Motorsport vor 40 Jahren: Mai 1983

Im Mai 1983 gab es im Motorsport wahrlich Historisches. Denn im Rahmen des ADAC 1.000km-Rennens drehte Stefan Bellof auf der Nordschleife eine Runde für die Ewigkeit. 6:11,130 Minuten benötigte der Rennfahrer aus Gießen mit dem Porsche 956 für die 20,8 Kilometer lange Strecke. Nie wieder war ein Rennfahrer im Wettbewerb schneller auf der Strecke in der Eifel unterwegs.

Mit einem Doppelschlag strebte die Sportwagen-Weltmeisterschaft im Mai 1983 ihren traditionell im Folgemonat anstehenden Saisonhöhepunkt in Le Mans entgegen. Zunächst stand der WM-Lauf in Silverstone auf dem Programm. Den Sieg holten sich Derek Bell und Stefan Bellof im Porsche 956 des Werksteams. Nach der Niederlage von Monza glich das Werk damit im Kampf gegen seine Kunden aus. Doch Joest Racing bewies auch in Silverstone, dass das Kundenteam mit seinem 956 auf Augenhöhe des Werks fuhr. Denn Bob Wollek und mit Stefan Johansson, der in Silverstone für Joest fuhr, blieben bis zum Rennende in der gleichen Runde wie die Sieger.

Mit der schnellsten Rennrunde deutete Riccardo Patrese in Silverstone erneut das Potenzial des neuen Lancia LC2 an. Doch die zwei Sportprototypen aus Italien sahen auch auf der schnellen Strecke in Großbritannien wieder nicht die Zielflagge. Der von Ferrari stammende V8, den im Lancia zwei Turbolader beim Atmen unterstützen, überhitzte. So sicherten sich Fahrzeuge mit Porsche-Motoren die ersten sechs Plätze. Denn hinter fünf Porsche 956 kam der Kremer Porsche CK5 als Sechster ins Ziel. Erst auf dem siebten Platz platzierte sich mit dem Nimrod NRA/C2B Aston Martin ein anderes Fabrikat. Die Klasse der Gruppe C Junior, die seit Anfang des Jahres zur Sportwagen-WM gehörte, gewannen Carlo Facetti und Martino Finotto im Alba AR2, die sich Platz neun im Gesamtklassement sicherten.

Die Nordschleife ruft! Stefan Bello liefert!

Drei Wochen nach dem Rennen in Großbritannien trat die Sportwagen-Weltmeisterschaft am Nürburgring an. Wegen des Baus der Grand Prix-Strecke fand das Rennen auf der 20,832 Kilometer langen Nordschleife statt. Dafür entstanden im Zuge der Bauarbeiten an Tribüne 13 eigene Boxen. Der Auftritt der Sportwagen auf der Nordschleife überrascht im Rückblick sicher etwas. Denn die Formel 1 verzichtete nach dem Unfall von Niki Lauda dort auf ein Rennen. Sie fuhr ab 1977 aus Sicherheitsgründen in Hockenheim. Beim Gruppe C-Rennen in Silverstone sicherte sich Stefan Bellof mit einer Zeit von 1:13,250 Minuten den besten Startplatz. Das wäre beim Grand Prix der Formel 1 an gleicher Stelle Startplatz zwölf gewesen. Das Vergleich zeigt, wie schnell die Gruppe C war.

Der Kremer CK5 bei der Abnahme zu den 24 Stunden von Le Mans 1983.
Der Kremer CK5 bei der Abnahme zu den 24 Stunden von Le Mans 1983. Beim zweiten Einsatz des CK5 setzte Kremer Racing ein neuaufgebautes Chassis ein. Zuvor fuhr der Kremer-Porsche beim Rennen der Sportwagen-WM auf Platz sechs.

Auch am Nürburgring fuhr Stefan Bellof auf die Pole Position. Seine Zeit von 6:11,130 Minuten entsprach einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 202,073 Kilometern pro Stunde. Das ist bis heute die Bestleistung in der Eifel. Alles andere ist nur Marketing und fand nicht im Rennbetrieb statt. Doch im Rennen zeigte sich, dass die Gruppe C-Boliden bei aller Begeisterung nicht zur Strecke passten. Denn in Runde 20 hob der 956 von Stefan Bellof am Sprunghügel vor dem Pflanzgarten ab. Das Auto überschlug sich und knallte heftig in die Leitplanken. Erst rund 400 Meter nach dem Abheben kam das Wrack zum Stehen. Stefan Bellof entstieg den Resten seines Boliden unverletzt. Trotzdem unterbrachen die Verantwortlichen das Rennen.

Denn in der gleichen Runde zerstörte auch Walter Brun seinen Sehcar SH C6 bei einem Unfall im Kesselchen. Auch der Rennwagen von Peter Sauber hatte nach dem Unfall nur noch Schrottwert. Pilot Brun brach sich bei dem Unfall einen Arm. Nach dem Restart setzte sich der Zweikampf, der bereits die Rennen in Monza und Silverstone bestimmte, zwischen dem Porsche Werksteam und dem Kundenteam Joest fort. Beide Parteien hatten technische Probleme und retteten sich mit Glück ins Ziel. Den Sieg holten Jochen Mass und Jacky Ickx im Werkswagen. Die beiden Altmeister hatten am Ende nur einen Vorsprung von rund vier Minuten auf die Joest-Piloten Bon Wollek und Stefan Johansson – das war auf der Nordschleife wenig!

Wo fuhr die Formel 1 im Mai 1983?

Die Königsklasse trat im Mai 1983 gleich dreimal an. Den Europa-Auftakt beim Großen Preis von San Marino in Imola gewann Patrick Tambay im Ferrari. Mit einem zweiten Platz übernahm Alain Prost die Führung in der Weltmeisterschaft. 14 Tage später stand der Große Preis von Monaco auf dem Programm. Das Wochenende begann mit einer faustdicken Überraschung. Denn beide McLaren, die zu Saisonbeginn noch im Spitzenfeld mitfuhren, verpassten die Qualifikation. Hier rächte sich, dass McLaren-Lieferant Michelin seinen Kunden im Mai 1983 noch keine speziellen Qualifikationsreifen anbieten konnte. Die Teams, die spezielle Quali-Reifen von Goodyear oder Pirelli hatten, nutzen diesen Vorteil im Fürstentum gnadenlos.

Den Sieg in den Straßen von Monte Carlo sicherte sich Weltmeister Keke Rosberg. Der Finne ging als einer der wenigen Piloten von Anfang an mit Slicks ins Rennen. Das sollte sich im Laufe des Rennens im Mai 1983 als entscheidender Vorteil auf dem Weg zum Sieg erweisen. Denn die zu Beginn noch nasse Strecke trocknete im Laufe des Rennens ab. Das spielte Rosberg in die Karten. Denn anders als die Piloten, die das Rennen mit Regenreifen aufnahmen, konnte Rosberg mit seinem Williams ohne Stopp durchfahren. Als Zweiter kam in Monaco Nelson Piquet ins Ziel. Platz drei sicherte sich Alain Prost im Renault. Damit holte sich der Brasilianer die WM-Führung nach fünf Saisonläufen postwendend zurück.


Highspeed in den Ardennen

Langsam dämmerte es den Beobachtern, dass 1983 der Weg zum Titel einen Turbo erfordern könnte. Denn die Sauger-Piloten spielten trotz des Siegs von Rosberg in Monaco eine immer kleinere Rolle. Der Eindruck bestätigte sich auch, als die Formel 1 nur eine Woche nach dem Rennen in Monaco in Spa-Francorchamps antrat. Erstmals seit 13 Jahren fuhr die Königsklasse wieder auf der Ardennen-Achterbahn. Wobei sich die Strecke vom Mai 1983 deutlich von der Variante von 1970 entschied. Denn 1970 betrug die Distanz einer Runde noch 14,099 Kilometer. Beim Comeback kehrten die Piloten schon nach 6,949 Kilometern zu Start und Ziel zurück. Trotzdem war Spa auch im Mai 1983 weiter eine Highspeed-Strecke.

Andrea de Cesaris im Alfa Romeo 183T war im Mai 1983 die Überraschung des Monats.
Andrea de Cesaris im Alfa Romeo 183T war im Mai 1983 die Überraschung des Großen Preis von Belgien. (Foto: Webster – Archiv Wiedl)

Denn die drei Schnellsten des Trainings absolvieren ihre Qualifikationsrunde mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 200 Kilometern pro Stunde. Wobei die Szene überraschte, dass sich Andrea de Cesaris im Alfa Romeo den dritten Startplatz sichern konnte. Auch im Rennen geigte der Römer zunächst stark auf. Denn bis zur 18. Runde lag de Cesaris mit dem Alfa Romeo in Führung. Aber Alfa Romeo erkaufte sich die Glanzleistung mit einem im Vergleich zu den Wettbewerbern Extra an Benzin. Doch selbst nach dem deshalb notwendigen Tankstopp brachte de Cesaris seinen seit Anfang 1983 vom bisherigen Formel 3-Team Euroracing eingesetzten Alfa Romeo wieder in Schlagdistanz zur Spitze.

Doch nach 26 von 40 Runden stoppte ein Motorschaden den Alfa Romeo 183T. Am Ende siegte Alain Prost im Renault. Da der vor dem Rennen in der WM Führende Nelson Piquet „nur“ als Vierter in Ziel kam, holte sich also auch Prost mit nun 28 Punkten erneut unmittelbar die WM-Führung zurück. Mit 24 Punkten verblieben Piquet und seinem Brabham BMW immerhin der zweite Platz in der WM-Wertung. Dritter war Patrick Tambay im Ferrari, der nur einen Punkt hinter Piquet lag. Bester Pilot mit einem Sauger war Weltmeister Keke Rosberg. Doch mit „nur“ 16 Punkten trennten den Finnen als Vierten inzwischen schon zwölf Punkte von der Spitze. Womit sich die Fragen, ob 1983 ein Turbo zum Titel fahren könnte, verschärften.

Die Formel 2 schloss im Mai 1983 schon die erste Saisonhälfte ab!

Mit den Saisonläufen fünf und sechs schloss die Formel 2-Europameisterschaft im Mai 1983 bereits die erste Saisonhälfte ab. Denn 1983 standen nur zwölf Läufe im Kalender der Europameisterschaft. Den fünften Saisonlauf in Vallelunga gewann Anfang Mai 1983 Onyx-Pilot Beppe Gabbiani im March, der damit seine EM-Führung ausbaute. Das folgende Rennen in den Straßen von Pau gewann Jo Gartner. Es war der erste Erfolg des Österreichers in der zweiten Liga des europäischen Monoposto-Sports. Gartner setzte einen Spirit 201 mit einem vom Max Heidegger vorbereiteten BMW-Motor ein. Was zu diesem Zeitpunkt wohl noch niemand ahnte, es war der letzte Erfolg für Spirt und sollte auch für mehr als ein Jahr der letzte Sieg eines BMW in der Formel 2-Europameisterschaft sein.

Was passierte sonst noch im Mai 1983?

In der DRM dominierte der Porsche 956 den Mai 1983. Sowohl beim AVUS-Rennen am 1. Mai 1983 als auch 14 Tage später auf dem Flugplatz von Mainz-Finthen gewann der inzwischen auch für Kunden erhältliche Sportwagen aus Zuffenhausen. In Berlin siegte Volkert Merl, in Mainz war Bob Wollek erfolgreich. Doch mit nur elf Autos in Berlin und nur 13 Autos in Mainz war das Starterfeld der DRM nur noch ein Schatten vergangener Tage. Zudem setzte die Interserie, wo ebenfalls Sportwagen zugelassen waren, die DRM unter Druck. Insofern verstärkte die damalige Oberste Nationale Sportkommission für den Automobilsport in Deutschland (ONS) ihre Überlegungen, wie der Motorsport in Deutschland zu retten sei.

In den Vereinigten Staaten standen im Mai 1983 die 500 Meilen von Indianapolis im Mittelpunkt. Vom besten Startplatz ging mit Teo Fabi ein Rookie ins Rennen. Der kleine Italiener konnte zumindest in der Anfangsphase des Rennens seinen von Gerry Forsythe eingesetzten March an der Spitze halten. Doch nach 47 Runden beendete ein defekter Benzinfilter die Fahrt. Fabi blieben der Titel „Rookie oft he Year“ und ein Preisgeld von fast 90.000 US-$. Am Ende gewann das große amerikanische Rennen Tom Sneva, der 98 der 200 Runden führte. 385.886 US-$ Preisgeld sicherte sich Sneva mit dem Sieg.

Jaguar XJR-5 von Bob Tullius 1983 in Sears Point
Der Jaguar XJR-5 von Bob Tullius und Bill Adam 1983 in Sears Point. (Foto: Dan Wildhirt)

Trotz der Konkurrenz zu den 500 Meilen von Indianapolis rückte die IMSA im Mai 1983 gleich dreimal aus. Das Rennen in Laguna Seca gewann Al Holbert, der zusammen mit Jim Trueman auch 14 Tage später in Charlotte siegreich war. Holbert und sein March 83G Chevrolet bauten damit ihre Führung in der Wertung der GTP-Klasse aus. Um so überraschender war der Erfolg des Jaguar XJR-5 des Teams Group 44 beim folgenden Rennen in Lime Rock. Denn mit diesem Erfolg siegte erstmals seit fast drei Jahrzehnten wieder ein Jaguar bei einem internationalen Sportwagen-Rennen. Zum Sieg fuhren Group 44-Boss Bob Tullius und der Kanadier Bill Adam. Und passend dazu gewann Tom Walkinshaw Racing mit dem Jaguar XJ-S in Europa im Mai 1983 in Donington und Enna-Pergusa zwei Rennen der Tourenwagen-Europameisterschaft.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Ein Jahr nach seinem Rekord auf der Nordschleife gewann Stefan Bellof 1984 für Porsche den Titel des Sportwagen-Weltmeisters. Porsche feierte den Triumph mit einem seiner Siegerplakate. (Foto: Porsche)

Foto: Porsche

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Ein Beitrag von:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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