Anfang 1991 kehrte Porsche in die Formel 1 zurück. Doch beim Saisonauftakt in den Straßen von Phoenix in Arizona gelang nur einem von zwei Porsche-Piloten der Sprung ins Starterfeld. Nach nur sechs Rennen zog Porsche sich zurück. Im Rückblick stellt sich die Frage, warum der Porsche 3512 so gnadenlos scheiterte. Offenbar hatten die Zuffenhausener die Königsklasse unterschätzt.
Dreimal war Porsche bisher in der Königsklasse aktiv. Bei den ersten beiden Versuchen holte der Sportwagen-Hersteller Grand Prix-Siege und Titelgewinne. Von 1984 bis 1986 gewannen Niki Lauda und Alain Prost im McLaren TAG Porsche mit dem von Porsche entwickelten Turbo-V6 drei Fahrer-Titel. Porsche verhalf McLaren zudem 1984 und 1985 zum Sieg in der Wertung der Konstrukteure. Für Porsche war das neben der Aufwertung des eigenen Images auch ein gutes Geschäft. Denn das Technologie-Handelsunternehmen TAG bezahlte für die Motoren gut. Mit schwäbischer Genauigkeit konnte Porsche jede Arbeitsstunde abrechnen und verdiente daher mit den F1-Einsätzen viel Geld.
Ende 1987 zogen sich Porsche und TAG aus der Formel 1 zurück!
Porsche profitierte davon, dass die eigenen Motoren perfekt zum Limit von 220 Litern Benzin pro Grand Prix passten. Porsches Erfahrung aus der Benzinsparklasse Gruppe C war sicher ein Pluspunkt. 1986 standen pro Grand Prix nur noch 195 Liter zur Verfügung. Ein Jahr später limitierten die Regelhüter den maximalen Ladedruck auf 4,0 bar. Das ging noch ohne große Anpassungen der Motoren. Denn auch vorher fuhren die Teams nur im Training mit mehr Ladedruck. Doch 1988 reduzierte die FISA den Ladedruck auf 2,5 bar und beschränkte die Benzinmenge auf 150 Liter. Für Honda und Ferrari war es kein Problem, in der Hoffnung auf Grand Prix-Siege ihre Motoren für die neuen Regeln zu modifizieren.
Porsche und TAG wählten Ende 1987 den Rückzug aus der Königsklasse. Für nur ein Jahr sahen weder der Autobauer noch der Geldgeber einen Sinn darin, den Porsche-Motor anzupassen. Zudem hatten beide mit drei Fahrer-Titeln und zwei Titeln bei den Konstrukteuren ihre Ziele erreicht. Porsche trat als Alternative mit einem eigenen Auto und Motor in der amerikanischen CART-Serie an. Der angestrebte, aber nie realisierte, Sieg bei den 500 Meilen von Indianapolis sollte den Absatz der Sportwagen aus Zuffenhausen auf dem wichtige US-Markt beflügeln. TAG blieb bei McLaren als Anteilseigner an Bord. TAG-Chef Mansour Ojjeh hielt zeitweise bis zu 25 Prozent an der McLaren Group, die bis 2003 sogar offiziell den Namen TAG McLaren Group trug.
Ab 1989 verbot die FISA Turbo-Motoren in der Formel 1 ganz. Das Comeback der Sauger spülte einige neue Motorenbauer in den Ring. Auch bei Porsche beschäftigten sich die Verantwortlichen gedanklich weiter mit der Formel 1. Doch ihnen war klar, dass sich der Einsatz wieder rechnen muss. Das Ziel der Schwaben war, dass ein mögliches Einsatzteam wieder für den neuen Motor zahlt. Denn Porsche war damals finanziell nicht auf Rosen gebettet. Ohne Fremdmittel hätte sich Porsche die teure Formel 1 wohl gar nicht leisten können. Zunächst sprach Porsche mit Onyx. Denn das Team von Mike Earle verfügte über einen Sponsor, der sich finanzstark genug gab, um einen Porsche-Motor zu finanzieren.
Moneytron wollte für die Porsche-Motoren bezahlen!
Doch Moneytron des windigen Jean-Pierre Van Rossem war eine Illusion. Das selbsternannte Finanzgenie legte sich zudem mit den Größen der Szene an. Van Rossem erklärte, Bernie Ecclestone sei ein Mafiaboss und der damalige FIA-Präsident Jean-Marie Balestre ein Nazi. Seine Zukunft in der Formel 1 hängte der Belgier an einen für zwei Jahre 40 Millionen D-Mark teuren Deal mit Porsche. Doch der Deal platzte. Zeitzeugen sind sich sicher, dass Van Rossem eine von Porsche geforderte Anzahlung nicht zahlte. Onyx brachte die Saison 1989 nur mit Mühe zu Ende. 1990 übernahmen die Schweizer Peter Monteverdi und Karl Foitek das Team Onyx. Doch nach dem zehnten Saisonlauf sperrte das Team zu und kehrte nie zurück.
Footwork-Eigner Wataru Ohashi kam in den 1980er-Jahren zunächst als Sponsor zu Arrows. Die Formel 1 zog damals neben Ohashi mit Akira Akagi (Leyton-House March) und Kazuo Ito (Larrousse) einige schillernde Persönlichkeiten aus Japan an. Ito meldete bald Konkurs an, die Rede war von 100 Millionen Dollar Schulden. Akagi unterstellten die japanischen Behörden bald unlautere Methoden. Im September 1991 verfügten sie ein Hausarrest für den Immobilienunternehmer. Da kriselt die Weltwirtschaft schon fast ein Jahr. Yen und Dollar stürzen Anfang 1991 ab. Das trifft die Teams der Formel 1 hart. Denn die Sponsorenverträge des schnellsten Zirkus der Welt werden traditionell in Dollar abgeschlossen.
Wataru Ohashi bezahlt den Porsche 3512
Wer je nach Standort seine Mitarbeiter und seine Einkäufe in Pfund, Francs oder Lire bezahlt, der hat damit 1991 ein Problem. Bereits ein Jahr zuvor erwarb Wataru Ohashi Arrows. Die Arrows-Eigner Jackie Oliver und Alan Rees blieben als Teamchef und Finanzchef an Bord. Ob es funktioniert, wenn Teambesitzer ihr Team verkauften und als Angestellte an Bord bleiben? Eher nicht, diese Frage beantworteten rund 15 Jahre zuvor schon Walter Wolf und Frank Williams. Auch Arrows hatte als Footwork, wie Ohashi das Team nannte, keine goldene Zukunft. Die Saison 1990 fuhr Arrows hinter den eigenen Erwartungen hinterher. Eigner Ohashi will sein Team daher mit dem neuen Motor, dem Porsche 3512 aus der Krise führen.
20 Millionen D-Mark verlangt Porsche pro Jahr für einen neuen Zwölfzylinder. Ohashi sagt zu. Doch schon im Februar 1991 gibt es Gerüchte, dass Ohashi seinen Zahlungsverpflichtungen für den Porsche 3512 nicht nachkomme. Jackie Oliver erklärt der Presse, dass die Gerüchte von einem Mechaniker stammen würden, der das Team verlassen habe. Alan Jenkins soll als technischer Direktor das notwendige Auto bauen. Doch der neue Footwork FA12 mit Porsche-Motor ist zum Start der Saison noch nicht fertig. Beim ersten Lauf 1991 in Phoenix trat Footwork mit dem seit 1989 weiterentwickelten A11 an. Arrows passte diesen Rennwagen notdürftig an den spätgelieferten Porsche 3521 an.
Wollte oder konnte es Porsche nicht besser?
Während Michele Alboreto als 25. knapp der Sprung ins Starterfeld gelang, verpasste Alex Caffi die Qualifikation. Der zweite Lauf in Brasilien war für beide Footwork nach dem Training zu Ende. Damit begann die neue Ära von Porsche in der Formel 1 denkbar schlecht. Doch die Schuld am bescheidenen Abschneiden lag nicht nur beim Team. Denn auch der Motor des Typs Porsche 3512 war nicht auf der Höhe der Zeit. Verantwortlich für die Konstruktion des 3512 war Porsche-Veteran Hans Mezger. Der V12 verfügte über einen Zylinderwinkel von 80 Grad. Eine Besonderheit war der Mittelantrieb. Das gleiche Konstruktionsmerkmal wählte Mezger bereits bei seinem Motor für den Porsche 917 in den frühen 1970er Jahren.
1991 war das ungewöhnlich, denn es vergrößert den Motor und treibt das Gewicht nach oben. Der einbaufertige Porsche 3512 wog 189,6 Kilogramm. Damit lag der V12 von Porsche deutlich über den V12 von Honda (159,6 kg) und Ferrari (139,7 kg). Im hohen Gewicht des Motors lag übrigens ein Grund, dass Footwork in Phoenix und in Brasilien noch mit dem alten Auto fuhr. In den neuen FA12 ließ sich der Motor nicht einbauen. Die Gewichtsbalance des Fahrzeugs stimmte mit dem Porsche 3512 im Motorraum nicht. Daher musste Jenkins seinen ursprünglichen Entwurf umgestalten. Eine Anpassung des alten A11 war vorerst schneller zu realisieren.
Porsche gab sich hoffnungsfroh!
Trotzdem standen Team und Motorenlieferant auch nach dem verpatzten Saisonstart noch Seite an Seite. In den Presseunterlagen, die Porsche im April 1991 zur Vorstellung des neuen Fahrzeugs verschickte, war weiter von einem mehrjährigen Vertrag die Rede. Zudem schrieb Porsche:
„During the first year of cooperation the new partners Footwork and Porsche, will concentrate chiefly on technical development. It will be of great importance to achieve a level of performance, during development of the new engine and new vehicle, which can be translated into sporting success during the following years.”
Porsche Pressemappe von 1991 zum Debüt des Footwork FA 12 mit dem Porsche 3512
Erst beim dritten Saisonlauf in Imola stand Footwork der neue FA12 Porsche zur Verfügung. Doch Alboreto zerstörte seinen Rennwagen früh und wich in den alten A11C aus. Doch Alex Caffi bewies, dass der FA12 ein Schritt nach vorne war. Denn auch wenn beide Piloten erneut die Qualifikation verfehlten, schlug Caffi erstmals Alboreto im Training. Das galt als Beleg, dass der FA 12 schneller als der alte A11C war. Doch inzwischen rieben sich die Fans verwundert die Augen. Denn die Ergebnisse entsprachen überhaupt nicht den Erwartungen. Die Beteiligten reagierten mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Für Porsche eine schwierige Situation, denn das Hinterherfahren beschädigte das Image.
Der Footwork FA12 Porsche war kein Schritt nach vorne!
In Monaco bedankte sich Michele Alborteo im neuen Rennwagen mit einer Rennteilnahme. Sein Teamkollege Caffi blieb am Donnerstag wegen eines Problems mit dem Getriebe ohne Zeit. Am Samstag verschrottete der Italiener seinen Rennwagen und verpasste damit erneut die Qualifikation. Beim nächsten WM-Lauf in Kanada trat das Team mit Stefan Johansson statt Alex Caffi an. Offiziell heißt es, Caffi habe sich in der Zwischenzeit bei einem Autounfall verletzt. So fuhren jetzt zwei ehemalige Ferrari-Piloten für Footwork. Das zahlte sich aus, erstmals gingen beide Footwork FA12 Porsche am Sonntag ins Rennen. Doch schon beim folgenden Rennen in Mexiko scheiterte Johansson an der Hürde der Qualifikation.
Da weder Alboreto bei seinen drei Starts noch Stefan Johansson bei seiner einzigen Grand Prix-Teilnahme mit dem Footwork Porsche Punkte an Land ziehen konnten, standen nach sechs Rennen null Punkte auf dem Konto des Teams in der Konstrukteurswertung. Das war insofern ein Problem, da die Karten nach acht der geplanten 16 Rennen neu gemischt wurden. Denn die Formel 1 lockte mit dem seit 1989 geltenden Verbot der Turbos neue Teams an. 1991 bewarben sich 34 Autos von 18 Teams um die 26 Startplätze. Um im Training das Risiko zu minimieren, durften nur 30 Autos die Qualifikation bestreiten. Daher gab es damals eine Vorqualifikation.
Schon nach sechs Grand Prix platzte die Ehe von Footwork und Porsche!
Dort traten neben den schlechtesten Teams des Vorjahrs auch die neuen Teams Lamborghini (Modena-Racing) und Jordan an. Mit bisher null Punkten und ohne zahlbare Platzierung lag Footwork in der Wertung der Konstrukteure auf dem 16. Platz. Nur Coloni und Fondmetal, die beide fast durchweg schon in der Vorqualifikation scheiterten, lagen noch hinter Footwork. Damit drohte Footwork ab dem neunten Rennen die Teilnahme an der Vorqualifikation. Das wollten die Verantwortlichen des Teams unbedingt verhindern. Daher zog Footwork die Reißleine. Ab dem Grand Prix von Frankreich vertraute das Team auf den V8 von Cosworth, den Footwork bei Brian Hart vorbereiten ließ.
Porsche wehrte sich nicht gegen den Rauswurf. Offenbar sahen die Verantwortlichen ein, dass ihr Motor zu schwach für die Formel 1 war. Auch der Wechsel zur Ford verhinderte den Abstieg von Footwork in die Vorqualifikation nicht. Ende 1991 standen null Punkte auf dem WM-Konto von Footwork. Der Fehlschlag mit Porsche verdarb dem Team das ganze Jahr. Erstaunlich ist, wie schnell es Porsche gelang, den Fehlschlag vergessen zu lassen. So gibt es beispielsweise im „Rennsport ’91 Spezial“ der Zeitschrift „sport auto“ keinen Hinweis auf das unrühmliche Ende. Dort ist der Porsche 3512 nur eine Randnotiz im Statistik-Teil.