Motorsport vor 40 Jahren: September 1983

Zum Beginn des Herbstes eilt die Motorsport-Saison traditionell ihrem Ende entgegen. Das war im September 1983 nicht anders. Die Frage, ob sich erstmals ein Turbo-Fahrer die Krone des Automobilsports sichert, wirkte entschieden. Zu groß war inzwischen die Überlegenheit der Turbo-Motoren von Renault, Ferrari oder auch BMW. Doch offen war, wem die Ehre zukommen sollte, sich als erster Turbo-Treter zum König der Autofahrer zu krönen.

Im September 1983 gewann der Brasilianer zwei WM-Läufe und schloss damit zum bisher Souverän die WM-Führenden Alain Prost auf. (Foto: BMW)
Nelson Piquet im Brabham BT52 beim Großen Preis von Brasilien 1983 – Im September 1983 gewann der Brasilianer zwei WM-Läufe und schloss damit zum bisher Souverän die WM-Führenden Alain Prost auf. (Foto: BMW)

Die Mehrzahl der Beobachter tippte auf Alain Prost. Schließlich führte der Renault-Pilot Ende August 1983 nach dem Grand Prix der Niederland in Zandvoort die WM komfortabel an. Denn Prost sammelte in den zuvor zwölf WM-Rennen 51 Punkte. Auf 43 Punkte kam René Arnoux, Ferrari als Zweitplatzierter. Auf den Plätzen drei und vier folgten – mit jeweils 37 Punkten – Nelson Piquet und Patrick Tambay. Beide konnten bisher einen WM-Lauf für sich entscheiden. Doch Brabham BMW-Pilot Piquet stand zudem bereits dreimal als Zweiter auf dem Podest. Für Ferrari-Fahrer Tambay standen nur zwei zweite Plätze zu Buche. Daher lag der Brasilianer in der Zwischenwertung vor dem Franzosen.

In Italien startete Nelson Piquet seine Aufholjagd!

Beim Großen Preis von Italien sicherte sich Riccardo Patrese im zweiten Brabham den besten Startplatz. Doch dahinter folgten beide Ferrari. Wobei Tambay an der Seite von Patrese das Rennen aufnehmen sollte. René Arnoux blieb ein Startplatz in der zweiten Reihe. Aus dieser ging auch Nelson Piquet ins Rennen, während Alain Prost seinen Renault „nur“ in die dritte Reihe stellte. Das Rennen war trotzdem schnell entschieden. Denn die Brabham gewannen den Start und Patrese übernahm die Führung. Doch dahinter folgte der Teamkollege. Und Patrese stoppte schon in der dritten Runde mit einem Motorschaden. So schlug in Monza die Stunde von Nelson Piquet, der die Führung bis ins Ziel verteidigte.

Monza wirkt bis heute wie aus einer anderen Zeit. Auch wenn die Formel 1 die Steilkurven auch 1983 schon nicht mehr fuhr.

Als Zweiter kam René Arnoux im Ferrari ins Ziel. Da der WM-Führende Alain Prost seinen Renault bereits zur Halbzeit des Rennens abstellen musste, verdichtete sich damit die Gesamtwertung. Denn Prost blieb bei 51 Punkten hängen. Arnoux rückte mit nun 49 Punkte bis auf zwei Punkte an Prost heran. Piquet lag mit 46 Punkten nur weitere drei Punkte hinter dem Ferrari-Piloten. Mit jetzt 40 Punkten kamen bei noch zwei ausstehenden Rennen Patrick Tambay, der in Monza Vierter wurde, wohl allenfalls noch die Chancen eines Außenseiters zu. Denn selbst wenn der Franzose die verbleibenden WM-Rennen gewinnen würde, ohne „Hilfe“ der vor ihm platzierten war ein Triumph in der WM für Tambay nicht mehr möglich.

In Brands Hatch dominierte erneut Piquet!

14 Tage nach dem Rennen vor den Toren von Mailand trat die Formel 1 zum Großen Preis von Europa in Brands Hatch an. Es war bereits der zweite Auftritt der Formel 1-Piloten 1983 auf der Rennstrecke in der britischen Grafschaft Kent. Denn im April fand an gleicher Stelle das „Race of Champions“ statt. Es zählte jedoch im Unterschied zum Herbst-Rennen nicht zur Weltmeisterschaft. Das Training in Brands Hatch endete mit einer faustdicken Überraschung. Denn erstmals seit 1978 in Kanada stand ein Lotus auf dem besten Startplatz. Elio de Angelis sicherte Lotus in Brands Hatch die Pole-Position. Die drei Führenden der WM erzielten die Startplätze vier (Piquet), fünf (Arnoux) und acht (Prost).

Das Rennen gewann erneut Nelson Piquet. Wobei der Brasilianer erneut vom Pech seines Teamkollegen profitierte. Denn im Kampf um die Spitze kollidierte Riccardo Patrese mit Elio de Angelis. Mit seinem zweiten Platz im Ziel betrieb Alain Prost Schadenminimierung. René Arnoux blieb als Neunter ohne Punkte. Damit kündigte sich für den Oktober ein Showdown in Südafrika um den Titel an. Denn die WM-Wertung führte Alain Prost nun mit 57 WM-Punkten an. Nelson Piquet lag mit nun 55 Punkten knapp dahinter, während René Arnoux mit 49 Punkten auf dem dritten Platz lag. Im Schatten der großen Teams brachte Toleman erstmals beide Autos in die Punkte. Das beeindruckte im Fahrerlager auch einen jungen Brasilianer, der ansonsten gerade die britische Formel 3 dominierte.


In der Formel 2 unterstrich Dr. Jonathan Palmer die totale Dominanz seines Ralt-Honda RH6!

Nach vier Siegen hintereinander startete Dr. Jonathan Palmer bereits als neuer Europameister der Formel 2 in den September 1983. Der Mediziner erzielte bei bisher elf Saisonläufen fünf Siege, stand neunmal auf dem Podest und sicherte sich zehnmal Punkte. Das waren schon 63 Punkte. Nur beim Saisonauftakt im März 1983 in Silverstone blieb der Werkspilot mit seinem Ralt punktlos. Auf dem Konto des härtesten Verfolgers, des Neuseeländers Mike Thackwell standen dagegen schon zwei Nuller. Daher konnte Thackwell selbst bei einem Sieg nur noch auf 54 Punkte kommen. Palmer wären selbst nach einem eigenen Ausfall noch 59 Punkte verblieben.

Denn damals sah das Reglement der Formel 2-Europameisterschaft zwei Streichergebnisse vor. Insofern war die Szene gespannt, was beim Saisonfinale passiert. Krönt Palmer seine bisher bereits überragende Saison mit einem weiteren Erfolg? Oder überlässt der Brite seinem Teamkollegen den Sieg, um sich für die Unterstützung während der Saison zu bedanken? Schon das Training war ein Fingerzeig, was passiert. Denn Palmer sicherte sich den besten Startplatz, um diesen schließlich in einen weiteren Erfolg umzusetzen. Doch Palmer gewann ein Rennen, dem sich nur noch 15 Rennwagen stellten. Denn der Einsatz der Rennwagen erforderte inzwischen ein Budget, das wenige Jahre zuvor auch noch in der Königsklasse des Motorsports auskömmlich gewesen wäre.

Deshalb hatten sich ehemalige Top-Teams der Szene, wie Toleman oder Project Four Racing längst in die Königsklasse verabschiedet. Auch Osella hatte die Formel 2 verlassen, um sein Glück eine Klasse höher zu versuchen. AGS, Minardi und Onxy sollten in den kommenden Jahren folgen und arbeiteten hinter den Kulissen längst an einem Klassenwechsel. Das blieb alles auch der FISA nicht verborgen. Doch die Sportkommission beim Automobil-Weltverband kommunizierte noch keine neuen Regeln. Bekannt war bisher nur, dass die bisherige Formel 2 nach der Saison 1984 auslaufen werde. Ein Umstand, der trotz der rückläufigen Teilnehmerzahlen, nicht allen Teamchefs gefiel. Noch mehr missfiel die Unsicherheit, die über der zweiten Liga des Formelsports schwebte.

Tourenwagen-Europameisterschaft 1983 – BMW oder Jaguar?

Mit zwei Läufen in Silverstone und Zolder schloss auch die Tourenwagen-Europameisterschaft ihre Saison im September 1983 bereits ab.  Am Ende sicherte sich Tourenwagen-Legende Dieter Quester seinen vierten EM-Titel. Beeindruckend dabei war, dass der Wiener seine vier EM-Titel 1968, 1969, 1977 und 1983 allesamt für BMW gewann. Die Entscheidung für Quester fiel 1983 übrigens erst beim letzten Saisonrennen, Ende September in Zolder. Vor dem Rennen lag Quester zwar in der Zwischenwertung mit 180 Punkten in Front. Doch dahinter lauerte Jaguar-Pilot Tom Walkinshaw, der bisher auf 165 Punkte kam.

Schnitzer BMW 635 bei einem ETCC-Lauf in Monza
1983 gewann Dieter Quester seinen vierten Titel in der Tourenwagen-Europameisterschaft. Der Österreicher gewann alle Titel mit einem BMW. Beim Sieg 1983 steuerte Quester ein BMW 635 Cis Coupé. (Foto: BMW)

Durch die auch bei den Tourenwagen damals praktizierte Regelung der Streichergebnisse musste der Brite das Finale in Belgien gewinnen. Doch selbst dann würde Quester ein Platz im Mittelfeld reichen. Doch dazu kam es nicht. Denn Walkinshaw fiel nach einem Defekt am Getriebe seines Jaguars früh aus. Der Brite stieg deshalb in einen zweiten Jaguar um, doch dieser fuhr am Ende nach 111 Runden in Zolder nur auf Platz acht ins Ziel. Dieter Quester, der sich den BMW 635 CSi diesmal mit Hans-Joachim Stuck teilte, sicherte sich dagegen einen feinen vierten Platz. Damit war der Titel des Tourenwagen-Europameisters dem Österreicher Quester nicht mehr zu nehmen.

In der Formel 3-Europameisterschaft war Pier-Luigi Martini im September 1983 der Mann der Stunde!

Mit gleich drei Siegen in der Formel 3-Europameisterschaft war Pier-Luigi Martini im September 1983 der Mann der Stunde. Denn Ende August 1983 lag der Italiener mit 24 Punkten noch auf Platz fünf. Die Spitze der Zwischenwertung hielt mit 42 Punkten John Nielsen. Nach den drei September-Rennen in Nogaro, Járama und Imola führte zwar mit nun 56 Punkten immer noch Super-John. Doch Martini lag mit 51 Punkten längst in Reichweite des Dänen. Dem Drittplatzierten Emanuele Pirro wurden mit 46 Punkten allenfalls noch Außenseiter-Chancen zugestanden. Auch in dieser Serie sollte daher die Entscheidung über den Titel erst im Oktober fallen.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Nelson Piquet im Brabham BT52 beim Großen Preis von Brasilien 1983

Foto: BMW

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Ein Beitrag von:

Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück.


Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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