Rennsport-Geschichten

Motorsport vor 40 Jahren: April 1982

In Silverstone startete die Sportwagen-Weltmeisterschaft in eine neue Ära und die Formel 1 fuhr einen Grand Prix mit nur 14 Autos. Was im April 1982 im Motorsport wichtig war.

Im April 1982 traten nur 14 Autos zum Großen Preis von San Marino an. Denn die in der FOCA organisierten Teams boykottierten das Rennen. Trotzdem war das Rennen in Imola unterhaltsam. Denn an der Spitze kämpften zwei Ferrari-Piloten um den Sieg. Dummerweise ging der Eine davon aus, dass der Andere ihn vor dem Ziel nochmals passieren lässt. Doch das passierte nicht, welche im Ferrari-Team die Eiszeit anbrach.

Der Lola T600 von Ted Field, der sich den Rennwagen 1982 in Riverside mit Bill Whittington teilte.
Der Lola T600 von Ted Field, der sich den Rennwagen im April 1982 in Riverside mit Bill Whittington teilte. Zusammen gewann das Duo mit dem Lola das Sechs-Stunden-Rennen von Riverside, das damals zur IMSA zählte. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Die Formel-1-Weltmeisterschaft erlebte 1982 eine besondere Saison. Schon beim Auftakt in Südafrika gab es den legendären Streik der Piloten. Beim zweiten Lauf in Brasilien sorgte eine „Bremskühlung“ für Proteste und die nachträgliche Korrektur des Resultats. Auf das Rennen in Brasilien folgte Anfang April der dritte Saisonlauf in Long Beach. Im Vorfeld des Rennens in den Straßen der kalifornischen Hafenstadt erklärte Carlos Reutemann seinen Rücktritt. Der Argentinier hatte mit inzwischen 40 Jahren keine Lust mehr, durch die Welt zu reisen und zog sich in seine Heimat zurück. Dort startete Reutemann, der im vergangenen Jahr starb, später in der Politik neu durch, war zweimal Gouverneur der Provinz Santa Fe.

Nach dem Reutemann-Rücktritt fehlte Frank Williams im April 1982 plötzlich der Nummer-1-Fahrer

Denn Keke Rosberg, der seit dem Beginn der Saison für Williams fuhr, wartete noch immer auf den großen Durchbruch. Der Finne sollte eigentlich nur dem Team im Kampf um die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft als Nummer-2-Fahrer Punkte sichern und galt nicht als Spitzenpilot. Denn vor seinem Wechsel zu Williams scheiterte der Finne an 49 Grand-Prix-Wochenenden immerhin 14-mal an der Hürde der Qualifikation. Nur zweimal fuhr Rosberg zu Punkten, stand allerdings in Argentinien 1980 als Dritter im Fittipaldi dabei einmal auf dem Podest. Im Spitzenteam Williams schlug sich Rosberg von Anfang an gut. Beim Williams-Debüt fuhr der Finne als Fünfter sofort in die Punkte und verlor in Brasilen Platz zwei nur durch eine Disqualifikation seines Autos.

Carlos Reutemann, hier in seiner Zeit als Ferrari-Pilot, trat im April 1982 vom aktiven Motorsport zurück. (Foto: Ferrari)
Carlos Reutemann, hier in seiner Zeit als Ferrari-Pilot, trat im April 1982 vom aktiven Motorsport zurück. (Foto: Ferrari)

In den USA vertraute Frank Williams seinen verwaisten Rennwagen Mario Andretti an. Doch ein Vertrag mit Patrick Racing verhinderte weitere Starts des Ex-Weltmeisters für Williams. Die Pole-Position beim Grand Prix der USA West in Long Beach sicherte sich überraschend Andreas de Cesaris im Alfa Romeo. Es sollte die einzige Pole des Italieners in seiner schließlich noch bis 1994 fortgesetzten F1-Karriere bleiben. Im Rennen spielte der Italiener keine große Rolle. Schon nach 15 der 75 Runden verlor de Cesaris die Führung an Niki Lauda im McLaren. Der Österreicher gab diese bis ins Ziel nicht mehr ab und gewann damit nach seinem Comeback am Jahresanfang erstmals wieder einen Grand Prix.

Auf den zweiten Platz fuhr Keke Rosberg im Williams. Sein immer noch höher eingeschätzter Teamkollege fiel nach einem Unfall in Runde 18 vorzeitig aus. Dritter wurde Gilles Villeneuve im Ferrari, der diesen Platz jedoch wegen eines als illegal eingeschätzten Heckflügels verlor. Der Disqualifikation voraus ging ein Protest von Tyrrell. Die Briten sahen in dem zweiteiligen Heckflügel von Ferrari einen Regelverstoß. Die Regelhüter bestätigten diese Einschätzung. Ferrari umging mit den zwei versetzt montierten Teilen des Flügels das Breitenlimit von 110 Zentimetern. Den dritten Platz erbte Riccardo Patrese im Brabham-Ford. Wie schon zuvor in Brasilien verzichtete Brabham auch in den USA erneut auf den Einsatz der Turbo-Motoren von BMW.

Der Boykott-Grand-Prix von Imola – als nur 14 Autos bei einem Grand Prix antraten!

Nach den Rennen in Übersee kehrte die Formel 1 nach Europa zurück. In Imola fand 1982 – wie in diesem Jahr wieder – das erste europäische Rennen statt. Doch die europäische Saison startete mit einer großen Hypothek. Denn nach dem Fahrerstreik in Südafrika und den Disqualifikationen in Brasilien lagen die Nerven blank. Zumal hinter den Kulissen weiter ein Zweikampf zwischen der Fédération Internationale du Sport Automobile (FISA) und der Formula One Constructors Association (FOCA) um Macht und Einfluss tobte. Unter Führung von Bernie Ecclestone wollte die FOCA als Vereinigung der Teams ihr Stück am Kuchen endlich vergrößern und forderte eine angemessene Beteiligung an den Einnahmen.

In der Disqualifikation von Brasilien, die wir in unserem Motorsport-Rückblick auf den März 1982 ausführlich würdigten, sahen die FOCA-Teams eine Provokation. Die Disqualifikation sei der Versuch ein FISA-Team zu bevorzugen. Klingt heute etwas nach „Dolchstoß-Legende“. Und strenggenommen war die Disqualifikation einen Monat später wohl auch nur ein Vorwand, um einem Rennen fernzubleiben. Denn so ein Schritt würde der FISA deutlich die Abhängigkeit von den FOCA-Teams vor Augen führen. Und so traten in Imola nur sieben Teams mit 14 Autos zum Grand Prix von San Marino 1982 an. An den Start gingen Alfa Romeo, ATS, Ferrari, Osella, Renault, Toleman und Tyrrell.

Rondeau M382, der im April 1982 die 1.000 Kilometer von Monza gewann.
Das erste Rennen der damals neuen Gruppe C gewann im April 1982 dieser Rondeau M382. Das Chassis mit der Fahrgestellnummer 004 traf ich im Sommer 2005 in Le Mans. Damals stand es eigentlich in einer privaten Sammlung in Italien. Neun Jahre später bot ein Händler in Großbritannien den Rondeau zum Kauf an. (Foto: Tom Schwede)

Den besten Startplatz sicherte sich René Arnoux im Renault. Der Franzose verwies dabei seinen Teamkollegen Alain Prost auf den zweiten Platz. Das Rennen gewann Didier Pironi im Ferrari. Denn die Renault schieden wieder einmal vorzeitig mit Motorschäden aus. Hinter Pironi kam sein Teamkollegen Gilles Villeneuve als Zweiter ins Ziel. Wobei der Kanadier nach dem Rennen tobte. Denn Villeneuve verlor das Rennen erst nach einem Zweikampf an seinen Teamkollegen. Im Ziel berief sich der Kanadier auf eine vor dem Rennen getroffene Vereinbarung zwischen den Piloten und dem Team. Nach dieser Stallorder hätte Villeneuve das Rennen gewinnen sollen. Entsprechend enttäuscht reiste der Kanadier aus Imola ab.

Wer gewann eigentlich das erste WM-Rennen der Gruppe C? Es war ein Rondeau M382!

Wer an die Sportwagen der Gruppe C denkt, der denkt meist zunächst an Porsche. Schließlich stehen die Rennwagen aus Zuffenhausen bis heute für den Start dieser aufregenden Motorsport-Epoche. Denn der Porsche 956 war praktisch von Anfang an das Gruppe-C-Auto, das es zu schlagen galt. Schon im ersten Anlauf fuhr der 956 bei den legendären 24-Stunden von Le Mans 1982 zum Sieg. Im Anschluss verkaufte Porsche ab 1983 seine Rennwagen in auskömmlichen Stückzahlen auch an Kundenteams. Zeitweise stellten die Porsche mehr als die Hälfte der Starterfelder. Trotzdem gab es auch in der Anfangszeit der Gruppe C andere Fabrikate.

Und weil bei Porsche die Entscheidung für ein Engagement in der Gruppe C erst sehr spät fiel, traten diese sogar vor Porsche in der Gruppe C an. Deshalb ist es mehr als eine Randnotiz, dass der erste WM-Sieg in der Gruppe-C-Ära nicht an einen Porsche ging. Denn beim WM-Auftakt im April 1982 fuhren Henri Pescarolo und Giorgia Francia mit dem Rondeau M382 beim 1.000 Kilometer-Rennen von Monza zum Sieg. Und während Porsche noch fehlte brachten neben Rondeau auch Welter Racing, Joest, GRID, Sauber, Ford und Lola zu diesem Rennen bereits einen Gruppe-C-Boliden im altehrwürdigen Autodrom von Monza an den Start.

Welter Racing WM P82 in Le Mans.
Auch Welter Racing gehörte mit dem WM P82, den unser Foto in Le Mans zeigt, zu den Herstellern, die bereits beim Auftakt der Gruppe-C-Ära im Grid standen. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Der WM P82 von Welter Racing mit dem PRV-Motor zwischen den Achsen zog sich als Sechster nach Rondeau noch am besten aus der Affäre. Auf Platz zwölf kam der von Joest gebaute Porsche 936C ins Ziel. Das reichte für den dritten Platz in der Klasse der Gruppe-C-Fahrzeuge. Auf der Strecke dazwischen reiten sich „alte“ Rennwagen ein, die nach den Regelwerken der Gruppen 5 und 6 aufgebaut waren. Die Porsche 935, BMW M1 (beide aus der Gruppe 5) sowie Osella PA7 und PA9 (Gruppe 6) waren zwar nicht punktberechtigt, dafür aber ausgereift. Das unterstreicht auch, dass die weiteren Starter der Gruppe C, zwei Sauber SHS C6 und je ein Ford C100 und ein Lola T610, ausfielen.

Was passierte sonst noch im April 1982?

Auch in den USA setzte die Sportwagen-Szene ihre Meisterschaft fort. Beim Rennen in Road Atlanta fuhr John Paul Jr. erneut zum Sieg in der GTP-Klasse. Das Sechs-Stunden-Rennen von Riverside gewannen Ted Field und Bill Whittington mit ihrem Lola T600. Der Rennwagen gehörte zu den seltenen Exemplaren, die mit der Startnummer 0 antraten. In der NASCAR siegten mit Dale Earnhardt, Darrell Waltrip und Harry Gant bei drei Läufen tatsächlich drei unterschiedliche Piloten. Wobei besonders der Sieg von Earnhardt in Darlington bemerkenswert war. Denn es war der erste Sieg der NASCAR-Legende mit einem Ford.

Die Rallye-Weltmeisterschaft setzte ihre Saison bei der Safari-Rallye in Kenia fort. Der Sieg ging nach 5.120 Kilometern an Shekhar Mehta und Mike Doughty, die in einem Nissan Violet GT antraten. Walter Röhrl, der den Ausflug nach Afrika nie liebte, und sein Beifahrer Christian Geistdörfer sicherten sich im Opel Ascona 400 mit Platz zwei immerhin wichtige WM-Punkte. Damit blieb den beiden Deutschen auch nach der Rallye in Afrika die Führung in der Weltmeisterschaft. Und da Audi in Afrika mit dem Quattro gar nicht antrat, bauten die Opel-Piloten ihre Führung damit sogar noch aus.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Der Lola T600 von Ted Field, der sich den Rennwagen im April 1982 in Riverside mit Bill Whittington teilte.

Archiv: AutoNatives.de

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Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück. Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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