935 zählen noch über Jahre auch in der GTP zum Inventar. Womit die IMSA sich an dieser Stelle auch die FISA-Vorgabe, dass ein Prototyp genau ein Meter hoch sein muss, ignorierte. Ford schickte deshalb das Team Zakspeed USA mit dem Ford Mustang Turbo in die IMSA GTP-Serie. Bei diesem Rennwagen handelte es sich im Kern um einen Super Capri aus der Gruppe 5, der zuvor die DRM aufmischte.

Bei den GTO und GTU blieb alles beim Alten. Wobei sich auch hier die Regeln immer stärker von den FISA-Regeln entfernten. Die Sicherheitsvorschriften zur Position der Fahrerfüße bei den IMSA GTP verwehrten ausgerechnet dem besten Prototypen der frühen Gruppe C einen Start in Nordamerika. Denn im Porsche 956 ragten die Füße der Piloten über die Vorderachse hinaus. Ohne den Sportwagen aus Zuffenhausen ging der erste Titel der IMSA GTP an John Paul Jr., der in der GTP-Klasse eigentlich den heute ebenso legendären Porsche 935 JLP-3 einsetzte. Zur Ehrenrettung der Prototypen sei erwähnt, dass Paul Jr. bei immerhin drei mit dem Prototyp Lola T600 Chevrolet antrat.

In den folgenden zwei Jahren sicherten sich Al Holbert und Randy Lanier, die beiden einen March 83G einsetzten, den IMSA-GTP-Titel. Es wirft rückblickend nicht das beste Licht auf die IMSA-Serie, dass mit Paul Jr. und Lanier zwei der ersten drei Titelträger den Motorsport mit Drogengeschäften finanzierten. 1985 stellte Porsche den Typ 962 vor. Im Nachfolger des 956 befinden sich die Pedale hinter der Vorderachse. Der neue Porsche war auch in der IMSA sofort das Maß der Dinge. Al Holbert (zwei) und Chip Robinson holten drei IMSA-Titel hintereinander nach Zuffenhausen.

Jaguar XJR-16 von 1991 beim Einsatz als IMSA GTP
1991 trat der Jaguar XJR-16 als IMSA GTP an. Mit vier Siegen war die Katze das erfolgreichste Auto dieses Jahres. Trotzdem ging der Titel nochmals an Nissan. (Foto: Webster – Archiv Fabian P. Wiedl)

1988 brach in der IMSA die Dominanz der japanischen Autobauer an. Geoff Brabham fuhr für Nissan viermal am Stück zum Titel. In den ersten Jahren steuerte der Australier den Nissan GTP ZX-Turbo mit einem Chassis von Lola. Ab 1990 wechselte der Sohn von Jack Brabham in den Nissan NPT-90, den Nissan in den USA selbst konstruierte. Aus Marketinggründen hieß auch dieser Prototyp in den Nennlisten zunächst GTP ZX-Turbo. Erst die Evolutionsstufe NPT-91 fand als offizieller Name Verwendung. 1992 und 1993 gewann Juan Manuel Fangio II den IMSA GTP-Titel. Der Neffe von Juan Manuel Fangio trat im Toyota Eagle MKIII an. Dieser Rennwagen stammte vom Team All American Racers der Rennsportlegende Dan Guerney.

Die großen Zeiten der IMSA GTP waren Ende 1993 vorbei!

Bis Anfang der 1990er-Jahre zeigte sich die IMSA GTP erstaunlich stabil. Neben Nissan und Toyota leistete sich auch Jaguar ein Werksprogramm. Zahlreiche private Teams fuhren Porsche. Mit einer „IMSA Lights“ genannten zweiten Prototypenklasse folgte Amerika ab 1985 dem Beispiel der FISA und bot auch ambitionierten Amateuren die Möglichkeit, vor großen Publikum zu fahren. Wobei die IMSA es wie keine andere Serie verstand, den Motorsport zu den Fans zu bringen. Die Rennen in den Straßen von Columbus (Ohio von 1985-88), Del Mar (Kalifornien 1987-92) oder Miami (1983-93) sind heute legendär.

Trotzdem ging am Ende alles sehr schnell. Weder Ford noch Chevrolet gelang es, mit ihren Prototypen an die Spitze zu fahren. Das lag auch daran, dass sie lange versuchten, mit Autos anzutreten, die an Serienfahrzeuge erinnerten. So lange die „Ausländer“ für Spannung sorgten, funktionierte die Serie. Doch Ende 1992 zogen sich Nissan und Jaguar zurück. An der Spitze „kämpfte“ jetzt Toyota gegen das private Joest Team, das mit dem Porsche 962 fast schon einen Oldtimer einsetzte. Kein Wunder, das Toyota zehn der elf Saisonrennen gewann. Die IMSA reagierte und erhob die World Sports Car (WSC) 1994 zur neuen Top-Klasse. Damit verschwand der Name IMSA GTP vorerst vom „Speiseplan“ des Rennkalenders. Anfang 2023 wird der traditionsreiche Name zurückkehren.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Nissan gewann viermal die IMSA GTP. 1990 und 1991 kam der Nissan NPT-90 zum Einsatz.

Foto: Archiv Fabian P. Wiedl

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Themen in diesem Artikel:

Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück. Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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