Rennsport-Geschichten

Männer, Ideen und Motoren – Wie die Formel 1 die Turbos 1988 abschaffte

Geschichte wiederholt sich. Oder auch nicht. Vor 25 Jahren endete, wie in der Gegenwart, in der Formel 1 eine Ära. Ende 1988 wurden die teuren und oft unzuverlässigen Turbomotoren verboten. An ihre Stelle traten die günstigeren Saugmotoren. Das lockte nicht nur die großen Firmen. Wir blicken in den kommenden vier Tagen zurück auf die Jahre 1989 und 1990 als sich nicht nur etablierte Motorenbauer in der Formel 1 versuchten.

Die Turbomotoren hatten sich ab 1977 langsam in die Formel 1 eingeschlichen. Renault machte den Anfang. Ein Jahr benötigten die Franzosen bis zum ersten Erfolg. Dann war der Damm gebrochen. Die Teams wechselten reihenweise ins Turbolager. 1983 gewann letztmals ein Saugmotor ein Rennen. Im gleichen Jahr wurde Nelson Piquet mit dem Brabham-BMW erster Turbo-Weltmeister.

Zwei Jahre später traten alle Teams mit Turbomotoren an. Doch das Wettrüsten war aberwitzig. BMW entlockte den Vierzylinder weit mehr als 1.000 PS. Reihenweise gingen die Triebwerke hoch. Gleichzeitig explodierten auch die Kosten. Die FIA reagierte. Zunächst wurde die Benzinmenge, die ein Fahrzeug im Rennen verbrauchen durfte, reduziert.

Ab 1987 wurde der Abschied vom Turbo eingeleitet

Zunächst wurde der Ladedruck der Turbos auf 4,0 bar limitiert. Gleichzeitig durften die Sauger mit 3,5 statt zuvor 3,0 Litern Hubraum in der Formel 1 antreten. Schon das lockte mit Leyton House March, Larrousse Calmels und Coloni sofort drei neue Teams in die Königsklasse des Motorsports. Zudem stellten AGS und das Traditionsteam von Ken Tyrrell auf Saugmotoren um. Alle „Saugervertreter“ vertrauten auf den bewährten V8-Motor von Cosworth, der von unterschiedlichen Tunern vorbereitet wurde.

Ferrari 035 V12 von 1989
Als der Turbo verboten wurde, kehrte bei Ferrari der V12 zurück. Ferrari 035 von 1989 (Foto: Arnaud)

Ein Jahr später – zum Turbo-Finale – reduzierte die FIA den Ladedruck auf 2,5 bar. Bei Judd gab es einen weiteren Achtzylinder-Sauger zu kaufen, den Williams, March und Ligier einsetzten. Cosworth gewann mit Benetton und Minardi sowie den Neueinsteigern Rial, EuroBrun und BMS Scuderia Italia weitere Kunden. Nur noch McLaren, Lotus (beide Honda), Arrows (Megatron = BMW), Osella (Alfa Romeo) und Zakspeed vertrauten auf Turbomotoren.

Ende 1988 rollen die Turbos ins Museum

Mit dem vollständigen Turboverbot mussten alle Teams auf Saugmotoren wechseln. Für Honda, Ferrari und Renault war die Umstellung der Motoren kein Problem. Sie hatten den Vorlauf von zwei Jahren genutzt und jetzt die passenden Motoren für die neue Ära fertig.
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Ferrari vertraute traditionell auf einen Zwölfzylinder. Renault und Honda hatten sich für zehn Zylinder entschieden. Bei Cosworth entstand – zunächst exklusiv für Benetton – ein neuer Achtzylinder, der konsequent für das Hubraumlimit von 3,5 Litern konstruiert wurde.

Mit Lamborghini und Yamaha stießen zudem zwei neue Motorenhersteller in die Formel 1 vor. Bei Lamborghini war Ferrari-Legende Mauro Forghieri für die Entwicklung des Motors verantwortlich. Kaum verwunderlich, dass auch bei Lamborghini ein V12 entstand.

Der Yamaha-Motor wurde vom deutschen Zakspeed-Team eingesetzt. Mit rund 580 PS, die der Achtzylindermotor zur Verfügung stellte, galt der Motor als das schwächste Triebwerk der Saison 1989.[/two_columns_one]
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Die Formel 1 Sauger 1989:

  • Honda – V10 bei McLaren (684 PS)
  • Renault – V10 bei Williams (670 PS)
  • Ferrari – V12 bei Ferrari (669 PS)
  • Ford-Cosworth DFR – V8 mit 90° bei Tyrrell, Arrows, Osella, Benetton (bis Kanada), BMS Scuderia Italia, Minardi, Liger, Coloni, Onyx, Rial, AGS (590 PS bis 629 PS). Benetton hatte Werksmotoren, die anderen Teams Kundenmotoren von Langford & Peck (Tyrrell), Novamotor (Coloni) bzw. Heini Mader Racing Components
  • Ford-Cosworth HB – V8 75° Benetton (640 PS)
  • Judd – V8 bei Lotus, Leyton House March, EuroBrun (608 PS)
  • Lamborghini – V12 bei Larrousse (620 PS)
  • Yamaha – V8 bei Zakspeed (580 PS)

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Der Yamaha-Motor war mit einem Fünf-Ventil-Zylinderkopf eine anspruchsvolle Konstruktion. Trotzdem wirkte das Yamaha-Engagement immer etwas halbherzig.

Yamaha OX88
Der Yamaha OX88, den 1989 Zakspeed einsetzte. (Foto: Morio)

An der Spitze der Leistungspyramide stand mit Honda ein anderes japanisches Unternehmen, wo die Formel 1 traditionell generalstabsmäßig angegangen wurde. Mit Erfolg, denn McLaren gewann zehn der 16 Saisonläufe, sicherte sich sogar bei 15 Rennen den besten Startplatz. Weltmeister wurde – nach der Schande von Suzuka, als die FIA Aytron Senna disqualifizierte – Alain Prost im McLaren-Honda.

Der Zustrom macht eine Vorqualifikation notwendig

Schon 1988 brachten die 18 Teams 31 Rennwagen an den Start – damals konnten die Teams auch mit nur einem Auto antreten. Die neuen Motoren, die eigentlich die alten waren, lockte mit Onyx und dem Rückkehrer Brabham zwei weitere Teams in die Königsklasse des Motorsports. Damit wollten bis zu 39 Fahrzeuge an den Grand Prix teilnehmen. Wie im Vorjahr reduzierte die FIA mit einer Vorqualifikation die Teilnehmerzahl auf 30 Starter, die anschließend an der offiziellen Qualifikation teilnehmen durften.

Zu Saisonbeginn zwang die FIA die Neueinsteiger und die schlechtesten Teams der Vorsaison in die Vorqualifikation. Am Freitagmorgen mussten daher beide Piloten von Brabham, Osella, Zakspeed und Onyx sowie jeweils ein Fahrer von Rial, EuroBrun, Larrousse, Coloni und AGS ausrücken, um sich für das reguläre Training zu qualifizieren. Wer dabei scheiterte, hatte bereits am Freitagmorgen für den Rest des Wochenendes frei. Das deutsche Zakspeed-Team überstand mit Bernd Schneider nur zweimal den Sprung ins Hauptfeld. Der zweite Pilot des Teams, der Japaner Aguri Suzuki schied bei allen 16 Versuchen bereits in der Vorqualifikation aus.

Rial, das zweite deutsche Team, profitierte im Saisonverlauf von einem vierten Platz, den Christian Danner in den USA herausfuhr. Zur Saisonhalbzeit durfte Rial deshalb mit beiden Autos als gesetztes Team an der regulären Qualifikation teilnehmen. Doch das Team entwickelte das eigene Fahrzeug nicht weiter. Dadurch verlor Rial völlig den Anschluss. Selbst ohne die Last der Vorqualifikation nahm schon ab dem achten von sechszehn Saisonrennen kein Rial mehr am Rennen teil.

Da war noch Luft nach unten!

Kein Wunder, dass sich beide deutschen Teams 1990 vor Saisonbeginn aus der Formel 1 zurückzogen. Doch mit Life betrat auch ein neuer Rennstall die Bühne. Das machte weiterhin eine Vorqualifikation notwendig. Mit Larousse, AGS, EuroBrun, Osella, Coloni sowie Neueinsteiger Life mussten drei Teams in die Vorqualifikation, die im Vorjahr noch mit dem Ford Cosworth unterwegs waren. Denn nur Larousse und EuroBrun hatten aus diesem Kreis schon 1989 auf Lamborghini und Judd statt des Klassikers gesetzt.

Vielleicht war es genau dieser Umstand, der die Teams für die Zusammenarbeit mit neuen Motorenherstellern öffnete. Denn auf der Suche nach dem entscheidenden Vorteil sicherten sich Life und Coloni den Zugriff auf zwei neue Zwölfzylindermotoren. Klang zunächst vielversprechend, erwies sich jedoch in beiden Fällen als Rohrkrepierer. Genauso wie ein weiterer Zwölfzylinder, den selbst das AGS-Team von Henri Julien als zu schlecht aussortierte.

Lesen Sie morgen im zweiten Teil dieser Serie, wie Carlo Chiti es noch einmal in der Formel 1 versucht.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!