Die Gründer von Aston Martin hatten den Anspruch, Rennwagen für die Straße zu bauen. Im Laufe der Zeit probierte sich die Marke immer wieder auch bei den Prototypen. Den größten Erfolg feierte sie dabei schon 1959, als der Aston Martin DBR1 in Le Mans siegte. Doch seitdem fahren die Sportprototypen von Aston Martin nur noch den Erwartungen hinterher. Kaum ein Hersteller leistete sich bei den großen Sportwagen so viele Flops wie Aston Martin.
Die Sportwagen-Schmiede Aston Martin entstand 1913 als Autowerkstatt und Tuner für Autos der Marke Singer. Zwei Jahre später entstand das erste eigene Fahrzeug. Mit ihm wollten die Gründer Lionel Martin und Robert Bamford einen „Rennwagen für die Straße bauen“. Entsprechend überschaubar blieben die Stückzahlen. Bis 1947, als der Traktor- und Getriebe-Hersteller David Brown Aston Martin kaufte, entstanden nur rund 700 Fahrzeuge. Nach Louis Zborowski (1920), Lord Charnwood (1926) und Sir Arthur Sutherland (1932) war Brown der vierte Retter der Marke. Zuvor bot Sutherland die Aston Martin Motors Ltd. in einer Zeitungsanzeige an.
Der Aston Martin DBR1 gewann dreimal am Ring sowie in Le Mans und gilt damit als erfolgreichster aller Sportprototypen von Aston Martin!
Kurz danach erwarb Brown auch Lagonda. Damit kam ein von W.O. Bentley und Willie Wilson konstruierter Reihensechszylindermotor zu Aston Martin. 1948 übertrug Brown die Leitung des „David Brown Organisation“ genannten Werksteams John Wyer. Bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps siegte noch im gleichen Jahr ein Aston Martin 2-Litre Sports. Später gewann auch der von Eberan von Eberhorst konstruierte Aston Martin DB3 einige Rennen. Doch große Erfolge stellten sich erst ab 1956 mit dem Aston Martin DBR1 ein. 1957, 1958 und 1959 gewann der DBR1 das 1.000km-Rennen am Nürburgring. Sechs Wochen nach dem dritten Erfolg am Ring siegte der Aston Martin DBR1 auch bei den 24 Stunden von Le Mans.
Dank dieser Erfolge durfte Aston Martin Ende 1959 die Markenweltmeisterschaft feiern. David Brown beendete das Langstrecken-Programm nach dem Titelgewinn und verkaufte die Werkswagen an Privatfahrer. Der Versuch in die Formel 1 einzusteigen misslang. 1960 und 1961 hielten auf der Langstrecke nur noch Kunden die Flagge von Aston Martin hoch. Doch schon 1962 gab es ein Comeback des Werks. Dabei kam mit dem Aston Martin DP 212 ein Ableger des Serienfahrzeugs DB4 zum Einsatz. Dessen Nachfolger DP 214 war ein Jahr später auf der Mulsanne-Geraden in Le Mans 300 km/h schnell – das gab es vorher nicht. Doch als im Anschluss John Wyer zu Ford wechselte, um in Le Mans Ferrari herauszufordern, gab David Brown das Werksteam endgültig auf.
Robin Hamilton brachte Aston Martin zurück nach Le Mans
In den kommenden Jahren waren die Sportwagen von Aston Martin ein beliebtes Statussymbol der High Society. Zu den Kunden zählten der britische Thronfolger Prinz Charles oder Stars wie Paul McCartney. Trotzdem fehlte der wirtschaftliche Erfolg. Als David Brown die Verluste nicht mehr ausgleichen konnte, übernahm 1973 eine Investmentfirma unter der Führung von William Willson den Autobauer für 101 britische Pfund. Ein gutes Jahr später war Aston Martin ein Fall für das Insolvenzgericht. Zeitweilig schloss sogar die Fabrik, erst im 1975 fand sich eine Lösung zur Fortführung. Peter Sprague aus den USA erwarb das Unternehmen mit Partnern. Diese verkauften ihre Anteile jedoch kurze Zeit später an den Brite Alan Curtis weiter. Zusammen finanzierten Sprague und Curtis anschließend den Neustart.
Im Februar 1975 – während des Insolvenzverfahrens – reichte Aston Martin bei der FISA Unterlagen zur Homologation des Aston Martin V8 in der Gruppe 4 ein. Die FISA bestätigte zum 1. April 1976 den Antrag. Das ist spannend, denn dafür war der Bau von 400 Autos innerhalb von 24 Monaten nachzuweisen. In Presseberichten feierte der Sportwagen-Hersteller Anfang 1975 noch den Eingang von 330 Bestellungen. Unwahrscheinlich, dass diese Autos vier Monate später fertig waren. Denn vom V8 entstanden von 1972 bis 1989 insgesamt nur 2.360 Exemplare. Die FISA übertrug die Prüfungen der Stückzahlen traditionell den lokalen ASN. Das war im Fall von Aston Martin die Motorsportabteilung des Royal Automobil Club. Wer kann da widersprechen?
Kenner der Materie fasziniert bis heute, wie der Aston Martin V8 zur Homologation in der Gruppe 4 kam!
Wobei Tricks bei der Zulassung von Rennwagen eine lange Tradition haben. Porsche fehlten für die Zulassung des 917 die notwendigen Autos. Die Verantwortlichen zeigten den Prüfern zunächst nur die „Hälfte der Fahrzeuge“, um dann zum Mittagessen einzuladen. In der Zwischenzeit brachten Helfer die Fahrzeuge an einen anderen Ort. Dort präsentierte Porsche später den Prüfern „die zweite Hälfte der Fahrzeuge“. Zeitzeuge Herbert Linge bestätigte mir dies einmal in einem Interview. Der Elder Statesman aus dem damaligen inneren Porsche-Kreis betonte aber „wir hatten für alle in der damaligen Gruppe 5 benötigten 50 Autos Teile“. Ähnlich suspekt war, wie Maserati in den 1980er-Jahren 5.000 Biturbo für die Gruppe A-Zulassung nachwies.
Die Homologation ermöglichte die Rückkehr von Aston Martin in den Motorsport. 1977 trat Aston Martin-Händler Robin Hamilton mit seinem Aston Martin DBS V8 RHAM1 in Le Mans an. Der RHAM1 war nach 13 Jahren der erste Aston Martin in Le Mans und sorgte prompt für Diskussionen. Schließlich einigte sich Hamilton mit dem Le Mans-Veranstalter ACO darauf, dass der RHAM1 als GTP antrat. Damit gilt auch der DBS V8 RHAM1 als Prototyp. Das vom ACO und der IMSA definierte GTP-Regelwerk bot den Vorteil, dass es Hamilton auch von den Fesseln des Gruppe 4-Reglements befreite. Ein Jahr später lud Hamilton den V8 von Aston Martin so per Turbo auf, um 1979 mit einem Sauger und einer Einspritzanlage nach Le Mans zurückzukehren.
Die Homologation in der Gruppe B war die Grundlage für den Start in der Gruppe C!
1982 beantragte die Aston Martin Lagonda Ltd. für den V8 die Zulassung in der damals neuen Gruppe B. Damit verbunden war der Bau von 200 Exemplaren in zwölf Monaten. Der Blick auf das Homologationsblatt zeigt, dass Aston Martin auch dies wohl irgendwie nachwies. Denn bei anderen Herstellern steht in den Unterlagen zur Zulassung von Gruppe-B-Rennwagen „Übernahme aus der Gruppe 4“. Bei Aston Martin fehlt dieser Hinweis. Die Homologation in der Gruppe B gestattete Aston Martin, seinen eigenen Motor auch in der Gruppe C einzusetzen. Denn bei den Prototypen musste der Motor damals den Namen eines Hersteller tragen, der auch mindestens ein Fahrzeug in der Gruppe A und B homologierte.
Robin Hamilton überzeugte Aston Martin-CEO Victor Gauntlett, der den Sportwagen-Hersteller kurz zuvor kaufte, vom Motorsport-Comeback. Dafür gründeten Hamilton und Gauntlett gemeinsam Nimrod Racing Automobiles. Bei Lola bestellten sie einen Gruppe C für die Sportwagen-WM. Das Ergebnis war der Lola T385, der fortan als Nimrod NRA/C2 antrat. Nimrod startete 1982 in Le Mans und bei ausgewählten WM-Rennen mit zwei Autos. Daneben setzte auch das Privatteam Viscount Downe Racing einen Nimrod NRA/C2 ein. Die V8 von Aston Martin liefen unter dem Namen Tickford. Ein Name, der auf einen Karosseriebauer zurückgeht, den Aston Martin 1955 kaufte. Gauntlett nutzte den Namen, um 1981 mit Aston Martin Tickford einen „unabhängigen“ Tuner zu gründen.
Nimrod ging nach Amerika, in der WM fuhr ein Kunden-Team.
Offiziell galt Nimrod nicht als Werkseinsatz. Doch durch die Beteiligung des Aston Martin-Inhabers nahm die Mehrheit der Presse das Projekt immer als Werkseinsatz wahr. 1983 verlagerte Nimrod seine Aktivitäten in die IMSA-Serie, während Viscount Downe weiter mit dem Nimrod NRA/C2 in der WM fuhr. Zudem bekam EMKA Racing für seinen EMKA C83/1 Motoren von Aston Martin. In Le Mans sprang 1983 für EMKA immerhin ein 17. Platz heraus. Anschließend setzte das Team länger aus und kehrte erst 1985 mit dem überarbeiteten Rennwagen zurück. Diesmal fuhr der EMKA Aston Martin an der Sarthe immerhin auf einen respektablen elften Platz.
Der Start in Amerika verlief zunächst verheißungsvoll. Denn bei den 12 Stunden von Sebring fuhr ein NRA/C2 1983 gleich auf Platz fünf. Doch im weiteren Saisonverlauf fiel der Rennwagen stetig zurück. Die mangelnde Zuverlässigkeit verhinderte mehrfach gute Ergebnisse. Nimrod bat Ray Mallock und seine Firma RML um Hilfe. Aber auch die modifizierten Boliden fuhren keine besseren Ergebnisse ein. Deshalb zog Nimrod die Notbremse und brach das Projekt IMSA ab. Jack Miller übernahm mit seinem Team Performance Motorsports einen der Rennwagen. In der Sportwagen-WM lief es für Viscount Downe auch nicht besser. Denn auch in der WM fuhr der NRA/C2 der Spitze hinterher.
Nach dem Nimrod folgte mit dem Aston Martin AMR1 ein echter Werkswagen!
Im Winter 1983/84 schlossen Hamilton und Gauntlett Nimrod Racing Automobiles. Viscount Downe erhielt einen zuvor noch neuaufgebauten Rennwagen. Doch in Le Mans kollidierten die Boliden des Teams. Schon dieser Unfall, der beide NRA/C2 aus dem Rennen warf, war peinlich. Katastrophal war, dass bei diesem Unfall ein Streckenposten sein Leben verlor. Viscount Downe schloss anschließend seine Garage für immer. Auch in der IMSA blieben Jack Miller und Performance Motorsports farblos. Erst 1985, als Aston Martin das Projekt kaum noch unterstützte, fuhr das Team regelmäßig ins Ziel. Nennenswerte Erfolge sprangen dabei jedoch nicht mehr heraus.
1987 verkaufte Victor Gauntlett Aston Martin an Ford, wobei der bisherige Inhaber als Chef an Bord blieb. Der Verkauf sicherte dem Sportwagen-Hersteller vermutlich das Überleben. Denn Ford finanzierte die Modernisierung der Produktion und die Entwicklung neuer Fahrzeuge. Parallel dazu gründeten Peter Livanos, Victor Gauntlett, Richard Williams und Ray Mallock das Konstruktionsbüro Proteus Technology Ltd. (Protech), das sofort den Aston Martin AMR1 entwarf. Den Bau des Chassis übernahm der Kohlefaser-Spezialist Courtaulds, der zuvor auch das F1-Team von McLaren belieferte. Das Tuning des Aston Martin V8 übernahm diesmal Reeves Callaway von Callaway Cars Incorporated.
Der Aston Martin AMR1 fuhr nach nur einer Saison ins Museum!
1989 war der AMR1 fertig. Doch ein Testunfall verhinderte den Start beim ersten WM-Lauf, was Aston Martin eine satte Vertragsstrafe kostete. In Le Mans trat Aston Martin mit zwei Autos an. Dort zeigte sich, dass dem V8 Leistung fehlte. Mercedes trat zuvor in der Gruppe C auch mit einem V8 an. Doch die Stuttgarter halfen ihrem Triebwerk mit zwei Turbos beim Atmen. Aston Martin verzichtete darauf und war nicht konkurrenzfähig. So fuhr der AMR1 nach nur einer Saison ins Museum. Denn 1989 war die Gruppe C bereits im Umbruch. Die FISA bestand auf einen Wechsel zu 3,5 Liter großen Saugmotoren. Aston Martin hätte dank Mutter Ford einen Cosworth-Motor nutzen können, doch das war keine zur Marke passende Alternative.
Erst 2008 kehrte Aston Martin zu den Prototypen zurück. Das Team Charouz Racing System erhielt den V12 aus dem GT-Sportler Aston Martin DBR9 für seinen Lola. Ein Jahr später bekam das Projekt den Anstrich eines Werkseinsatzes. Wie schon 1982 der Lola T385 bekam dafür auch der jetzt eingesetzte Lola B09/60 einen Marketingnamen. Aston Martin nannte den Rennwagen Lola-Aston Martin LMP1 und trat zeitweise mit drei Rennwagen an. Beim 1.000-km-Rennen auf dem Nürburgring belegten diese alle drei Plätze auf dem Podium. Am Ende des Jahres sicherte sich Aston Martin Racing die Teamwertung der Europäischen Le Mans Serie. Damit zählt der Lola-Aston Martin heute schon zu den erfolgreichen Sportprototypen von Aston Martin.
Aston Martin AMR-ONE – der größte Flop unter den Sportprototypen von Aston Martin!
Entsprechend groß waren die Erwartungen, als Prodrive ankündigte, für Aston Martin 2011 einen eigenen Prototypen zu bauen. Bei Prodrive entstanden zuvor schon länger die erfolgreichen GT-Boliden von Aston Martin. Anders als die Kontrahenten von Audi und Peugeot entschied sich Aston Martin für den Bau eines offenen Sportprototypen. Zudem entwarf Prodrive einen Sechszylinder mit zwei Litern Hubraum, Benzindirekteinspritzung und Turboaufladung. Dem neuen Rennwagen fehlte von Anfang an die Reife für den Renneinsatz. In Le Mans waren die Aston Martin im Training gut 20 Sekunden pro Runde zu langsam. Im Rennen legten beide AMR-One bis zu ihrem Ausfall zusammen nur 80 Kilometer zurück. Kurze Zeit später gab Aston Martin das Ende des Projekts bekannt.
Übersicht der Sportprototypen von Aston Martin:
Rennwagen aus der Ära von David Brown
- 1951 Aston Martin DB3
Mit seinem Doppelrohr-Leiterrahmen, der Torsionsstabfederung und der Längslenkervorderachse erinnert der DB3 an Porsche-Konstruktionen. Kein Wunder, Konstrukteur Eberan von Eberhorst war ein ehemaliger Porsche Mitarbeiter. - 1955 Aston Martin DB3/S
Weiterentwickelter DB3 mit einem auf drei Liter vergrößerten Sechszylindermotor.
- 1956 Aston Martin DBR1
Drei Siege beim 1.000km-Rennen am Nürburgring und ein Erfolg in Le Mans, der DBR1 ist bis heute der erfolgreichste der Sportprototypen von Aston Martin. - 1962 Aston Martin DP212
Ableger des DB4 mit aerodynamisch problematischer Karosserie. - 1963 Aston Martin DP214
Der DP214 knackte Aston Martin in Le Mans die Marke von 300 km/h, doch im Rennen verlor Aston Martin beide Autos mit Motorschäden.
Rennwagen für GTP und Gruppe C
- 1977 Aston Martin DBS V8 RHAM1
Robin Hamilton den Aston Martin DBS V8 RHAM1 als GTP-Klasse nach Le Mans. Damit zählt der RHAM1 zu den Sportprototypen von Aston Martin.
- 1982 Nimrod NRA/C2
Mit einem Lola-Chassis, das die Aston Martin-Schwester Nimrod exklusiv einsetzte, kehrte Aston Martin nach Le Mans zurück. Erfolge? Fehlanzeige! - 1983 EMKA C83/1 Aston Martin
Auch EMKA setzte in seinem Rennwagen Aston Martin-Motoren ein. Damit zählt der Kundensportwagen heute zu den Sportprototypen von Aston Martin. - 1989 Aston Martin AMR1
Bei Jaguar und Mercedes-Benz funktionierte der Einsatz ein Serienmotors in der Gruppe C gut. Doch 1989 begann der Wechsel zu reinen Rennmotoren und der Aston Martin AMR1 kam zu spät, um die Erfolgsgeschichte der Sportprototypen von Aston Martin fortzuschreiben.
Rennwagen der LMP-Ära
- 2008 Lola B08/60 Aston Martin
Charouz Racing System erhielt den V12 aus dem GT-Sportler Aston Martin DBR9 für seinen Lola und brachte damit Aston Martin zurück in den Portotypensport. - 2009 Lola-Aston Martin LMP1
Mit dem Sieg der ELMS gehört der Lola 09/60, der intern auch DBR1-2 hieß, nach seinem Namensgeber als erfolgreichster aller Sportsprototypen von Aston Martin. - 2011 Aston Martin AMR-ONE
Prodrive leistete sich mit dem Aston Martin AMR-ONE den wohl größten Flop in der Geschichte der Sportprototypen von Aston Martin. Beide Rennwagen kamen in Le Mans im Rennen zusammen nur 80 Kilometer weit. Anschließend beendete Aston Martin das Projekt sofort.
Comments are closed.