Rennsport-Geschichten

Endlich in meiner Sammlung: Ein Foto vom Einsatz des Rover-B.R.M. in Le Mans

Ich suchte lange nach einem Foto des Rover-B.R.M., der 1965 in Le Mans antrat. Jetzt konnte ich endlich meine Sammlung vervollständigen.

Rover-B.R.M. Pressefoto
Mit diesem Pressebild erinnerte die Jaguar Rover Triumph Ltd. in den 1970er-Jahren an den Le Mans Einsatz des Rover-B.R.M. von 1965. (Foto: Jaguar Rover Triumph Ltd.)

Wer regelmäßig dieses Blog verfolgt, kennt mein Interesse an der Gasturbine. Die Idee, ein Auto dem Triebwerk eines Hubschraubers anzutreiben, ist – aus heutiger Sicht – genauso schräg wie liebenswert. Weil ich das Thema spannend finde, sammle ich zeitgenössische Fotos und Berichte zur Gasturbiene. Dank ihrer Hilfe entstanden im Laufe der Zeit über fast alle Autos, die eine Gasturbine antrieb, hier im Blog Artikel.

Wobei die Turbine ein überschaubares Sammelgebiet ist. Denn Turbinen standen nur eine vergleichsweise kurze Zeitspanne im Blickpunkt der Autoentwickler. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren Turbinen klein und leicht genug, um sie auch im Auto einzusetzen. Der britische Autobauer Rover machte den Anfang. Am 14. März 1950 drehte der von einer Turbine angetriebene Rover JET 1 seine ersten öffentlichen Runden.

Rover T3 statt Rover-B.R.M.
Rover baute mehrere Fahrzeuge mit Gasturbine. Doch statt auf die Straße schafften die es mit dem Rover-B.R.M. nur auf den Rennstrecke – immerhin.

Trotz des Namens „Jet“ übernahm auch in diesem Rover eine Wellenturbine den Vortrieb. Die Entwickler verbanden die Welle der Turbine über eine Kupplung mit der Kardanwelle eines Spenderchassis. Was im Fall des „Jet 1“ ein Rover P4 war. Später bauten auch Fiat, die SOCEMA GRÉGOIRE und Chrysler ähnliche Prototypen und Versuchsfahrzeuge. Ford bestückte einen Lkw mit einer Turbine. Zum Serienmodell stieg keines dieser Fahrzeuge auf.

Aber auf die Rennstrecke schaffte es die Turbine!

Im Motorsport kamen die Hersteller etwas weiter. Wobei wieder Rover der „Early Adopter“ war. Denn schon 1963 nahm der britische Autobauer mit einem Experimentalfahrzeug an den 24 Stunden von Le Mans teil. Wobei den Einsatz des Rennwagens das Formel 1-Team B.R.M. stemmte. Das konnte sich ein Jahr zuvor immerhin den WM-Titel sichern. Womit eines der erfolgreichsten Motorsport-Teams dieser Jahre an dem Projekt Rover-B.R.M. mitwirkte.

In der Theorie war der Einsatz einer Turbine als Motor eine gute Idee. Denn eine Turbine bietet ein attraktives Leistungsgewicht. Sie benötigt weniger Eigengewicht, um die gleiche Leistung wie ein Hubkolbenmotor zu produzieren. Das versprach gerade im Motorsport Vorteile. Tatsächlich schlugen sich die B.R.M.-Piloten Graham Hill und Richie Ginther in Le Mans erstaunlich gut, denn ihr Rover-B.R.M. Type 00 getaufter Rennwagen hielt durch.

Rover-B.R.M. erhielt 25.000 Francs Prämie!

Das britisch-amerikanische Fahrer-Duo absolvierte in 24 Stunden immerhin 310 Runden beziehungsweise 4.173 Kilometer. Bei einem Start in Wertung hätte das Platz sieben bedeutet. Trotzdem sicherte sich das Team dank der Distanz 25.000 Francs, was rund 20.000 DM entsprach. Denn mit dieser Prämie honorierte Le Mans-Veranstalter ACO damals, wenn ein Experimental-Fahrzeug im Rennen mehr als 3.600 Kilometern zurücklegte. Einen Start in Wertung verhinderte, dass die Turbine des Typs 2S/140 im Rover-B.R.M. ein echter Spritfresser war. Der Tank des Rennwagens war doppelt so groß, wie bei vergleichbaren Fahrzeugen.

1964 nahmen Rover und B.R.M. nicht erneut an den 24 Stunden von Le Mans teil. Doch die Entwicklung lief weiter. Rover entwickelte spezielle Wärmetauscher, um aus den heißen Abgasen der Turbine nutzbare Energie zurückzuholen. Bei dem Wärmetauscher handelte es sich um eine Keramikscheibe, deren Abdichtung in den 1960er-Jahren noch nicht zufriedenstellend gelang. Trotzdem kehrten der Autobauer und sein Einsatzteam zwei Jahre nach dem Debüt nochmals an die Sarthe zurück.

1965 kehrten der Rover-B.R.M. und seine Turbine nochmal nach Le Mans zurück!

Diesmal nahm der weiterentwickelte Rennwagen in der Prototypen-Klasse als regulärer Starter am großen Rennen teil. Denn der Wärmetauscher half trotz aller Probleme, den Durst der Turbine zu senken. Die Turbine trug jetzt die Bezeichnung 2S/150/R und verfügte über eine Nennleistung von 145 PS bei 150° Celsius. Bei der Turbine handelte es sich um einen vergleichsweise kleinen, einfachen Gasturbinenmotor. Das Triebwerk des Rover-B.R.M. bestand aus drei Teilen:

  • Dem Gasgenerator, der den Verdichter, die den Verdichter antreibende Turbine und die Antriebe für die Nebenaggregate enthält.
  • Einem Arbeitsturbinenteil in der dem heissen Gasstrahl thermische und kinetische Energie entzogen wird, um sie in mechanische Energie umgewandelt an den Antrieb abzugeben.
  • Und dem Hauptgehäuse, in dem die Kanäle, die Brennkammer und zwei regenerative Wärmetauscherscheiben untergebracht waren. Wobei die Wärmetauscher sich tatsächlich bewährten. Denn während 1963 der Verbrauch noch bei 6,97 Meilen pro Galone lag, kam das Fahrerduo diesmal mit einer Galone Kraftstoff 13,51 Meilen weit.
Graham Hill im Brabham BT37
Graham Hill kam als Mechaniker 1953 zu Lotus und stieg dort zum Rennfahrer auf. Seine Karriere endete erst in den frühen 1970er-Jahren. (Foto: Jack Webster – Archiv Wiedl)

Neben Wiederholungstäter Graham Hill saß der Schotte Jackie Stewart im Cockpit des ungewöhnlichen Rennwagens. Die beiden Formel 1-Weltmeister, wobei Stewart dies zum Zeitpunkt des Rennens noch nicht war, fuhren auf einen guten zehnten Platz. Ihr Einsatzgerät ziert das Pressefoto, das ich jetzt endlich meiner Sammlung hinzufügen konnte. Es dokumentiert den Schlussunkt des Turbinenprojekts bei Rover. Denn dem britischen Autobauer geht Mitte der 1960er-Jahre das Geld aus. Schon den Abschied von B.R.M. begleiten Gerüchte von unbezahlten Rechnungen und geplatzten Zusagen.

Rover sucht noch 1965 sein Heil in einer Fusion mit Alvis!

Doch damit lagen zwei Kranke in einem Bett. Doch auch das fusionierte Unternehmen schreibt weiter hohe Verluste. Zwei Jahre später wird Rover ein Teil der Leyland Motor Company. Nur ein Jahr später schließt sich diese mit der British Motor Corporation (BMC) zusammen. Dabei entsteht die British Leyland Motor Corporation, kurz British Leyland. Und aus dieser Epoche, die bis Anfang der 1980er-Jahre anhielt, muss das Pressefoto des Rover-B.R.M. stammen. Denn Jaguar, Rover und Triumph machte erst die Gründung von British Leyland (BL) zu Geschwistern.

Der Aufdruck „Jaguar Rover Triumph Ltd.“ unter dem Foto des Rover-B.R.M. belegt dies eindeutig!

Jaguar kam mit der BMC in die Ehe. Rover und Triumph stammten aus dem Reich von Leyland. Interessant ist, dass die Produkte der drei Marken sich in dieser Zeit eine technische Eigenständigkeit bewahrten. Gleichzeitig formal aber von der BL-Tochter „Jaguar Rover Triumph Ltd.“ stammten. Losgelöst davon stellte British Leyland kurz nach dem Zusammenschluss die Gasturbinen-Projekte ein. Wobei BL ursprünglich offen für die von der neuen Tochter eingebrachten Technik war. Denn die neuen Herren beauftragten das Entwicklerteam, einen größeren Lkw-Motor auf Basis ihrer Turbine zu konstruieren.

Doch auch dieses Projekt kam über einen kurzen Test mit drei oder vier Lkw in Kundenhänden zum Erliegen. Die Probleme bei der Abdichtung der Wärmetauscher waren auch Ende der 1960er-Jahre noch nicht lösbar. Woraufhin BL alle Projekte zur Gasturbine endgültig einstellte. Das beendete auch die Rennsporteinsätze des Rover-B.R.M. Angesicht der Einstellung überrascht, dass das Unternehmen später mit einem Pressebild an die Gasturbine und das zurückliegende Le Mans-Projekt erinnerte. Denn spätestens mit der Ölkrise war die Turbine chancenlos. Womit sie das Schicksal mit dem Wankel teil. Und es ist eine interessante Parallele, dass dieser einst aus ähnlichen Gründen wie die Turbine als Hoffnungsträger galt.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Mit diesem Pressebild erinnerte die Jaguar Rover Triumph Ltd. in den 1970er-Jahren an den Le Mans Einsatz des Rover-B.R.M. von 1965. (Foto: Jaguar Rover Triumph Ltd.)

Foto: Jaguar Rover Triumph Ltd.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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