Rennsport-Geschichten

Harrier RX83C – erster Starter der Gruppe C Junior

1983 gelang es Manns Racing mit seinem Harrier RX83C Mazda nicht, sich für die 24 Stunden von Le Mans zu qualifizieren. Nach diesem Misserfolg geriet der Bolide der Gruppe C Junior bald in Vergessenheit. Doch Autonatives.de ist das Blog für Motorsport-Archäologen. Deshalb erinnern wir heute an den von einem Mazda-Wankel angetriebenen Rennwagen. Denn der rote Harrier RX83C war ein paar Wochen zuvor in Monza der erste Starter der Gruppe C Junior.

Harrier RX83C beim Training zu den 24 Stunden von Le Mans 1983.
Der Harrier RX83C beim Training zu den 24 Stunden von Le Mans 1983. Dem britischen Rennwagen mit japanischen Herz gelang es nicht, sich fürs Rennen zu qualifizieren. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Mit der Klasse „C Junior“ ergänzte die FIA ihr neues Sportwagenreglement der Gruppe C ab 1983 um eine Unterkategorie. Mit ihr adressierten die Regelmacher im Unterschied zur Spitzenklasse, die sich an Werke richtete, Privatteams. Sie sollten, so die Vorstellung der Regelhüter, dafür entweder ihre bisherigen Gruppe-6-Rennwagen umrüsten oder Chassis der etablierten Rennwagen-Hersteller einsetzen.

Und tatsächlich tauchten bereits 1983 tatsächlich Teilnehmer der Gruppe C Junior an den Strecken auf. Denn nach dem Übergangsjahr 1982, wo sie auch mit alten Gruppe 6-Boliden fast überall noch fahren konnten, inzwischen zwangen die Ausschreibungen die Teams jetzt zum Umdenken. Der Einsatz von Rennwagen der Gruppe 6 war in der Sportwagen-Weltmeisterschaft und Le Mans nun endgültig nicht mehr möglich.

Was Gruppe C Junior und Gruppe C unterschied?

Die Gruppe C setzte auf ein striktes Verbrauchsreglement. Die Rennwagen durften maximal 100 Liter Sprit an Bord transportieren. Zudem durften sie pro 1.000 Kilometer Renndistanz „nur“ 600 Liter Kraftstoff verbrauchen. Wobei die Obergrenze faktisch sogar noch etwas darunter lag. Denn die FIA limitierte die Tankstopps in Abhängigkeit von der Renndistanz. Bei einem 1.000 Kilometer-Rennen waren maximal fünf Tankstopps gestattet. Wer also beim Tankstopp noch Kraftstoff im Tank hatte, der musste die Restmenge im Prinzip von der Gesamtmenge abziehen.

Dem Grundprinzip des Verbrauchslimits blieben die Regelmacher auch in der C Junior treu. Sie gestanden den Junior-Rennwagen jedoch nur 55 Liter Kraftstoff an Bord zu. In Verbindung mit den Regeln zur Anzahl der Tankstopps ergab das einen maximalen Verbrauch von circa 330 Liter pro 1.000 Kilometer Renndistanz. Zum Ausgleich reduzierte die FISA das Mindestgewicht. Denn während die Sportprototypen der Spitzenklasse 800 Kilogramm auf die Waage bringen mussten, mussten die Rennwagen der Junior-Klasse nur 700 Kilogramm wiegen. Beobachter gingen davon aus, dass diese Regeln bevorzugt aus der Formel 2 bekannte Vierzylinder von BMW und Ford in die Motorräume der C-Junior-Rennwagen einziehen lassen würde.

Statt von BMW und Ford stammten die Junior-Motoren zunächst von Mazda und CARMA!

Denn diese Triebwerke waren in großer Stückzahl verfügbar und galten als standfest. Zudem waren sie mit 280 PS Leistung hinreichend motorisiert, um die neuen Junior-Sportwagen anzutreiben. Doch die Teams zeigten sich beim Start der neuen Fahrzeugklasse erstaunlich experimentierfreudig. Als erster Gruppe-C-Junior rollte beim Saisonauftakt 1983 der Harrier RX83C mit einem Wankel von Mazda bei den 1.000 Kilometern von Monza an den Start.

Zweiliter-Motor von BMW, wie er in vielen Sportwagen zum Einsatz kam.
Bei der Definition der Regeln der Gruppe C Junior erwarteten die Experten, dass die Teams zu Motoren von BMW oder Ford greifen. Doch die ersten C Junior-Starter verfolgten völlig andere Motorkonzepte. (Foto: Tom Schwede)

Neben dem Harrier RX83C lag für das Rennen auch eine Nennung des Alba Giannini AR2 für den Start in der Gruppe C Junior vor. Doch der italienische Sportwagen fehlte am Renntag. Denn dessen 1,8 Liter großer Vierzylinder-Turbomotor war noch nicht einsatzbereit. Dieser Motor, der nach den Regeln der FIA als Produkt des Autobauers Giannini Automobili galt, war eine Entwicklung der Motorenbaufirma CARMA des Rennfahrers Carlo Facetti. 

Den Harrier RX83C trieb ein Wankel von Mazda an

Anders als der italienische Sportwagen war der britische Harrier in Monza einsatzbereit. Der den Regeln entsprechend geschlossene Sportwagen war das Werk von Lester Ray. Der Brite konstruierte mit dem Vogue bereits in der abgelaufenen Gruppe-6-Ära einen Zweiliter-Sportwagen. Doch während der Vogue hauptsächlich in Großbritannien rannte, trat der Harrier RX83C in der Saison 1983 regelmäßig in der Sportwagen-Weltmeisterschaft an.

Grundlage des Harrier RX83C war ein Monocoque aus Aluminiumblech. Der Alba AR2 verfügte über ein Kohlefaser-Chassis und war damit deutlich moderner. Auch die Aerodynamik des britischen Rennwagens war eher konventionell. Anpressdruck generierte der Harrier über die Fahrzeugfront sowie einen mittig montierten Heckflügel. Anders als beispielsweise der Klassenprimus Porsche 956 verfügte der Brite noch über einem flachen Unterboden. Den Antrieb des rot lackierten Sportwagens übernahm ein Zwei-Scheiben-Wankelmotor von Mazda.

Die Zusammenarbeit ging auf Pilot David Palmer zurück. Denn im Hauptberuf war Palmer als Chef der Öffentlichkeitsarbeit von Mazda Großbritannien tätig. Das verschaffte dem Einsatzteam Manns Racing den Zugang zum japanischen Triebwerk. Der Motor des Typs 13B stammte aus dem Sportcoupé RX-7 und trieb auch den von Mooncraft und Mazdaspeed gebauten Mazda 717C an. Zuvor sammelte der Motor Rennerfahrung in der GTX-Version des Mazda RX-7.

Die Renngeschichte des Harrier RX83C Mazda

Beim Debüt in Monza teilten sich das Cockpit des Harrier RX83C die Rennfahrer Roy Baker und Les Blackburn. Das britische Duo kam nur 38 Runden weit. Dann stoppte ein Defekt am Motor die Fahrt. In Silverstone verhinderte ein Motorschaden im Training die Rennteilnahme. Besser ging es dem mit dem gleichen Motor bestückte Mazda 717C, der sich in Silverstone erstmals der Konkurrenz stellt, im Rennen allerdings ein Rad verlor. Auf das folgende WM-Rennen auf der Nordschleife des Nürburgrings, wo Stefan Bellof seine Fabelrunde drehte, verzichteten beide Wankel-Boliden.

Im Mazda 717C, den Mooncraft für Mazdaspeed baute, kam der gleiche Motor wie im Harrier RX83C zum Einsatz. Mazdaspeed nahm 1983 mit zwei 717C an den 24 Stunden von Le Mans teil und gewann die Klasse. (Foto: Riceburner75 / Flickr / CC BY-SA 2.0)

Im Mazda 717C, den Mooncraft für Mazdaspeed baute, kam der gleiche Motor wie im Harrier RX83C zum Einsatz. Mazdaspeed nahm 1983 mit zwei 717C an den 24 Stunden von Le Mans teil und gewann die Klasse. (Foto: Riceburner75 / Flickr / CC BY-SA 2.0)

Sie wollten damit den Start in Le Mans nicht gefährden. Den RX83C teilten sich beim Saisonhöhepunkt Roy Baker, David Palmer und der Amerikaner Pierre Honegger. Doch keiner der drei Piloten war mit dem Harrier RX83C schnell genug, um das Auto fürs Rennen zu qualifizieren. Beide Mazda 717C konnten das Rennen zu Ende fahren. Nach dem Desaster der verpassten Qualifikation überarbeitete JQF Engineering den Harrier. Dank einer neuen Aufhängung sowie Modifikationen am Kühlsystem und der Kraftstoffversorgung war der RX83C tatsächlich etwas schneller als zuvor.

Aber auch nach dem Update blieben die Erfolge des RX83C übersichtlich!

Beim 1.000-Kilometer-Rennen von Spa-Francorchamps fuhren Roy Baker und David Palmer prompt zum Klassensieg. Wobei das Team allerdings vom Ausfall des immer noch deutlich schnelleren Alba AR2 Giannini profitierte. Der italienische Rennwagen umrundete im Training die fast sieben Kilometer lange Rennstrecke in den Ardennen über zehn Sekunden schneller als der Harrier. Selbst ein deutlich schwerer BMW M1 war als schnellster GT der Gruppe B schneller als der Wankel-Renner. Was vermuten lässt, dass der Wankel von Mazda weniger als die damals offiziell genannten 300 PS leistete.

Zwei Wochen nach dem Rennen in Spa trat der Harrier RX83C in Brands Hatch an. Das 1.000-Kilometer-Rennen in der Grafschaft Kent zählte, anders als die bisherigen Rennen, nur zur Europameisterschaft. Trotzdem war auch in Brands Hatch die Elite des Sportwagen-Sports am Start. Im Training schenkte der Alba dem Harrier mehr als zwei Sekunden an. Das war erneut deutlich. Im Rennen sah es ähnlich aus, zumal wieder ein Motorschaden den Harrier vorzeitig stoppte.

Es war der letzte Einsatz durch das Manns Racing. Für 1984 erwarb das Team einen Tiga mit Ford-Motor. Les Blackburn übernahm den Harrier, um ihn zusammen mit Costas Los bei fünf Thundersports-Rennen einzusetzen. Zu einem Comeback in der WM kam es trotz drei Nennungen für WM-Läufe nicht. 1985 kaufte der Amerikaner Tom Hessert den Rennwagen, der ihn zusammen mit Steve Durst bei vier IMSA-Rennen fuhr. Nach einem Lauf in Miami endet die Rennsportgeschichte des RX83C im März 1986.

Der Versuch, mit den Harrier RX83C und einem Motor von Chevrolet 1986 in Le Mans anzutreten, kam über eine Nennung nicht hinaus. Der Verbleib des RX83C ist unklar. Konstrukteur Lester Ray baute bis Anfang dieses Jahrtausends weitere Rennwagen. Dabei entstanden mit den Typen Harrier LR6, LR7 und LR9C weitere Gruppe-C-Boliden. Später baute Ray mit dem LR9 Spyder LM einen WSC-Spyder, der sogar in Le Mans antrat. Es folgte ein GT1-Rennwagen, der in den Händen von Win Percy sogar eine britische GT-Meisterschaft gewann.


Alle Einsätze des Harrier RX83C Mazda im Überblick:

  • 10. April 1983 – 1.000 Kilometer von Monza (Gruppe C Junior)
    Fahrer: Roy Baker und Les Blackburn – 15. Platz im Training mit einer Zeit von 2:00.490 Minuten – Ausfall nach 38 Runden mit Motorschaden
  • 8. Mai 1983 – 1.000 Kilometer von Silverstone (Gruppe C Junior)
    Fahrer: Roy Baker und David Palmer – Nach einem Motorschaden im Training verzichtet das Team auf einen Start.
  • 19. Juni 1983 – 24 Stunden von Le Mans(Gruppe C Junior)
    Fahrer: Roy Baker, David Palmer und Pierre Honegger – Nicht qualifiziert mit einer Rundenzeit von 4:33.300 Minuten
  • 4. September 1983 – 1.000 Kilometer von Spa-Francorchamps (Gruppe C Junior)
    Fahrer: Roy Baker und David Palmer – 22. Platz im Training mit einer Rundenzeit von 2:43.120 Minuten – 14. Platz im Rennen (Klassensieg) 
  • 18. September 1983 – 1.000 Kilometer von Brands-Hatch (Gruppe C Junior)
    Fahrer: Roy Baker, David Palmer und Richard Down­ – 18. Platz im Training mit einer Rundenzeit von 1:32.470 Minuten – Ausfall nach 132 Runden mit Motorschaden
  • 28. Mai 1984 – Thundersports Brands Hatch
    Fahrer: Costas Los und Les Blackburn – Platz neun im Rennen.
  • 17. Juni 1984 – Thundersports Donington Park
    Fahrer: Costas Los und Les Blackburn – Platz neun
  • 8. Juli 1984 Thundersports Thruxton
    Fahrer: Costas Los und Les Blackburn – Platz fünf
  • 5. August 1984 Thundersports Snetterton
    Fahrer: John Morrison und Les Blackburn – Ausfall nach einem Unfall
  • 2. September 1984 Thundersports Oulton Park
    Fahrer: David Palmer und Les Blackburn – Platz zwölf
  • 19. Mai 1985 – 500 km Charlotte (IMSA GTP Lights)
    Fahrer: Tom Hessert und Steve Durst – Platz 18
  • 7. Juli 1985 – 3h Watkins Glen (IMSA GTP Lights)
    Fahrer: Tom Hessert und Steve Durst – Platz 15
  • 8. September 1985 – 500 km Pocono (IMSA GTP Lights)
    Fahrer: Tom Hessert und Steve Durst – Platz 38
  • 2. März 1986 – Miami Grand Prix Camel Lights (IMSA GTP Lights)
    Fahrer: Tom Hessert und Steve Durst – Platz acht

Technische Daten den Harrier RX83C Mazda

  • Sportprototyp der Gruppe C Junior bzw. IMSA GTP Lights
  • Konstrukteur Lester Ray, Großbritannien
  • Monocoque aus Aluminiumblech
  • Mazda Zwei-Scheiben-Wankelmotor des Typs 13B mit 1.308 ccm Kammervolumen

Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Der Harrier RX83C beim Training zu den 24 Stunden von Le Mans 1983. Dem britischen Rennwagen mit japanischen Herz gelang es nicht, sich fürs Rennen zu qualifizieren. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Foto: Archiv AutoNatives.de

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Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück. Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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