Fahrberichte: Volkswagen

Test: Wie fährt sich der VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid (2017)?

Ich war mit dem VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid des Modelljahrs 2017 auf Probefahrt. Dabei habe ich ausprobiert, wie sich das lokale emissionsfreie Fahren anfühlt und welche Reichweite möglich ist.

Die ersten Plug-In-Hybrid hatten eins gemeinsam, sie waren nur mit Karosserien zu bekommen, die das teilweise elektrische Fahren zur Glaubensfrage machten. Denn mit einem Toyota Prius oder dem – in Deutschland jedoch offiziell nicht verfügbaren – Honda Insight trug der Hybrid-Fahrer sein Antriebskonzept wie ein Mantra vor sich her. Seht her‘ ich kann auch elektrisch. Doch das ist nicht jedermanns Fall. Ich will kein Missionar sein, der den Rest der Welt von den Vorzügen der Elektromobilität überzeugt.

Gleichzeitig wurde den deutschen Herstellern vorgeworfen, die Technik verschlafen zu haben. Dabei bot die VW-Tochter Audi bereits 1994 – und damit deutlich vor Toyota – den Audi 80 duo an. Doch die Nachfrage war bescheiden. Drei Jahre später floppte auch der zweite Versuch, der A4 duo. Der Volkswagen-Konzern nahm daher an, dass ein Markt für Hybridfahrzeuge nicht vorhanden sei. Inzwischen wissen wir, dass damals nur die Zeit noch nicht reif war.

Deshalb verkauft inzwischen auch bei Europas größter Autobauer wieder Hybrid-Fahrzeuge. Schon beim Passat GTE, dessen Fahrbericht ich vor gut zwei Jahren schrieb, lobte ich, dass sich der hybride Volkswagen optisch kaum von seinen konventionell angetriebenen Brüdern unterscheidet. Ich nannte den Passat GTE daher den Plug-In-Hybrid für stille Genießer, weil man mit ihm elektrisch fahren kann, ohne den Missionar rauszuhängen.

Auch der Golf GTE ist ein Plug-In-Hybrid für Genießer!

Dieses Urteil gilt uneingeschränkt auch für den Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid. Außenstehende müssen schon sehr genau hinsehen, um zu erkennen, was für ein Golf gerade vor ihnen steht. Das blaue Label GTE im Kühlergrill und an der Seite des Fahrzeugs sind Details, die auf die besonderen Fähigkeiten dieses Golf verweisen. Im Innenraum gibt es am Lenkrad und in den Sitzbezügen blaue Nähte.

Diese Optik kennen Golf-Freunde vom GTI, wo diese Elemente rot eingefärbt sind. Tatsächlich nimmt der GTE immer wieder Bezug auf den traditionsreichen Bruder. Im Hybrid-Modus verfügen der Verbrenner und der Elektromotor zusammen über eine Systemleistung von 204 PS (150 kW) und ein Drehmoment von 350 Newtonmetern. Auf Wunsch heißt es also auch im Golf „GTI + Formel e = GTE“. Doch der wahre Reiz des GTE liegt darin, reinelektrisch fahren zu können.

Der erste Versuch: unterwegs als Energiesparer, der die Reichweite maximiert.

Das habe ich jetzt ausführlich ausprobiert. Rund 250 Kilometer habe ich mit dem Hybrid-Golf zurückgelegt, um mein Urteil zubilden. Den Schwerpunkt meines Tests lege ich auf die Frage, wie sich der Fahrstil auf den Stromverbrauch und damit die Reichweite auswirkt. Im ersten Teil meiner Testfahrt bemühe ich mich daher, besonders sparsam zu fahren. Beim Start ist der 8,7 kWh große Akku des Golf vollständig geladen, die Ladeanzeige steht bei 100 Prozent.

Fahren mit Strom: VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid
Unterwegs im VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid – Fahren mit Strom, die Reichweite (unten links) im Blick

Trotzdem zeigt das neue digitale Kombiinstrument, bei VW heißt das Active Info Display, „nur“ eine Reichweite von 42 Kilometern an. Der Grund ist einfach. Ich habe kein jungfräuliches Auto übernommen. Vor mir war der Kollege Benjamin mit dem Hybrid-Golf unterwegs. Dessen Fahrstil fließt in die Schätzung ein. Zudem läuft wegen des warmen Frühlingstags auch die Klimaanlage. Alles zusammen schlägt offensichtlich auf die erwartete Reichweite.

Für mich ist die Vorhersage des Systems Ansporn, die Prognose zu übertreffen. Ich setze den Golf in Bewegung, beim Anfahren nutzt der Golf GTE grundsätzlich seinen Elektroantrieb. Mit einem Drucktaster auf der Mittelkonsole aktiviere ich den „E-Mode“. Ich bestätige die Auswahl auf dem großen Display auf dem Armaturenbrett, das jetzt auch auf Gestensteuerung reagiert. Nun weiß der Golf, dass ich rein elektrisch fahren möchte.

Die ersten Minuten schwimme ich einfach im Verkehr mit

Dabei habe ich nicht das Gefühl, das mir etwas fehlt. Mir fällt auf, wie leise der hybride Golf im Elektrobetrieb ist. Zu hören sind die Abrollgeräusche der Reifen, dazu gibt es ein paar Windgeräusche. Dem Petrolhead in mir fehlt der Verbrenner-Sound. Aber ich weiß, dass ich ein Auslaufmodell bin. Die Zukunft ist elektrisch. Dieser Golf verbindet demnach mit der Kraft seiner zwei Antriebe die Gegenwart mit der Zukunft.

Fast zum Ausgleich punktet der Golf mit seiner Normalität. Denn im Innenraum ist trotz des zusätzlichen Elektromotors unter der Motorhaube alles gewohnt vertraut. Das Active Info Display erinnert mich, dass ich elektrisch unterwegs bin. Denn das Display im Armaturenbrett gibt auch Auskunft über den Energiehaushalt des GTE. Zudem verfügt es dort, wo üblicherweise der Drehzahlmesser sitzt, eine Anzeige dazu, wie viel Kraft ich gerade dem System abverlange.

Ich achte darauf, dass der virtuelle Zeiger nicht über die 75 Prozent Marke hinauseilt. Schnell habe ich mich an die drei Zustände des Fahrens – „Vortrieb“, „Rollen“ und „Rekuperation“ – im Golf GTE gewöhnt. In den beiden ersten Fällen ist fast alles wie immer. Um Strom zu sparen, nutze ich die Technik des Sägezahn-Fahrens. Nach dem Beschleunigen lasse ich den Golf so viel es geht ohne Antrieb rollen, um Strom zu sparen.

Rekuperation statt Bremsen!

Muss ich bremsen, lasse ich den Elektromotor als Generator arbeiten. Wer normalerweise bremst, der wandelt Bewegungsenergie in Wärme um. Das Elektroauto erzeugt stattdessen Strom, den der Golf GTE in den Akkus speichert, um ihn später wieder in Bewegungsenergie umzuwandeln. Schnell habe ich raus, dass ich den Effekt maximieren kann, wenn ich im serienmäßigen Doppelkupplungsgetriebe des GTE manuell einen großen Gang aktiviere, wenn ich verzögern will. Das maximiert den Ladestrom und macht Bremsen fast unnötig.

Die Mühe lohnt sich, denn sie verlängert die Reichweite. Auf dem Weg feiere ich Erfolge, denn ich fahre vier Kilometer und die vom Computer ermittelte Reichweite sinkt in dieser Zeit nur um drei Kilometer. Am Ende lege ich mir dem Golf GTE fast 47 Kilometer zurück, bis die Batterie leer ist. Sofort springt der 1,4-Liter große TFSI-Benziner an, um den Golf mobil zu halten. Vermutlich hätte ich, mit noch etwas mehr Zurückhaltung im Gasfuß und mit dem Verzicht auf die Nutzung der Klimaanlage auch die Marke von 50 Kilometern Reichweite geknackt.

Nach dem Fahren kommt das Laden!

Die nächsten Kilometer lege ich mithilfe des 150 PS starken Benziners zurück. Der treibt jetzt übrigens nicht nur den Golf an, sondern sorgt auch dafür, dass der Generator die Akkus des Golf wieder auflädt. Mein Ziel ist, den Akku beim Fahren wieder vollständig zu laden, um den zweiten Teil des Versuchs starten zu können. An der Steckdose würde das mit 230 Volt Haushaltsstrom 3 ¾ Stunden dauern.

Auf der Straße dauert das nicht so lange. In weniger als einer Stunde lade ich den Akku – praktisch nebenbei – wieder auf. Gut sieben Liter pro 100 Kilometer konsumiert der Benziner dabei. Bei mir – denn Matthias Gill von ubi-testet.de hat im Lademodus des GTE einen Verbrauch von deutlich über acht Litern beobachtet. Trotzdem liegt das auch bei mir deutlich über den Werten, die ich kürzlich im Audi Q2 mit dem gleich großen Benzinmotor erzielte.

Von außen ein Golf: VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid
Der VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid ist von außen kaum von den normalen Golf zu unterscheiden.

Doch auch das Laden an der Streckdose hat seinen Preis. Eine kWh kostet zurzeit in Deutschland durchschnittlich 29,16 Cent. An der eigenen Ladesäule kostet die „Tankfüllung“ des Golf GTE also rund 2,50 Euro. Wobei auch das günstig ist. Denn an den öffentlichen Ladesäulen der großen Stromanbieter wird oft zu Minutenpreisen abgerechnet. Womit die Kosten einer elektrischen „Tankfüllung“ in der Regel noch etwas steigen, wie Focus Online kürzlich vorrechnete.

Als die Batterie geladen ist, fahre ich den GTE als Hybrid. Jetzt arbeiten beide Motoren zusammen. Dabei bezieht das Navigationssystem die vor dem Fahrzeug liegende Strecke und ihre Topografie in die Planung zur Steuerung der Motoren ein. Diesen prädiktiven Effizienzassistenten kenne ich vom Audi Q7. Doch das Sparen ist nur eine Seite der Medaille. Der GTE bezieht sich auf den GTI. Das wird auch bei den Fahrleistungen deutlich. Den Sprint auf Tempo 100 legt der GTE in 7,6 Sekunden hin. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei immerhin 222 km/h.

Der zweite Versuch: unterwegs als Sportfahrer, dem die Reichweite egal ist!

Nachdem der Akku wieder geladen ist, will ich den GTE im Elektromodus richtig fordern. Ich will herausfinden, welche Reichweite der hybride Golf schafft, wenn ich im Elektromodus als Sportfahrer unterwegs bin. Diesmal nehme ich auf die Reichweitenanzeige keine Rücksicht. Beim Beschleunigen halte ich die Power-Anzeige in der Nähe der 100-Prozent-Marke, um Akkus und Elektroantrieb maximal zu fordern. Mir fällt auf, dass sich der Elektroantrieb unter dieser Belastung mit einem hochfrequenten Pfeifen bemerkbar macht. Das habe ich vor, beim Versuch der Reichweite-Maximierung, nicht wahrgenommen.

Antriebseinheit des VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid
Die Antriebseinheit des VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid – links der Elektromotor, rechts der 1,4 TSI-Benziner

Einmal übertreibe ich es sogar, trotz des E-Mode springt der Verbrenner an. Offensichtlich habe ich dem System zu viel Leistung abverlangt. Ich beende das Intermezzo sofort und lupfe den Gasfuß etwas. Sofort legt sich der Benzinmotor wieder schlafen und überlässt den Elektromotor den Antrieb. Das funktioniert gut. Auf der Autobahn orientiere ich mich an der Richtgeschwindigkeit, überhole zahlreiche andere Verkehrsteilnehmer. Mit dieser beherzten Fahrweise schaffe ich reinelektrisch nur eine Reichweite noch knapp 25 Kilometern. Trotzdem bin ich beeindruckt!

Der VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid macht Lust auf mehr!

Ich habe den Golf in diesem Versuch wirklich gefordert. Der Vergleich der beiden Teile meiner Fahrt zeigt, wie groß der Einfluss der Fahrweise auf den Verbrauch und die Reichweite ist. Denn auch beim Elektromotor gilt, dass hauptsächlich der Gasfuß den Verbrauch bestimmt. Unabhängig davon bin ich am Ende der Probefahrt mit dem VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid nachdenklich. So schlimm, wie ich immer dachte, hat sich die Zukunft gar nicht angefühlt.

Vielleicht sollte ich noch einen Schritt weiter gehen und den e-Golf ausprobieren. Denn es wäre wirklich spannend auszuprobieren, wie sich der Golf mit Elektroantrieb in unserem Pendlertest schlägt und welche Reichweite im Alltag möglich ist.

Daten zum Testwagen:

  • Typ: VW Golf GTE 1.4 Plug-In-Hybrid
  • Grundpreis: 36.900 Euro (4/2017)
  • Motor: 4-Zylinder-Turbo-Ottomotor & E-Motor
  • Emissionsklasse: Euro 6 W
  • Effizienz-Label: A+
  • Getriebe: 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
  • Hubraum: 1.395 ccm
  • max. Leistung: 150 PS bei 5.000 – 6.000 bei 1/min (Benzin)
    102 PS / 2.500 bei 1/min (Elektro)
    Systemleistung 204 PS
  • max. Drehmoment: 200 Nm / 1.500 bis 3.500 1/min (Benzin)
    Systemdrehmoment 350 Newtonmeter
  • Höchstgeschwindigkeit: 222 km/h

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!