Meinung und Kommentar

Sind 30 Jahre Opel Monterey ein Grund zum Feiern?

Nein, mit seinen Geländewagen wurde Opel vom Lizenzgeber zum Lizenznehmer und der Abstieg begann!

Opel erinnerte vor ein paar Tagen mit einer Pressemitteilung an den 30. Geburtstag des Opel Monterey. Wir bekommen viele Pressemitteilungen, die wir löschen, weil sie einfach nicht in unser Blog passen. Doch bei dieser war es anders. Denn der Opel Monterey war so etwas wie der Anfang vom Ende.

Ein Opel Monterey des Modelljahrs 1994. Der Opel Monterey war keine Erfolgsgeschichte.
Eigentlich war der Opel Monterey das richtige Auto zur richtigen Zeit. Doch während Mitsubishi, Nissan und Toyota ähnliche Fahrzeuge erfolgreich verkauften, blieb der Opel eine Randnotiz in den Zulassungsstatistiken. (Foto: Opel – Stellantis – FCA Germany GmbH)

Im März 1992 präsentierte Opel mit dem Monterey seinen zweiten Geländegänger. Wobei aufgeweckte Auto-Fans schon damals wussten, dass dieser „Berg des Königs“ in seinem Kern ein Isuzu Bighorn war. Das war ein SUV, den der japanische Autobauer Isuzu seit Anfang den 1980er unter dem Namen Trooper auch in Deutschland anbot. Die damalige Opel-Mutter General Motors hielt schon seit 1971 eine wesentliche Beteiligung an Isuzu. So wurde aus der zweiten Generation des auf einem klassischen Leiterrahmen stehenden Geländewagen ein Opel.

Badge-Engineering – wo ist das Problem?

Der Opel Monterey war eine Zeitenwende. Denn zuvor verkaufte General Motors Entwicklungen von Opel fast überall auf der Welt. Erst kürzlich berichteten wir hier im Blog über den Opel Kadett D. Der war in Indonesien ein beliebtes Taxi und lief dort noch bis 1995 vom Band. Und auch Isuzu nutzte einst die Plattform „T-Car“ seines Anteilseigners. Deshalb war der erste Isuzu Gemini unverkennbar ein Ableger des Opel Kadett C. Diese Beispiele zeigen wie geschätzt die Entwicklungskompetent der deutschen Tochter im Weltreich von General Motors einst war.

Mit dem schon 1991 präsentierten Opel Frontera und dem ein Jahr jüngeren Opel Monterey drehte sich das Ganze langsam um. Denn Opel durfte damals keine eigenen Freizeit- oder Nutzfahrzeug-Modelle entwickeln. Die Rüsselsheimer mussten diese auf Geheiß der Mutter aus Detroit von ihrer japanischen Cousine übernehmen. Opel durfte noch nicht einmal sein Produktions-Know-how einbringen. Denn Opel musste die kompletten Fahrzeuge von Isuzu beziehen. Der Monterey kam aus Japan. Gleichteile zu anderen Opel-Modellen? Fehlanzeige! Die Folge waren hohe Ersatzteilpreise, wie die Auto Bild schon 2004 in einem Gebrauchtwagen-Report bemängelte.

Isuzu Gemini in Japan
Der Isuzu Gemini in Japan war unverkennbar ein Ableger des Opel Kadett C. Foto: Ignis

Den Opel Frontera baute IBC Vehicles im britischen Luton. Dieses Unternehmen ging aus den Resten des Nutzfahrzeugherstellers Bedford hervor. Damals gehörte es zu 60 Prozent Isuzu. Damit war es das europäische Standbein des japanischen Herstellers. Aus dem gleichen Werk stammte schon in den 1970er-Jahren der von Opel verkaufte Bedford Blitz. Auch so ein Beispiel für Badge-Engineering in der Welt von General Motors. Doch der Blitz kam in Deutschland nie über die Rolle eines Außenseiters hinaus. Größter Kunde war wahrscheinlich Hymer, wo Wohnmobile auf Basis des „Opel“ entstanden.

Der Opel Monterey surfte auf der Modewelle Geländewagen!

Beim Monterey und noch mehr dem Frontera war das anders. Denn sie bot Opel eigentlich zur richtigen Zeit an. Schließlich wurden in den 1980er-Jahren Geländewagen langsam komfortabler und verließen ihr angestammtes Areal. Japanische Autobauer wie Mitsubishi oder Nissan verdienten mit ihren Modellen Pajero und Patrol gutes Geld. Denn die Konstruktion der Fahrzeuge war dank ihrer Leiterrahmen mit aufgesetzter Karosserie günstig. Die zuvor üblichen Blattfedern wichen Schraubfedern. Hinzu kam ein luxuriöser Innenraum, fertig war das „allradgetriebene Freizeit-Auto“.

Innenraum des Opel Monterey
Finde ein Teil von Opel! Das dürfte kaum gelingen, denn der Opel Monterey sieht aus wie ein typisches japanisches Auto der 1990er Jahre. Denn das war der Geländewagen ja auch. Er stammte von Isuzu. (Foto: Opel – Stellantis – FCA Germany GmbH)

In den späten 1980er-Jahren überschwemmten diese „neuen“ Geländewagen plötzlich die hübschen Vorstadtsiedlungen, wo Rechtsanwälte, Bankdirektoren oder Ärzte und Apotheker zu Hause sind. Wobei ein Großteil ihrer Fahrzeuge wohl nie das Gelände sah. Das höchste der Gefühle waren der unbefestigte Parkplatz des örtlichen Golf- oder Tennis-Clubs. Vereinzelt zogen sie auch den Pferdeanhänger der jungen Freundin des Fahrzeug-Eigners oder durften die Jolle der Kinder zur Regatta ziehen.

Dann kleben wir doch einfach Opel drauf!

Fast alle namhaften Autobauer wollten sich bald einen Teil vom Kuchen abschneiden. Es war der Anfang von der SUV-Schwemme, die bis heute durch Autohäuser rollt. General Motors sah, wie gut sich Mitsubishi Pajero, Nissan Patrol, Toyota Land Cruiser verkaufen ließen. Auch Suzuki schnitt sich mit dem Vitara seinen Teil vom Kuchen ab. Selbst Daihatsu kam mit seinen robusten Modellen Feroza und Rocky auf nennenswerte Stückzahlen. Doch bei Isuzu wollte das irgendwie nicht klappen. Die Marke kam erst spät nach Europa und legte einen Stotterstart hin.

Also nutzten die Verantwortlichen den Modellwechsel, um aus dem in Deutschland als Trooper verkauften Isuzu Bighorn den Opel Monterey zu machen. Trotz des relativ großen Werbedrucks, den die Marketingabteilung von Opel entfaltete, blieb der Monterey immer im Schatten des zuvor präsentierten Opel Frontera. Auch der stammte von Isuzu, hieß dort Wizard beziehungsweise Isuzu MU. Doch das nahmen viele damals nicht richtig wahr. Denn anders als die Monterey-Basis Trooper gab es den kleineren Wizard in Europa vorher nicht. Vielleicht verschleierte dies die Herkunft zumindest etwas.

Der Opel Monterey schaffte nie, sich von seinen Wurzeln zu lösen!

Damals wirkte der Import und der Verkauf japanischer Autos unter dem Namen Opel vielleicht noch wie ein Ausrutscher. Doch im Rückblick stehen Frontera und Monterey definitiv für eine Zeitenwende. Da half auch alles Marketing nicht. Die beiden Geländewagen blieben über ihre ganze Laufzeit ein Fremdkörper im Opel-Programm. Böse Zungen sagen heute, dass mit ihnen der Abstieg von Opel begann. Denn seit Beginn der 1990er-Jahre ließen strenge Kostenvorgaben und Produkte wie die beiden Geländewagen die Marktanteile Opels schrumpfen.

Denn in den 1970er-Jahren war die GM-Tochter noch in Schlagdistanz zum Marktführer Volkswagen unterwegs. Nun verlor Opel den Anschluss. Während Volkswagen mit seinen Töchtern zu neuer Größe aufstieg, schrieb Opel bald Verluste. Am Ende dieser Entwicklung stand der Verkauf von Opel an PSA. Nach der Fusion von PSA und FIAT gehört Opel heute zu Stellantis. Die neuen Opel-Modelle basieren fast durchgängig auf Produkten von PSA. Insofern passt, dass Opel schon im ersten Absatz seiner Pressemitteilung zum Monterey-Geburtstag den Bogen in die Gegenwart schlägt. Denn dort heißt es:

„… Ein Rezept, das heute besser denn je funktioniert: So stellt aktuell die jüngste Version des Opel Grandland das selbstbewusste SUV-Flaggschiff aus Rüsselsheim dar. … Den Grundstein für den heutigen SUV- und Crossover-Erfolg von Grandland, Mokka und Crossland legten dabei vor drei Jahrzehnten Monterey und Co. …“

Opel-Pressemitteilung vom 2.6.2022: „Offroader für gehobene Ansprüche: Der Opel Monterey wird 30“

Alle drei genannten Modelle sind im Kern keine Opel. Aus dem einst stolzen Autobauer wurde eine Marke. Eine Entwicklung, die vor drei Jahrzehnten mit den Geländewagen Opel Frontera und Opel Monterey ihren Anfang nahm.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Opel Monterey LTD 3.1 TD, 1994

Foto: Opel - Stellantis

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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