Auto-Erinnerungen

7. April 1968 – 12:39 Uhr – Jim Clark stirbt in Hockenheim!

Heute vor 50 Jahren verunglückte in Hockenheim Jim Clark tödlich. Der Schotte gilt bis in die Gegenwart als einer der besten Rennfahrer aller Zeiten. Denn der Ausnahmekönner sicherte sich in nur 72 Formel-1-Rennen 25 Grand-Prix-Siege, 33 Trainingsbestzeiten, 28 schnellste Runden und zwei WM-Titel.

Für die heutige Generation, die vor allem die Karrieren von Piloten wie Michael Schumacher, Sebastian Vettel oder Lewis Hamilton kennt, klingen diese Zahlen wahrscheinlich nicht beeindruckend. Trotzdem sollte niemand über die Karriere des Schotten lächeln. Denn Jim Clark fuhr in der Formel-1-Weltmeisterschaft als zum WM-Kalender teilweise nur acht Läufe pro Jahr gehörten. Zudem waren die Motoren und die Rennwagen damals nicht so „perfekt“ wie heute. Deshalb fielen die Piloten viel öfter als heute mit technischen Defekten aus. Um zu verstehen, warum Jim Clark der beste Pilot (seiner Zeit) war, reicht ein Blick auf die Jahre, die Jim Clark mit einem Titelgewinn abschloss.

Jim Clark siegte nicht – Jim Clark dominierte

In den Jahren 1963 und 1965 dominierte der Lotus-Pilot die Weltmeisterschaft. 1963 führte Jim Clark in 71,47% der Rennrunden der gesamten Saison der Automobil-Weltmeisterschaft! Der Schotte gewann sieben der zehn Saisonläufe. Bei zwei weiteren Rennen stand Clark auf dem Podium. Nur beim Saisonauftakt in Monaco fiel Clark – in Führung liegend – aus, wurde aufgrund der zurückgelegten Distanz jedoch noch als Achter bewertet. Die Dominanz des Schotten unterstrichen auch die Rundenzeiten. Denn in die WM-Rennen 1963 ging Jim Clark siebenmal vom besten Startplatz und drehte sechsmal die schnellste Rennrunde.

Zwei Jahre später sah es ähnlich aus. Jim Clark fuhr mit sechs Siegen zu seinem zweiten WM-Titel. Sechs Starts vom besten Startplatz und sechs schnellste Rennrunden unterstrichen erneut die Überlegenheit des Schotten. Wobei Clark 1965 sogar nur bei neun der zehn WM-Läufe antrat. Denn auf den Saisonauftakt in Monaco verzichteten Clark und sein Arbeitgeber Lotus. Sie fuhren am gleichen Wochenende lieber in Indianapolis ums ganz große Geld. Selbstredend gewann Clark 1965 auch das Great-American-Race im Nudeltopf von Indianapolis.

Jim Clark beeindruckt die Szene von Anfang an

Bereits kurz nach dem Ablegen der Führerscheinprüfung trat Clark mit einem Sunbeam-Talbot bei lokalen Rallyes und Bergrennen an. Zunächst fuhr der Sohn eines erfolgreichen Schafzüchters nur, um etwas Spaß mit Freunden zu haben. Doch das Talent des Schotten sprach sich in der lokalen Rennszene schnell herum. Mit 20 Jahren startete Clark am Lenkrad einer DKW Sonderklasse erstmals auf der Rundstrecke. Damit war der „Point of no Return“ erreicht. Auf den DKW folgten schnell Rennwagen von Porsche,  Jaguar und Lotus. Schon mit 22 Jahren gewann Clark 1958 in einem Jaguar D-Type der Renngemeinschaft Border Reivers die „Scottish Speed Championship“.

Jim Clark, 1963 beim Grand Prix in Zandvoort
Jim Clark, 1963 beim Grand Prix in Zandvoort – Foto: Harry Pot

Bei einem Rennen in Brand Hatch trat Clark am zweiten Weihnachtstag 1958 mit einem Lotus Elite an. Bei diesem Event lernte der Schotte Colin Chapman kennen. Chapman war vom Können des Schotten sofort beeindruckt. Der Lotus-Chef erkannte das Talent des Ausnahmekönners und bot Clark sofort ein Cockpit an. Doch der Schotte war noch ein Jahr vertraglich an Border Reivers gebunden. Statt mit einem Werkswagen tratt Clark daher 1959 in einem Lotus Elite Mk. 14 von Border Reivers in Le Mans an. Dabei teilte der Schotte sich das Cockpit mit Sir John Whitmore. Das Nachwuchsduo kam als Zehnte ins Ziel.

Zum Ende des Jahres startete Jim Clark in Brand Hatch erstmals im Monoposto. Der Test mit dem Gemini-B.M.C. war auch die Vorbereitung für das Abenteuer Lotus-Werksfahrer, in das Clark Anfang 1960 startete. Der Wechsel der Fahrzeugklasse funktionierte sofort. Denn Clark gewann im März mit einem Formel Junior in Goodwood bereits sein erstes Rennen für Lotus. Dabei verwies Clark unter anderem den großen John Surtees, der als amtierender Motorrad-Weltmeister in der Formel Junior seinen Umstieg ins Auto begann, auf Platz zwei. Vermutlich ahnte von den Anwesenden an diesem Tag niemand, dass hier gerade zwei der besten Rennfahrer der 1960er-Jahre am Lenkrad drehen.

Noch 1960 wurde Jim Clark Grand Prix-Pilot

Im Juni 1960 feierte Jim Clark beim Großen Preis der Niederlande in Zandvoort sein Formel-1-Debüt. Der Schotte ging vom elften Startplatz ins Rennen und fiel gegen Mitte des Renns mit einem Schaden an der Kraftübertragung aus. Doch schon beim zweiten Versuch, 14 Tage später in Spa-Francorchamps, sicherte sich Clark als Fünfter zwei WM-Punkte. Kurz danach fuhr der Neueinsteiger beim Grand Prix von Portugal erstmals auf das Podest. Es war erst das fünfte Rennen des Schotten in der Königsklasse des Motorsports. Spätestens jetzt wusste jeder, dass hier ein Pilot der Extraklasse unterwegs ist.

Schon 1962 gewann Jim Clark beim Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps seinen ersten Grand Prix. Bis zu diesem ersten Formel 1-Sieg benötigte Clark gerade einmal 17 Rennen in der Königsklasse. Der Erfolg in Spa war der Start einer bemerkenswerten Serie. Denn bis zum Unfall 1968 folgten weitere 24 Siege bei WM-Läufen. Dazu sicherte sich Jim Clark 33 Trainingsbestzeiten und 28 schnellste Runden. 13-mal gelang dem Schotten der Hattrick aus Pole Position, Sieg und schnellster Rennrunde. Michael Schumacher gelang dieses Kunststück später zwar 22 Mal, doch der Deutsche benötigte dafür rund die dreifache Anzahl von Starts.

Zusammen mit den Erfolgen bei Formel-1-Rennen ohne WM-Prädikat gewann Jim Clark mehr als 50 Grand Prix. Als Allrounder griff der Schotte zudem auch in Indianapolis sowie regelmäßig in Sport- und Tourenwagen von Lotus ins Lenkrad. Clark konnte sich wie kaum ein Anderer auf die unterschiedlichsten Fahrzeuge einstellen. Der Schotte war mit jedem Auto schnell. Dabei half dem Schotten auch sein schonender Fahrstil, der perfekt zu den teilweise zerbrechlichen Autos der 1960er-Jahre paßte. Typisch für Jim Clark war, sich am Anfang des Rennens mit schnellen Runden vom Feld abzusetzen, um dann das Rennen zu verwalten. Eine Technik, die später auch Alain Prost gern nutzte.

Lotus heißt fragile Technik!

Bald war allen klar, wenn Jimmy will UND die Technik hält, dann ist der Schotte nicht zu schlagen. Legendär ist sein Auftritt 1962 beim 1.000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring. Im Eifelregen dominierte Clark mit dem kleinen Lotus 23 das Rennen. Obwohl der Lotus nur über eine Leistung von 110 PS verfügte, setzte sich der Schotte im Feld von Sportwagen wie dem Maserati Tipo 61 „Birdcage“ oder dem 390PS starken Ferrari 330 GTO an die Spitze. Ein gebrochener Auspuff riß Clark schließlich aus dem Rennen und ließ die großartige Fahrt, von der Augenzeugen noch heute schwärmen, ohne den verdienten Lohn.

Dieses Schicksal ereilte Jim Clark auch bei anderen Rennen. Denn die Rennwagen von Lotus waren genauso zerbrechlich wie schnell. Trotzdem hielt Clark, den mit Lotus-Chef Colin Chapman eine enge Freundschaft verband, dem Team die Treue. Daran änderte sich auch nichts, als das Team 1966 nach der Erweiterung des Hubraums auf drei Liter ohne passenden Motor dastand. Denn Clark wußte früh, dass Chapman Ford-Manager Walter Hayes dazu brachte, bei Cosworth den ultimativen Rennmotor zu bestellen.

Jim Clark gewann 1967 den Großen Preis der Niederlande
Jim Clark gewann 1967 den Großen Preis der Niederlande. Das Foto zeigt, wie sich Clark in der Anfangsphase des Rennens von Jo Siffert, Jack Brabham und Jackie Stewart absetzte. Foto: Nationaal Archief, Den Haag, Rijksfotoarchief: Fotocollectie Algemeen Nederlands Fotopersbureau (ANEFO), 1945-1989 – negatiefstroken zwart/wit, nummer toegang 2.24.01.05, bestanddeelnummer 920-3784

Lohn des Vertrauen war, dass Jim Clark beim Grand Prix der Niederlande 1967 den ersten Sieg mit dem damals neuen Ford Cosworth DFV einfuhr. Bis zum Saisonende folgten drei weitere Erfolge – niemand gewann 1967 mehr Formel-1-Rennen. Trotzdem wurde Clark hinter den Brabham-Repco-Piloten Denis Hulme und Jack Brabham nur Dritter in der Fahrer-Weltmeisterschaft. Alle waren sich sicher, in dieser Form wird Clark 1968 zum dritten WM-Titel fahren. Der Schotte startete als haushoher Favorit in die Saison und gewann auch den Saisonauftakt in Südafrika.

1968 sollte der dritte Titel her – doch es kam anders!

Denn schon im April 1968 beendete ein Ausflug in die Formel 2 die Karriere des Schotten viel zu früh. Eigentlich wollte Clark an diesem Wochenende gar nicht in Hockenheim fahren. Doch Sponsor Gold Leaf drängte auf einen Einsatz des Schotten, der schließlich nachgab. Dabei mochte Clark den Lotus 48 nicht besonders. Schon das Training lief nicht gut. Clark parkte seinen Lotus zweimal vorzeitig mit Motorschaden und qualifizierte den Lotus schließlich auf dem siebten Startplatz.

Am Vorabend des Rennens trat Jim Clark zusammen mit Kurt Ahrens im Aktuellen Sportstudio des ZDF auf. Auf der Rückfahrt gab es ein Problem mit dem Mercedes mit dem Eckhard Schimpf die Rennfahrer von Mainz nach Hockenheim bringt. Erst gegen 2:30 Uhr war das Trio wieder im Hotel. Gut zehn Stunden später verunglückte Jim Clark tödlich. Denn um 12:39 kam der Schott auf der Anfahrt zur damaligen Ostkurve von der Fahrbahn ab. Der Lotus zerschellte im Wald von Hockenheim. Jim Clark starb auf der Stelle.

Über die Unfallursache gibt es viele Spekulationen. Denn Clark fuhr alleine ohne Kontrahenten in der Nähe auf die Ostkurve zu. An der Strecke gab es an dieser Stelle keine Zuschauer. Nur zwei Streckenposten standen in diesem Bereich. Vermutlich riß ein Reifenschaden Clark aus dem Leben. Denn bei der Untersuchung des Wracks fanden Experten einen Schnitt in der Lauffläche des rechten Hinterreifens. Trotzdem blieb die genaue Unfallursache ungeklärt. Auch ein Aufhängungsbruch, ein Lenkungsdefekt oder Aquaplaning gelten als mögliche Ursachen des Unglücks.

Der Unfall schockte die Szene. Die Anteilnahme am Unglück war groß. Chris Amon, der ebenfalls beim Unglücksrennen in Hockenheim am Start war, sagte nach dem Rennen: „Wenn es Jimmy erwischt, dann ist keiner von uns sicher.“ Altmeister Juan Manuel Fangio schrieb in einem Nachruf: „Er war besser als ich.“ Bis zu seinem Tod 1995 wiederholte Fango regelmäßig, dass Jim Clark der mit Abstand größte Fahrer aller Zeiten sei. Dem ist nichts hinzuzufügen!


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Jim Clark, 1963 beim Grand Prix in Zandvoort – Foto: Harry Pot

 Foto: Harry Pot

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!